Victor Rydén
Metatheater: Eine Bühne auf der Bühne

 

Inmitten, zwischen, mit, unter, in, bei, zu… Das aus dem Griechischen kommende Präfix Meta kann unterschiedlich übersetzt werden. Wenn es aber eine Verbindung mit einem anderen Wort eingeht, ist damit häufig gemeint, dass es um eine andere, darüber liegende Ebene geht: In der Metamathematik wird Mathematik durch mathematische Methoden untersucht, eine Metamorphose ist in der Zoologie eine Verwandlung eines Wesens in ein anderes, und wenn man über Sprache spricht, entsteht eine Form von Metasprache. Dementsprechend ist das Metatheater eine Form von Theater, bei dem das Theatermachen selbst, Theater als Sujet zum Thema gemacht werden.

Metatheater kann auf verschiedene Weise entstehen. Wenn das Theater oder Theatermilieu das Setting eines Theaterstücks ist, spricht man von thematischem Metatheater. In diesem Fall wird das Theater selbst zum Thema, wie etwa in Wolfgang Amadé Mozarts Der Schauspieldirektor oder im Musical Das Phantom der Oper. SchauspielerInnen oder SängerInnen treten hier als SchauspielerInnen oder SängerInnen auf der Bühne auf. Eine andere Form von Metatheater ist das fiktionale Metatheater, ein Spiel-im-Spiel, bei dem das Aufführen eines Werkes zum Thema des Bühnengeschehens wird. In William Shakespeares Sommernachtstraum finden wir die bekannten Handwerker-Szenen, in denen sechs Handwerker eine Aufführung von Pyramus und Thisbe vorbereiten. Wenn Shakespeare aber im Prolog von Romeo und Julia mitteilt, dass die „star-crossed lovers“ am Ende des Stückes sterben werden, spricht man von episierendem Metatheater. Die ‚andere‘ Ebene wird in dieser Form von Metatheater durch Prologe, Epiloge oder Erzähler angezeigt.

Welche Wirkung hat das Metatheater auf das Publikum? Wozu werden diese theatralen Werkzeuge von DramatikerInnen, KomponistInnen und LibrettistInnen immer wieder verwendet? Zunächst kann man den komischen Effekt nicht übersehen: Wenn die Primadonna und der Tenor im Vorspiel von Ariadne auf Naxos auftreten, ist es für das Publikum ein großes Vergnügen zu wissen, dass sie als Stereotyp ihrer selbst auf der Bühne stehen. Aber auch im Ernsthaften hat das Metatheater seine Funktion: Hier entsteht die Möglichkeit, über das Werk selbst zu reflektieren, es zu kommentieren.

In Ariadne auf Naxos geht es offensichtlich um das Theater-Machen. Im Vorspiel stehen die Probleme des Aufführens von Opern im Zentrum. Aber wir sehen auch Elemente aus dem thematischen Metatheater. Auch wenn das Stück (Ariadne) eigentlich nicht an einem gewöhnlichen Ort für Theateraufführungen, also im Theater selbst, stattfindet, sind doch die Figuren – der Komponist, der Musiklehrer, die Primadonna, der Tenor, der Perückenmacher usw. – genuines Theaterpersonal. Wenn man sich aber den zweiten Teil, in dem ‚die Oper‘ aufgeführt wird, als Kristallisationspunkt des Abends vorstellt, wird das Vorspiel eine Art von Prolog. In diesem Prolog wird das Verhältnis zwischen Bühnenexistenz und ‚privatem‘ Leben zum Thema. Von welchem Tod spricht da der Komponist eigentlich? Vom Bühnentod oder seinem eigenen? Im Vorspiel sind wir nicht weit weg vom episierenden Metatheater, denn durch diese Art von Prolog entsteht eine Ebene, die wir in den zweiten Akt, ‚die Oper‘ mit hinübernehmen. Ariadne auf Naxos – pures Metatheater!