Fr 29. April 2022

11:15-12:15

Sabeth Buchmann  Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften, Akademie der bildenden Künste Wien

Ekaterina Shapiro-Obermair  bildende Künstlerin, Kuratorin und Forscherin

 

Lange Schatten: Die Ukraine aus Perspektive multipler Gedenkkulturen

Die Instrumentalisierung von Geschichte für politische Zwecke findet nicht erst im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine statt. Doch gerade in den russisch-ukrainischen Beziehungen entfaltet die Mystifizierung historischer Ereignisse und deren geschlechterpolitische Dimension besondere Brisanz. Die von Ekaterina Shapiro-Obermair in ihrer Dissertation „Geschichte performen“ untersuchten Gedenkpraktiken im westukrainischen Lwiw als einer durch einstige ethnische Vielfalt gekennzeichneten Stadt werden im Gespräch mit Sabeth Buchmann mit Blick auf die Zuspitzung (geo-)politischer Konfliktlagen erörtert: Von besonderem Interesse ist der Fokus auf Versammlungen, die von konkurrierenden Formen des Gedenkens an den Zweiten Weltkrieg gekennzeichnet sind. Die sich hierin manifestierenden Gesten performativer „(Selbst-)Ermächtigung“ werden dabei sowohl im Licht alter und neuer Nationalismen als auch von Geschlechterbildern erörtert, die im gegenwärtigen Kriegsdiskurs Zuspitzung finden.

 

Sabeth Buchmann (Berlin/ Wien) ist Kunsthistorikerin und -Kritikerin; Professorin für Kunst der Moderne und Nachmoderne an der Akademie der bildenden Künste Wien; sie ist Mit-Hg.von PoLYpen – eine Reihe zur Kunstkritik und politischer Theorie und Beiratsmitglied der Zeitschrift Texte zur Kunst. Regelmäßige Veröffentlichungen in Zeitschriften, Ausstellungskatalogen und wissenschaftlichen Büchern, u.a. Mit-Hg. von Putting Rehearsals to the Test. Practices of Rehearsal in Fine Arts, Film, Theater, Theory, and Politics (2017).

Ekaterina Shapiro-Obermair (1980, Moskau) ist bildende Künstlerin, Kuratorin und Forscherin. Studium an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg (1999–2004), Universität für Angewandte Kunst Wien (2004–2006) und Akademie der bildenden Künste Wien (2006–2009). Doktoratsstudium der Philosophie am Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften an der Akademie der bildenden Künste Wien. Zwischen Dezember 2018 und November 2021 Empfängerin des DOC-Stipendiums der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Ihr Interessenfeld liegt im postsowjetischen Raum mit Schwerpunkten auf Architektur, visuelle Kultur und Erinnerungskultur. In ihren Projekten kombiniert sie soziologische und anthropologische Methoden wie Interviews und teilnehmende Beobachtung mit künstlerischen Strategien.