Musikerfamilien: Konstellationen und Konzepte

Projektleitung: Melanie Unseld
Mitarbeiter:innen: Julia Ackermann, Felix Dieterle (ab 01/2023), Christine Fornoff-Petrowski, Clemens Kreutzfeldt, Bettina Schuster (ab 01/2023)
Laufzeit: 10/2022–09/2026
Finanzierung: FWF (Einzelprojekt P 35496)

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Musikerfamilien prägten und prägen die europäische Musikkultur in hohem Maße: Auffallend viele Musikerinnen und Musiker gehörten und gehören bis heute zu zum Teil weitverzweigten und oft mehrgenerationellen Familien. Die schiere Quantität des Phänomens ist beeindruckend – Namen von Couperin und Bach, über Schumann/Bargiel, Strauss und Wagner bis Lasker Wallfisch oder Bartolomey kommen ad hoc in den Sinn, viele weitere wären zu nennen. Von Geigenbau- und Organisten-Familien bis hin zu regelrechten "Dynastien", die über Generationen hinweg innerhalb ihrer Profession blieben, sind auch Musikerfamilien zu beobachten, bei denen eine Fülle musikbezogener Berufe anzutreffen sind: Musik verlegen, Instrumente bauen, unterrichten, als Solist oder Solistin auftreten, komponieren etc. Auch das Theater war lange Zeit ein Ort, an dem Familien die künstlerischen Kompetenzen einzelner Mitglieder hervorragend nutzen konnten: Tanz, Gesang, Komposition, Orchester, Dramaturgie oder das Schreiben von Libretti lag häufig in der Hand von eng verflochtenen familialen Netzwerken.

So vielfältig damit das Phänomen ist: Musikerfamilien waren und sind immer auch von allgemeinen Vorstellungen des Familialen geprägt. Diese freilich haben sich im Verlauf der Geschichte immer wieder verändert. Auch strukturelle Veränderungen in der Musikkultur nahmen Einfluss auf Musikerfamilien und ihre Handlungsspielräume. So löste sich beispielsweise mit dem Zurücktreten der höfischen Musikkultur auch die Idee der Hofmusikerfamilien auf, nicht ohne neue Formen des Familialen hervorzubringen. Eine historisch-kritische Differenzierung des Begriffs „Musikerfamilie“ bildet somit eine wichtige Grundlage des Forschungsprojekts. Die interdisziplinäre Familienforschung bietet dabei eine gute Grundlage, differenziert mit dem Phänomen Familie und dessen Wandelbarkeit umzugehen. Bislang aber ist wenig nach der Spezifik von Musik im Zusammenhang mit Familienforschung gefragt worden: Wie also hängen die konkreten Konzepte der Musikerfamilien mit allgemeinen Vorstellungen von Familie zusammen? Wo orientieren sich Musikerfamilien an diesen allgemeinen Vorstellungen, wo bedingen die Notwendigkeiten musikalischer Professionen – etwa die hohen Anforderungen an die Mobilität – andere Formen des Familialen?

Musikerfamilien waren nicht zuletzt Ausbildungszentren avant la lettre: Bevor ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert die Institutionalisierung der Musikausbildung verstärkt einsetzte, waren Musikerfamilien der Nukleus musikalischer Ausbildung. Daher sind Konzepte des Familialen in der Musik eng mit der Frage verbunden, wie Professionalisierung in der Musikkultur gedacht und gelebt wurde. Gerade aber hier dehnt sich der Begriff des Familialen: Wer gehörte zur Musikerfamilie? Welche Modelle der Zugehörigkeit waren denkbar? (Wie) grenzten sich diese Zugehörigkeiten zu anderen Formen von Gruppen oder Netzwerken wie Schulen, Förderstrukturen, Institutionen etc. ab?

Das Forschungsprojekt hat im Oktober 2022 seine Arbeit aufgenommen.

Weitere Informationen über den Fortgang der Arbeit und Aktivitäten werden laufend im Projekt-Blog ergänzt. 

Wir freuen uns über Ihr Interesse.