Ursula Hemetek, Daliah Hindler, Harald Huber, Therese Kaufmann, Isolde Malmberg, Hande Sağlam (Hg.): Transkulturelle Erkundungen. Wissenschaftlich-künstlerische Perspektiven. Böhlau Verlag Wien, 1. Aufl., 2019.

Transkulturelle Erkundungen
©Böhlau Verlag

Anhand theoretischer Begriffsbildungen, praxisrelevanter Erfahrungen und der Infragestellung gängiger kulturpolitischer Ansätze skizzieren die Autor_innen des Buches Transkulturelle Erkundungen. Wissenschaftlich-künstlerische Perspektiven mögliche Zukunftsperspektiven im Bereich der musikalischen Erziehung und beschreiben, welche Änderungen vonseiten der Universitäten nötig sind, um Studierenden transkulturelle Räume zu bieten. Diese Publikation, die 2019 im Böhlau Verlag (Wien, Köln, Weimar) erschienen ist, bildet den Höhepunkt einer erfolgreichen Vorlesungsreihe der mdw, die interdisziplinäre Zugänge zur Transkulturalität beleuchtete. Der Band beinhaltet eine Auswahl individueller Präsentationen, die zwischen 2014 und 2018 im Rahmen dieser Lehrveranstaltung gehalten wurden. Das Format der Ringvorlesung Transkulturalität an der mdw untersucht eine Vielzahl unterschiedlicher Zugänge zur Transkulturalität und zur Musik, indem die breite Auswahl interdisziplinärer akademischer Beiträge durch theoretisch relevante künstlerische Performances ergänzt wurde. Das Buch wurde mit der Unterstützung der mdw veröffentlicht und ist in gebundener Ausgabe sowie auch aufgrund der Open Access Policy der mdw als freier Download erhältlich.

In diesem Band wird auf das Konzept der Transkulturalität, u. a. nach Fernando Ortíz (1940) und Wolfgang Welsch (1992, 1995, 1999), näher eingegangen: eine theoretische Auseinandersetzung mit den Auswirkungen von Transkulturalität auf Lern-, Aufführungs- und Musikpraktiken. Ein zentraler Gedanke hierbei ist, dass Universitäten und Hochschulen transkulturelle Räume bieten sollten, anstatt sich nur darauf zu beschränken, eine monokulturelle Epistemologie anzustreben und zu reproduzieren. Der brasilianische Wissenschaftler José Jorge de Carvalho analysiert dieses Konzept in seinem Beitrag, in dem er beschreibt, wie die Universität von Brasilia dank des „Meeting of Knowledges“ Hybridität und Transkulturalität fördert und aufgrund dessen traditionelles Wissen und Kompetenzen in den Lehrplan integriert hat. Der Titel Notório Saber (wörtlich: offenkundiges Wissen) wird von brasilianischen Universitäten verliehen, um Meister ihres Faches sowie allgemein anerkannte Persönlichkeiten, die außerordentliche Kompetenzen in einem akademischen Bereich aufweisen (2019:89), zu ehren. Auf diese Art und Weise werden durch das „Meeting of Knowledges“ afro-brasilianische sowie indigene Lehrpersonen inkludiert, die ansonsten von offiziellen Bildungsprogrammen ausgeschlossen blieben. Ursula Hemeteks Beitrag greift diesen Ansatz auf und schlägt ein „Meeting of Musics“ als Ausdrucksmittel kultureller Alterität und Ermächtigung kultureller Minderheiten durch Musik vor. Für Hemetek liegt die Relevanz der Transkulturalität in der Verpflichtung zu Bildungspolitiken, die Raum für ein aktives Miteinander und einen fruchtbaren Dialog im Interesse kultureller Vielfalt und hybrider Identitäten als wesentliche Bestandteile politischer Bildungsstrategien schaffen (2019:108–109).

Der Sammelband Transkulturelle Erkundungen beleuchtet nicht nur die Haltung der Herausgeber_innen und Autor_innen zum Begriff Transkulturalität, sondern geht darüber hinaus auf die Notwendigkeit ein, transkulturelle Strategien und Praktiken umzusetzen, damit ein inklusiveres Lernumfeld und interdisziplinäre Rahmenbedingungen geschaffen werden können. Das Buch ist ein klares Plädoyer für den Schutz kultureller Vielfalt, kultureller Minderheiten sowie kultureller Hybridität, insbesondere in Anbetracht der aktuellen globalen sowie lokalen politischen Entwicklungen. Als junger Akademiker war ich eingeschüchtert von der Aufgabe, eine Rezension zu dieser Publikation, in der die Beiträge so vieler renommierter Wissenschaftler_innen gesammelt sind, zu verfassen. Doch es zeigte sich recht bald, dass es in diesem Buch um die Zukunft aller Studierenden mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und Identitäten geht und darum, auf welche Art und Weise die Strategie der Transkulturalität und ihre Institutionalisierung die Basis der musikalischen Erziehung für zukünftige Generationen bilden kann und sollte.

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