Die mdw hat am 20. September 2021 das Ehrendoktorat an Evelyn Torton Beck, Pionierin der Women’s and Gender Studies, verliehen.

Die mdw anerkennt mit dieser Auszeichnung das herausragende Engagement der in Wien geborenen Wissenschaftlerin, die mit ihrer jahrzehntelangen Forschungstätigkeit ein reiches Spektrum an wissenschafts- und gesellschaftskritischen Themen in enger Verbindung zur Kunst vorgelegt hat. Rektorin Ulrike Sych: „Mit dem Ehrendoktorat für Evelyn Torton Beck würdigt die mdw eine visionäre Wissenschaftlerin, die mit ihrem transdisziplinären Denken bahnbrechende Perspektiven für die nachfolgenden Forscher_innen-Generationen eröffnet hat. Zugleich ehren wir mit ihr eine inspirierende Persönlichkeit, die mit unerschöpflicher Kreativität, Offenheit und Beharrlichkeit Kunst und Wissenschaft als gesellschaftsgestaltende Kräfte vorantreibt.“

v. l. n. r.: Stefan Zapotocky, Evelyn Torton Beck, Ulrike Sych, Johannes Marian, Clemens Aigner (Pedell) © Stephan Polzer

Evelyn Torton Beck dankte in ihrer Rede, die in der mdwMediathek abrufbar ist, für die Auszeichnung und appellierte: „Wer die Institutionen und das Wissen transformieren will, muss lernen, mit anderen zusammenzuarbeiten. Auch mit denen, die sich von einem selbst unterscheiden, auch wenn es unbequem wird. Wir brauchen utopisches Denken, sonst bleiben wir auf veralteten Wegen stecken, die unserer Welt nicht mehr dienen – wir brauchen dringend Änderungen. […] So schlimm, wie die Welt heute wieder aussieht, halte ich mich fest am Prinzip Hoffnung. Die Hoffnung ermöglicht unsere Arbeit und Wandlungen. Es ist nie zu spät, wir sind nie zu alt, neu anzufangen, uns zu ändern.“

Evelyn Torton Beck, die aus Washington zur Verleihung anreiste, wurde 1933 in Wien geboren und musste als Sechsjährige mit ihrer Familie vor dem NS-Regime fliehen. 1984 folgte die Vergleichende Literaturwissenschaftlerin einem Ruf an die University of Maryland, wo sie das Women’s Studies Program etablierte. Nach ihrer Emeritierung 2002 promovierte sie 2004 in Klinischer Psychologie an der Fielding Graduate University, wo sie bis heute als „Alumni Fellow“ am Creative Longevity and Wisdom Project tätig ist. Ein so vielfältiger Lebenslauf ermutigt zu einer Nachahmung.

Die Forschungsarbeiten von Evelyn Torton Beck zur sozialen Gerechtigkeit in Theorie und Praxis, zu Multikulturalismus, Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Altersdiskriminierung, Ableism und Lookism ebenso wie zur heilenden Wirkung von Kunst sowie ihre Arbeiten zu Stimme, Sprache, Translation – sie übersetzte mit dem Nobelpreisträger Isaac Bashevis Singer vom Jiddischen ins Englische – sind nach wie vor wegweisend, sie gilt als Vorreiterin auf diesen Gebieten. Laudatorin Doris Ingrisch wies auf einen zentralen Aspekt der aktuellen Geschlechterforschung hin, der sich bereits in den Arbeiten von Torton Beck findet: „Auch eines ihrer bedeutendsten, erfolgreichsten Werke, Nice Jewish Girls. A Lesbian Anthology, antwortet mit einem grenzüberschreitenden Denken in Hinsicht auf die Homophobie jüdischer Communitys wie den Rassismus in lesbischen und zeigt Evelyn Torton Beck als Pionierin intersektionalen Denkens, lange bevor es als solches bezeichnet wurde.“ Darüber hinaus verfasste sie Gedichte, widmete sich der Malerei und bis heute dem Tanz.

Musik von der ebenfalls in die Emigration gezwungenen Komponistin und späteren Mitbegründerin der Musiktherapie Vally Weigl wie auch das Internationale-Frauentag-Lied March of the Women von Ethel Smyth waren Teil des künstlerischen Programms der Ehrendoktoratsverleihung. Nach dem Festakt wurde in der mdw-Aula gemeinsam von der neuen mdw-Ehrendoktorin und Rektorin Ulrike Sych eine Tafel mit den bisherigen Ehrendoktor_innen der mdw enthüllt.

Die gesamte Veranstaltung kann nachgesehen werden unter:
mediathek.mdw.ac.at/ehrendoktorat-tortonbeck

Comments are closed.