Die Zeit nach Abschluss des Doktorats ist eine kritische Phase für Early-Stage-Researcher_innen. In dieser Zeit oft geringer beruflicher Sicherheit und prekärer Arbeitsbedingungen ist der Druck zu publizieren und ein Netzwerk aufzubauen groß. Um ihre Forschungsinteressen individuell oder in größeren Forschungsprojekten weiterverfolgen zu können, sind sie oft darauf angewiesen, erfolgreich Drittmittel einzuwerben.

Die Förderung von Early-Stage-Researcher_innen ist ein zentrales Ziel der Forschungsstrategie der mdw. Eine konkrete Maßnahme zu ihrer Umsetzung war die Konzeption des mdw-PostDoc-Fellowships, das Ende 2022 erstmals von der Forschungsförderung ausgeschrieben wurde. Bis März konnten sich PostDocs bewerben, die entweder an der mdw promoviert haben oder in den vergangenen zwei Jahren an der Universität beschäftigt waren. Durch das Programm wurden zwei befristete Teilzeitstellen geschaffen, die den Fellows während der Ausarbeitung eines Drittmittelantrags finanzielle Sicherheit und Anbindung an die Universität ermöglichen. Eine interdisziplinäre, sowohl intern als auch extern besetze Jury wählte aus den Einreichungen zwei Projektvorhaben aus.

Raz Weiner war von Juni bis September 2023 PostDoc-Fellow am Institut für Kulturmanagement und Gender Studies (IKM), wo er unter der Supervision von Evelyn Annuß einen Antrag für ein Marie-Skłodowska-Curie-Postdoctoral-Fellowships der EU eingereicht hat. Weiner plant, am Beispiel der veränderten Rhetorik der rechtskonservativen Koalition nach den Wahlen in Israel 2022 zu untersuchen, wie queere Personen im digitalen Raum Staatsbürgerschaft performen, wenn der Staat nicht mehr darauf bedacht ist, LGBTQI+-freundlich zu erscheinen. Im Rahmen des Fellowships an der mdw konnte Weiner Ansätze der Gender Studies in seinem Projekt stärken, ebenso wie seine Methodik um interdisziplinäre Aspekte erweitern. Im Gespräch erzählt er, dass die Vernetzung und der Austausch mit anderen Early-Stage-Researcher_innen am Institut Highlights seiner Zeit an der mdw waren. „Eine besondere Erfahrung war auch meine Teilnahme an einer Konferenz der International Federation for Theatre Research im Juli in Accra, Ghana. Dort wurde nur wenige Tage zuvor ein Anti-LGBTQI+-Gesetz im Parlament verabschiedet. Gemeinsam mit anderen Forscher_innen haben wir dann die Konferenz genutzt, um mit lokalen Aktivist_innen die Situation zu diskutieren.“

Als zweite mdw Postdoc-Fellow kam Henrike Rost im Oktober 2023 an die mdw. Ihr Projektvorhaben ist unter der Supervision von Melanie Unseld und Nikolaus Urbanek am Institut für Musikwissenschaft und Interpretationsforschung (IMI) angesiedelt und widmet sich den bislang unveröffentlichten Tagebüchern von Max Kalbeck (1850–1921). Selbst eine einflussreiche Figur – Musikkritiker, Poet, Librettist, Biograf von Johannes Brahms – porträtiert Kalbeck in seinen persönlichen Aufzeichnungen die Wiener Kulturelite der Jahrhundertwende. Ziel des Forschungsprojekts ist die Transkription seiner Niederschriften aus den Jahren 1895 und 1897 und deren anschließende Veröffentlichung als digitale Edition mit einem umfassenden Personenregister. Henrike Rost bedient sich dabei einer mikro- oder alltagshistorischen Perspektive, die Fragestellungen nach der Verknüpfung zwischen den Künsten sowie nach der Rolle von Frauen und jüdischen Intellektuellen vor Beginn des 20. Jahrhunderts umfasst. „Das PostDoc-Fellowship ermöglicht mir, vor Ort weitere Quellen zu erschließen und von den Erfahrungen innerhalb des Instituts im Bereich der Netzwerk- und Familienforschung zu profitieren“, berichtet Rost, die eine Einreichung beim Österreichischem Wissenschaftsfond FWF plant.

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