„Kommunikation“ und „Projektplanung und Organisation“ belegen Platz 1 und 2 der wichtigsten Kompetenzen für die Berufspraxis in der Musikbranche. In diesem Ranking aus der aktuellen Studie Music Career Check (Bauer & Kastler 2023) der Universität für Weiterbildung Krems und dem mica – music austria findet sich die „Virtuosität am Instrument/der Stimme“ lediglich auf Platz 9 von 17 Kompetenzen. Befragt wurden 759 Musikschaffende in Österreich mit Schwerpunkt auf ihre Berufsrealität(en) und Kompetenzen ebenso wie Erfahrungen und Bedürfnisse in Bezug auf Aus- und Weiterbildungsformate. Es handelt sich nicht um die erste Studie, die Nachholbedarf bei wirtschaftlichem, rechtlichem und technischem Know-how für Musikschaffende, insbesondere in der freien Szene, verortet.
Diese Kompetenzen idealerweise bereits zu Studienzeiten oder spätestens im Rahmen einer postgradualen Ausbildung zu erwerben, ist erklärtes Ziel des Lehr- und Forschungsangebots im Bereich Kulturmanagement des Instituts für Kulturmanagement und Gender Studies (IKM) der mdw. Dadurch soll nicht nur das künstlerische Tun befördert werden, in Hinblick auf Portfolio-Karrieren eröffnen diese Kompetenzen durchaus auch Betätigungsfelder in zahlreichen anderen Branchen.
Kulturmanagement wird am IKM seit 1975 unterrichtet. Lehrende und Studierende entwickelten den berufsbegleitenden Lehrgang für Kulturmanagement (ab Herbst als Master of Continuing Education mit Berechtigung zum Doktoratsstudium), der 1976 startete. Damit war die mdw die erste Universität im kontinentaleuropäischen Raum, die Kulturmanagement als eigenständigen Lehrgang etablierte. In den mehr als 45 Jahren hat sich der Lehrbetrieb zunehmend professionalisiert. Er baut weiterhin auf den Prinzipien des voneinander Lernens, des kollegialen Austauschs sowie einer offenen Fehlerkultur auf. Die gewachsene Konzeption von Kulturmanagement ist an Menschen vor, auf und hinter den verschiedenen „Bühnen“ und ihren Tätigkeiten orientiert. Dabei geht sie weit über ein enges Fachverständnis als operative Geschäftsführung eines Theaters, Opernhauses oder Museums hinaus. Vielmehr geht es um Praktiken des Kommunizierens, Organisierens, Vermittelns, Förderns und Finanzierens und immer wieder um ein „Ermöglichen“. Auch der verwendete Kulturbegriff spannt sich über zahlreiche Facetten von gerne als „hochkulturell“ bezeichneten Formaten der Kunst zu zahlreichen kulturellen Aktivitäten, deren gemeinsamer Nenner in der Symbolproduktion und einem Aufeinandertreffen, manchmal auch Verschmelzen, von Produzierenden, Rezipierenden ebenso wie Vermittelnden liegt.
Der Addressat_innenkreis für die Angebote des IKM spannt sich in weiterer Folge von aktiven und zukünftigen Führungskräften und Mitarbeiter_innen traditioneller Kulturinstitutionen über Musikschaffende und -vermittelnde der freien Szene bis hin zu individuellen Künstler_innen, die sich selbst oder individuelle Projekte managen möchten – und müssen. Laut Music Career Check umfassen Tätigkeiten des Selbstmanagements bei freischaffenden Musiker_innen im Durchschnitt 13,6 Stunden pro Woche. Die prekäre soziale Situation zahlreicher im Kulturbetrieb Tätigen ist Rahmenbedingung und Forschungsgegenstand zugleich. Die befragten Studienteilnehmer_innen (über alle Tätigkeits- und Beschäftigungsprofile hinweg) arbeiten im Durchschnitt 44 Wochenstunden, häufig in Portfoliokarrieren, die sich aus mehreren Einkommenskomponenten künstlerischer und nicht-künstlerischer Tätigkeit zusammensetzen, und leisten darüber hinaus ehrenamtliche und damit unbezahlte Arbeit.
Vor diesem Hintergrund schafft das (Er)kennen und kritische Reflektieren von Strukturen und Praktiken im Kulturbetrieb die Voraussetzung, bereits im Studium an Lösungsansätzen gegen Diskriminierung und Machtmissbrauch zu arbeiten und den Kulturbetrieb auch in weiterer Folge konstruktiv mitzugestalten. Fair Pay, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, offene Arbeits- und Lernkulturen sind ebenso Themen des Kulturmanagements wie veränderte Berufsbilder, Cultural Entrepreneurship oder die stets heikle Frage, was und wie im Kulturbetrieb gemessen werden sollte. Von der Kulturmanagementforschung werden aktuell insbesondere Antworten auf die virulente Frage nach dem „verschwundenen“ Publikum erwartet.
Das Erlernen, Reflektieren und Weiterentwickeln von Instrumenten und Methoden zur Beantwortung derartiger Fragen gehört somit ebenso zur Beschäftigung mit Kulturmanagement wie die Fähigkeit, durch Kenntnis relevanter Konzepte und Begriffe auf Augenhöhe mit Stakeholdern aus Kunst und Kultur, Politik und Wirtschaft diskutieren zu können. Diesen zugegeben hohen Anspruch sollen die Angebote zum Kulturmanagement an der mdw in den verschiedenen Ausprägungen und im Wissen um die knappen zeitlichen Ressourcen in den Curricula bestmöglich unterstützen.
Quelle: Bauer, Eva-Maria & Kastler, Ulrike (2023): Music Career Check – Berufsbilder und Kompetenzen. Empirische Erhebung der Universität für Weiterbildung Krems in Kooperation mit mica – music austria, Krems (Projektbericht unter: www.donau-uni.ac.at/dam/jcr:d0733230-4533-41e6-bea8-d7c4e3b9acf2/ Music-Career-Check_Langfassung.pdf)