Seit dem Frühjahr kooperiert die mdw mit dem neu gegründeten Korea Kulturzentrum in der Wiener Innenstadt. Sun Ok Lee, Artistic Director des Kulturzentrums und selbst Absolventin der mdw, spricht über kulturelle Ähnlichkeiten, die Bedeutung von Selbstmanagement und die Förderung junger Musiker_innen.
© Korea Kulturzentrum

Schon bei der feierlichen Eröffnung des Korea Kulturzentrums in der Wiener Kärntnerstraße im Mai stand die Musik im Vordergrund: In Anwesenheit des koreanischen Premierministers Han Duck-soo wurde ein facettenreiches Konzertprogramm geboten, das einen Bogen von traditioneller koreanischer Musik über Klassik zu Crossover schlug. Auch auf der Bühne stand die Violinistin Sun Ok Lee, die im Trio mit Gerald Schuller und Johannes Kretz eine klassisch-koreanische Klangfusion performte.

Als Artistic Director des Kulturzentrums kuratiert Sun Ok Lee eine Konzertreihe in Kooperation mit der mdw, bei der 2023 und 2024 entweder Musikstudierende koreanischer Herkunft auftreten werden oder ein Teil des Musikprogramms von koreanischen Komponist_innen sein soll. Dabei stehen Konzerte, After-Work-Konzerte und Kinderkonzerte unter Mitwirkung zahlreicher Institute der mdw auf dem Programm. „Wie der Direktor des Korea Kulturzentrums Jin Hong Rim schon bei der Bekanntgabe der Kooperation mit der mdw gesagt hat, ist das Korea Kulturzentrum zunächst Botschafter der koreanischen Kultur in Österreich“, so Sun Ok Lee. „Zugleich möchten wir uns aber zum Hotspot hochqualitativer Musik in Wien entwickeln und ein breites Publikum ansprechen. Drittens ist es uns ein großes Anliegen, ein interessanter Spielort für herausragende Musiker_innen zu werden.“ Dabei verfolgen Jin Hong Rim und Sun Ok Lee konkrete Ziele zur Förderung junger Talente auf dem Weg vom Studium in eine professionelle Konzertkarriere. Ihnen möchten sie im Kulturzentrum attraktive Auftrittsmöglichkeiten bieten und sie mit einem interessierten Publikum ebenso wie mit potenziellen zukünftigen Auftraggeber_innen zusammenbringen. „Die Musiker_innen, die im Korea Kulturzentrum auftreten, sollen erstens die Möglichkeit haben, ihr Netzwerk auszubauen, und zweitens für ihre Leistung fair und gut bezahlt werden. Leider ist das gerade mit Blick auf junge Künstler_innen keine Selbstverständlichkeit. Dabei möchten wir sowohl koreanischen Studierenden die Möglichkeit geben, sich zu präsentieren, als auch österreichische Studierende mit koreanischer Musik in Kontakt bringen.“

Man muss sich schon während des Studiums damit beschäftigen, wie der Musikmarkt aussieht und wie man sich darin positionieren möchte.

Dass Sun Ok Lee ein besonderes Augenmerk auf die Förderung von Musikstudierenden richtet, hat sich aus ihrem eigenen künstlerischen Werdegang entwickelt: Bereits im Alter von 14 Jahren begann sie ihr künstlerisches Studium der Violine an der mdw, später kehrte sie für ein Doktoratsstudium an die Universität zurück, um Karrierewege von Musiker_innen zu analysieren. „Zu Beginn meines ersten Studiums habe ich natürlich eine Solokarriere angestrebt“, erzählt Sun Ok Lee. „Lange habe ich nur den klassischen Weg gekannt und bin mit der Unterstützung von Riccardo Muti und Wladimir Spiwakow auch auf große Bühnen gekommen. Erst später habe ich Crossover-Konzepte kennengelernt. Das musikalische Profil von etwa Nigel Kennedy hat mich enorm fasziniert – und auch die Gagen-Spanne, die in diesem Bereich um ein Vielfaches höher ist als in der Klassik.“ Im Zuge ihres Doktorats beschäftigte sie sich intensiv mit Aspekten des Selbstmanagements und der Entwicklung eines künstlerischen Profils. „Man muss sich schon während des Studiums damit beschäftigen, wie der Musikmarkt aussieht und wie man sich darin positionieren möchte. Auch für Künstler_innen ist es wichtig, so etwas wie eine Marke zu entwickeln. Gerade an einer Weltklasse-Universität wie der mdw sieht man, wie stark der Konkurrenzdruck ganz oben ist, wo alle auf höchstem Niveau spielen. Um hier hervorzustechen, ist es notwendig, seine Stärken und Schwächen gut zu reflektieren, um mögliche Karrierewege zu erkennen und entsprechend verfolgen zu können.“

Die koreanische Kultur erfreut sich weltweit vor allem durch die Popkultur steigender Beliebtheit, Österreich hingegen ist das klassische Musikland schlechthin.

Die Phase zwischen Studium und Beruf erachtet Sun Ok Lee daher als zentrale Schlüsselstelle. Sie selbst hat neben der klassischen Karriere, unter dem Künstlernamen „Korea Lee“ ein erfolgreiches Profil im Crossover-Bereich geformt und dafür ein zielgruppenspezifisches Programm gestaltet. „Hier trete ich etwa bei großen Veranstaltungen von Luxuskonzernen auf.“ Ein breites Publikum möchte Sun Ok Lee auch mit dem Konzertprogramm im Korea Kulturzentrum ansprechen – Klassik-Liebhaber_innen und etablierte Vertreter_innen aus Kunst und Wirtschaft ebenso wie neues und besonders junges Musikpublikum. „Die koreanische Kultur erfreut sich weltweit vor allem durch die Popkultur steigender Beliebtheit, Österreich hingegen ist das klassische Musikland schlechthin. Obwohl beide Länder kulturell sehr weit voneinander entfernt sind, sehe ich auch viele Ähnlichkeiten, etwa in der Mentalität oder in wirtschaftlichen Entwicklungen. Das wollen wir am Korea Kulturzentrum gerne in der Musik widerspiegeln. Wir wollen hochtalentierte Studierende aus Österreich und Korea gemeinsam auf die Bühne bringen und freuen uns natürlich auch, wenn wir das koreanische Musikrepertoire in Wien bekannter machen können. Es gibt viele K-Pop-Fans in Wien – aber in der Zeit der Wiener Klassik wurden auch in Korea klassische Werke komponiert …“

Weitere Informationen sowie alle Veranstaltungen sind auf der Website des Korea Kulturzentrums zu finden.

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