Vom Übezimmer an die Opernbühne

In diesem vom Land Salzburg geförderten Kooperationsprojekt zwischen der mdw und der Universität Mozarteum Salzburg wird anhand von Biosignalen untersucht, ob es einen Unterschied zwischen dem Singen in einer Proben- bzw. einer Auftrittssituation gibt (siehe Projektbeschreibung unten auf dieser Seite).

 

ProjektparterInnen

  • Prof. Dr. John Thomasson, Institut für Gesang, Universität Mozarteum Salzburg

  • Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr. Hubert Kerschbaum, Fachbereich Biowissenschaften, Universität Salzburg

  • Ao.Univ. Prof. Dr. Berit Schneider-Stickler, Univ. Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Medizinische Universität Wien

  • Prof. Dr.-Ing. Jörg Lohscheller, Fachbereich Informatik, Hochschule Trier

 

Mitarbeiterinnen

Mag. Josipa Bainac Hausknecht studierte Gesang und Gesangspädagogik an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (MDW) und der Musikakademie Zagreb. Sie ist mehrfach international ausgezeichnete Sängerin und Preisträgerin zahlreicher Gesangswettbewerbe. Von 2014 bis 2020 war sie als Stimmbildnerin am Musischen Zentrum in Wien tätig. 2019 begann sie an der MDW ihr Dissertationsprojekt zum Thema „Pilotstudie zur Behandlung von Stimmermüdung bei Stimmprofis mit kaltem Rotlicht“, in Kooperation mit Wiener Staatsoper und SCIgenia Science Support GmbH. Seit 2018 ist sie EVTA-Mitglied, Teil des Organisationsteams der Konferenz ICVT 2021, sowie Organisatorin des ICVT-Clusterkongresses Voice Maintenance & Health. Kontakt: bainac.josipa [at] gmail.com

Mag. Kristen Murdaugh, Mezzosopran, ist Stimmforscherin, Gesangslehrerin und erfolgreiche Interpretin vonOper, Oratorium und Kunstlied. Sie schloss ihr Magisterstudium (Gesangspädagogik) am New England Conservatory of Music und ihr Bachelorstudium (Vocal Performance und Germanistik) an der Furman University jeweils summa cum laude ab. Zuletzt leitete Kristen in Boston ein privates Stimmstudio mit mehr als 25 StudentInnen. Titel bzw. Themen Ihrer jüngsten Stimmforschungs-Aktivitäten bzw. Gastvorträge in den Vereinigten Staaten waren unter anderem: That’s What He Said: Gender Bias in the Fundamental Models of Sound Perception; und Resonance: Passaggi, Harmonics, Formants, and Absolute Spectral Tone Color. 2017 präsentierte sie einen TEDx-Vortrag mit dem Titel Talking about Talking: The Science of the Voice. Kristen freut sich, ihre akademische Tätigkeit an der Universität Mozarteum Salzburg und der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien fortsetzen zu können. Kontakt: kristen.murdaugh [at] gmail.com

 

Projektpräsentation

Eine erste Präsentation der Pilotstudie bzw. des Studiendesigns wäre im April 2020 für das -- leider abgesagte -- 6. Internationale Symposium "Ars Choralis" in Zagreb vorgesehen gewesen:

Josipa BAINAC HAUSKNECHT, Kristen MURDAUGH, Hubert KERSCHBAUM, John THOMASSON & Christian T. HERBST: Assessing the effects of performance-related arousal on singing voice production – a single subject pilot study. 6th International Symposium "Ars Choralis 2020", Zagreb

Eine Zusammenfassung des Konferenzbeitrages als PDF ist hier erhältlich.

 

Projektbeschreibung

Bühnengesang ist Hochleistungssport, mit beträchtlicher stimm-gesundheitlicher Belastung für professionelle SängerInnen. Ähnlich wie bei AthletInnen müssen daher bereits in der Ausbildung entsprechende optimierte (fein)motorische Abläufe im Stimmapparat etabliert werden. Zur Physiologie und Physik der Stimmproduktion im professionellen Gesang gibt es zwar schon grundlegende Forschung, allerdings – mit wenigen Ausnahmen 1, 2 – nur im Labor und nicht „live“ auf der Bühne, und dort auch oft lediglich bei Gesangsstudenten und nicht bei Top-Performern.

Mit anderen Worten, das „role model“ für guten und gesunden professionellen Gesang ist trotz der Verfügbarkeit modernster Untersuchungstechnologien bislang noch nicht ausreichend beschrieben worden. Anders als im Profisport gibt es daher – abgesehen von subjektiven Erfahrungen der im Bereich tätigen PädagogInnen, welche sich meist nur schwer generalisieren lassen – keine objektiven Zielvorgaben für die Etablierung optimierter Ausbildungs- und Trainingsprogramme.

Es ist deshalb das Ziel dieses innovativen Forschungsprojektes, den Gesang von professionellen SängerInnen in der Auftritts-Situation „live“ auf der Bühne zu dokumentieren. Insbesondere soll geprüft werden, inwieweit unterschiedliche Räume (Übezimmer vs. Konzertsaal) bzw. die Anwesenheit von Publikum in einer echten Auftrittssituation den Gesang beeinflussen.

Neben der Aufnahme von akustischen Signalen werden erstmals auch mit Hilfe von drahtlosen Aufnahmegeräten Biosignale wie die Herzfrequenz und der Hautleitwiderstand dokumentiert, was – in Verbindung mit der Erhebung des Cortisolspiegels im Speichel – Einblicke in die Stressfaktoren vor, während und nach der Auftritts-Situation erlaubt. Ebenfalls innovativ ist die drahtlose Dokumentation der relativen Kontaktfläche der Stimmlippen beim Singen 3, 4, welche interpretative Rückschlüsse auf die entsprechenden motorischen Aktivitäten im Kehlkopf und deren Auswirkung auf den akustischen Stimmklang erlaubt. Ergebnisse einer 2017 durchgeführten Pilotstudie mit empirischen Unterschieden zwichen der Übe- und der Auftritts-Situation belegen die Machbarkeit des Ansatzes.

Literatur:

[1] C. T. Herbst, “Der Knabensolist in der Oper - Ein akustisches Portrait,” L.O.G.O.S. Interdiszip., vol. 15, no. 3, pp. 166–174, 2007.

[2] C. S. Gaskill, J. G. Cowgill, and S. Many, “Comparing the Vocal Dose of University Students from Vocal Performance, Music Education, and Music Theater,” J. Sing., vol. 70, no. 1, pp. 11–19, 2013.

[3] R. J. Baken, “Electroglottography,” J. Voice, vol. 6, no. 2, pp. 98–110, 1992.

[4] Herbst, C. T. “Electroglottography - An Update”, J. Voice, in press. doi: 10.1016/j.jvoice.2018.12.014.