17. Fachtagung für Inklusives Musizieren

Musizieren mit Menschen mit Hörbeeinträchtigung

16. September 2022

 

Die Inhalte der diesjährigen Tagung, welche regelmäßig in Kooperation zwischen mdw (Institute 12 und 13) und den Musikschulen Wien mit Unterstützung der Koordinationsstelle für musikalische Bildung im BMBWF ausgerichtet werden, widmeten sich vielfältigen Möglichkeiten, gemeinsame Musizierangebote für hörbeeinträchtigte, gehörlose und hörende Menschen in inklusivem Setting zu gestalten. Die Veranstaltung fand in hybridem Format statt und wurde Dank der professionellen Unterstützung der Kolleg_innen der AV-Lehre live aus dem Haydn-Saal übertragen.

Das Planungsteam Beate Hennenberg (mdw), Kathrin Hofkofler (Musikschulen Wien), Christina Kanitz-Pock (mdw, Musikschulen Wien), Helga Neira Zugasty (mdw) und Michael Weber (mdw, Musikschulen Wien) hatte ein Programm aus Vorträgen, einem Interview, Workshops und der Präsentation eines inklusiven Musiktheaters zusammen gestellt. Zwei Gebärden-Dolmetscherinnen ermöglichten durch ihre Übersetzungen des Programms eine gelingende Kommunikation aller Beteiligten.

Helga Neira Zugasty betonte in ihren einleitenden Worten ein wichtiges Anliegen dieser Fachtagung: "im gemeinsamen Musizierprozess die spezifischen Unterschiede in Verstehenszugängen und in den Lernweisen bewusst zu machen" mit dem Ziel, das gemeinsame Potential zu entdecken und Innovation in künstlerischen Ausdrucksweisen sowie pädagogisch-didaktische Lernweisen zu entwickeln. Weiters stellte sie die neue gegründete Interessensgemeinschaft Musik Inklusiv Österreich (IGMI) vor, Mitglied im Österreichischen Musikrat, sowie das Impulspapier. -> zur Hompeage der Interessensgemeinschaft Musik Inklusiv Österreich

In ihrem Impulsvortrag Hören - Spüren - Spielen: Musizieren mit schwerhörigen und gehörlosen Kindern gab Shirley Salmon Einblick in die Perspektive gehörloser Pädagog_innen und Musiker_innen als Expert_innen und nahm Bezug auf Pionier_innen musikpädagogischer Arbeit mit hörbeeinträchtigen und gehörlosen Kindern sowie auf Forschungsbeiträge zum Thema. Ihre eigenen methodischen Überlegungen und musikalischen Zielsetzungen veranschaulichte Salmon in der praktischen Erarbeitung einer Liedgestaltung unter Einbeziehung der Tagungsteilnehmer_innen.

Die Musikerziehungs-Studentin mit dem Hauptfach Gesang der Popularmusik, Marlene Eckhardt, wurde im Interview von Beate Hennenberg und Helga Neira Zugasty zu ihren Erlebnissen und Erfahrungen als Selbstbetroffene und mdw-Studentin befragt und ermöglichte durch ihre offenen Antworten Einblicke in ihren persönlichen und fachlichen Werdegang.

Ausblick auf die spätere Aufführung und Einblick in die Entwicklung des Musiktheaters Ein Waldwicht fliegt in den Oman für hörende, gehörlose und hörbeeinträchtigte Menschen gaben in ihrem Vortrag Agnes Haider als Musikerin und Komponistin und Angelika Hörmann als Regisseurin der 2021 mit dem Aviso-Projekt-Preis ausgezeichneten inklusiven Fassung. Melina Velissaris schilderte ergänzend dazu eindrucksvoll diesen Entwicklungsprozess aus ihrer Perspektive als gehörlose Schauspielerin.

Roland Lehoferstellte sein Schul-Projekt Rhythmusworkshop: Bilder vertonen vor, das er mit hörenden und nicht hörenden Schüler_innen an einer Mittelschule durchgeführt hat und beschrieb Potentiale des Elementaren Musizierens in diesem inklusiven Kontext sowie praxisrelevante Rahmenbedingungen und Hilfestellungen für das Gelingen.
Anschließend präsentierte Franz Steinbrecher seine über die Begegnung mit Klängen beginnende Beschäftigung mit Musik, gab Lebenseinblicke als gehörloser und gebärdender nicht hörender Künstler und schaffte es, den gesamten Saal mit seinen durch die Übersetzer in Sprache gebrachten Beschreibungen zu fesseln.

Zum Abschluss der Tagung kam das Musiktheater Ein Waldwicht fliegt in den Oman zur Aufführung. Dieser Programmpunkt stand jungem Publikum ab drei Jahren offen, so dass diese Einladung von zahlreichen Familien mit Kindern genutzt wurde. Die Geschichte wurde singend, bewegend und in österreichischer Gebärdensprache sowie instrumental mit Eigenkompositionen und Improvisationen erzählt. Die Darstellerinnen und Musikerinnen Katharina Stanetty, Julia Auer, Melina Velissaris, Agnes Haider und Mira Gregoric schufen eine zauberhafte Atmosphäre und luden das Publikum mit ihrer künstlerischen Darbietung ein, sehend, hören, bewegt und interaktiv musizierend teilzuhaben. Es bleibt, für die Unterstützung der ausrichtenden Institutionen und das Interesse des zahlreichen Publikums zu danken. Und anzudenken, ob nicht die österreichische Gebärdensprache für unsere Pädagog_innen so wichtig werden wird, dass sie mittelfristig als Wahlfach angeboten werden könnte?

 


Christina Kanitz-Pock, Beate Hennenberg

 

Foto von 5 Personen (darunter Frau Prof. Hennenberg) vor der Bühne, die zum Publikum sprechen. Eine Person davon übersetzt das Gesagt in Zeichensprache.
Vortragender der beim Rednerpult auf der Bühne steht. Im Hintergrund ist ein schwarzer Flügel und eine Leinwand zu sehen, auf der der Redner gezeigt wird.
Foto von einer Person, die eine rote Zipfelmütze am Kopf hat und eine große Trommel zu drei Frauen im Publikum hält. Zwei Frauen davon haben Ihre Hände ebenfalls auf der Trommel.