Elementares Musizieren – stimmig und bedingungslos


Symposium anlässlich des 60.Geburtstages von Ruth Schneidewind 10. und 11. November 2016

Ruth Schneidewind hat ihre langjährige Tätigkeit an der mdw ganz der Entwicklung der Elementaren Musikpädagogik in Forschung, Praxis und Lehre gewidmet. Ihr bedeutender Beitrag wurde im Rahmen eines Symposiums gewürdigt, indem Künstler_innen aus der angewandten Kunst, der Musik, dem Improvisationstheater sowie Fachvertreter_innen der Elementaren Musikpädagogik, der Instrumentalpädagogik und der Rhythmik in einen lebendigen Austausch über die Wirklichkeit des Elementaren Musizierens traten.

Zur Eröffnung würdigten Vizerektorin Barbara Gisler-Haase und Vizerektor Christian Meyer auf persönliche und herzliche Weise Ruths Aufbauarbeit und den Wert der Elementaren Musikpädagogik. Michaela Ulm-Aram ließ mit einem Pecha Kucha die Entwicklungsgeschichte lebendig werden.

Peter Röbke machte deutlich, wie die EMp nicht nur in den verschiedenen pädagogischen Studienrichtungen wirksam wird, sondern wie wesentlich ihr Denken und Handeln für den musikpädagogischen Diskurs insgesamt ist. 

Veronika Kinsky setzte sich mit zukünftigen Fragen und Herausforderungen auseinander und überlegte, wo es sinnvoll sein könnte, dem radikalen Verständnis des Elementaren Musizierens persönlichkeitsbildende und handwerklich orientierte Ansätze zur Seite zu stellen.

Das Wiener Team der EMp ergänzte und vertiefte die Überlegungen mit musikalisch-bewegten Beiträgen.

Das Symposium spannte einen Bogen ausgehend von den Bedürfnissen unterschiedlicher Altersgruppen, der Möglichkeit  bedingungsloser Teilnahme für alle Menschen über Fragen des Lernens in der EMp, der Rolle des Publikums und führte schließlich zu der Nachbarschaft mit der bildenden Kunst:

Anne Steinbach gab in ihrem Vortrag Einblicke in zwei Forschungsprojekte zur Perspektive von Kindern auf Musik und das Musizieren. Anhand einiger aufschlussreichen Forschungsvideos wurden die individuellen Herangehensweisen von Kindern an das Musizieren aufgezeigt und daran anschließend die Relevanz dieser Musizierprozesse für musikalische Bildungsangebote diskutiert.

Eva Königer wurde von Veronika Mandl zur Möglichkeit des Elementaren Musizierens in der Schule, speziell dem Kooperationsprojekt ELEMU befragt. Dass auch in der Großgruppe die Wirkungsfaktoren des Elementaren Musizierens gelten können, demonstrierte Eva Königer eindrucksvoll in einer musikalischen Aktion mit dem Publikum zum Thema Nebel.

Marianne Steffen-Wittek regte in ihrem leidenschaftlichen Beitrag dazu an, über gesellschaftliche Gegensätze nachzudenken und über die Tatsache, dass die Muße zum vorbehaltlosen und zweckfreien Musizieren – so voraussetzungslos auch die ästhetische und spieltechnische Seite dabei sein mag -  in unserer materiellen Welt keinesfalls allen vergönnt ist.

Peter Röbke zeigte in seinem Vortrag überzeugend auf, dass in der radikalen Konzeption einer Pädagogik des Elementaren Musizierens, die kaum auf systematische Lehr- und Lernprozesse fokussiert, auf verborgende Weise Lernen unaufhörlich stattfindet. Zur Veranschaulichung dienten Ruths beinahe poetischen Beschreibungen stimmiger Musiziersituationen adaptiert für den Geigenunterricht. 

Bianka Wüstehube ging der Frage nach, ob sich Elementares Musizieren auf einer Bühne präsentieren lässt und stellte das zentrale künstlerische Hauptfach „Musik-Bewegung-Stimme“  der Elementaren Musikpädagogik an der Anton Bruckner Privatuniversität vor, in dem Gestaltungen, die in Elementaren Musizierprozessen erarbeitet wurden, mit Überzeugung auch auf die Bühne gestellt werden.

Henriette Konschill suchte in ihrem Vortrag nach positiven Argumenten für die Aufführung Elementarer Musizierpraktiken, denn als ausgebildete Improvisationstheater-Spielerin ist für sie die Anwesenheit von Publikum unverzichtbar, weil fordernd, fördernd und bereichernd. Amüsant gewürzt war Henriettes Beitrag durch gelungene Publikumsanimationen zwischendurch.

Lisi Breuss nahm im Gespräch mit Veronika Kinsky auf Verwandtschaften des Elementaren Musizierens mit der bildenden Kunst sowie der Kunstvermittlung Bezug, wie beispielsweise die Bedingungslosigkeit oder Handlungen als Quelle künstlerischen Gestaltens. Weiters antwortete sie spontan auf Fragestellungen aus dem Publikum. 

Eine gemeinsame Diskussionsrunde der Referent_innen und des Publikums machte am Ende eines besonders deutlich: Durch den Ansatz des Elementaren Musizierens, der bedingungslos und zweckfrei seinen Wert in sich selbst sucht, werden Werte offenbart, die es auch in persönlichkeitsbildenden und aufbauend, handwerklich und lernorientierten Konzeptionen zu suchen und zu finden gilt, nämlich ein beziehungsorientierter, achtsamer Umgang, die Möglichkeit eigenständige Ideen der Teilnehmenden zu integrieren und gemeinsam nach immer differenzierterem musikalischen Ausdruck zu suchen.

Das musikalische Abendprogramm war eine Überraschung für Ruth: Künstler_innen der CD „Der Fernseher ist kaputt“, Carola Caye, Gesang, Martin Kelner, Gitarre und Ingrid Oberkanins, Perkussion boten unter der Leitung von Harald Huber am Klavier drei Lieder dar: Ich wünsch mir einen Regenbogen, Der Fernseher ist kaputt und Schön, dass es dich gibt.

Abschlusshöhepunkt war schließlich eine „Interette“, Konzept und Leitung von Harald Huber: Drei Improvisationstheaterkünstlerinnen, Henriette Konschill, Eva Maria Neubauer und Helmut Schuster, sangen und spielten begleitet vom Klavier, Harald Huber und Perkussion, Ingrid Oberkanins, ein spontan auf Zuruf von Ideen aus dem Publikum improvisiertes Musiktheater quer durch alle möglichen Musikstile. Ein musikalisches und schauspielerisches Vergnügen höchster Kunstfertigkeit für Ohr, Auge, Herz und für die Lachmuskeln stellte einen würdigen Abschluss eines runden gelungenen Symposiums dar.

-> Programmheft

 

Veronika Kinsky