Peter Tschmuck: Einführung in die Kulturbetriebslehre. Wiesbaden: Springer VS, 151 Seiten.

Auch wenn es sich bei dem Fach Kulturmanagement, zu dem auch die Wiener Kulturbetriebslehre zählt, um ein relativ junges Fach handelt, so liegen doch eine Reihe von einschlägigen Einführungen für die akademische Lehre vor. Daran muss sich jeder neue Versuch messen, was in dem vorliegenden Fall einer Einführung in die Kulturbetriebslehre – dies sei gleich vorab konstatiert – durchaus gelungen ist. Peter Tschmuck, ausgewiesen insbesondere mit seinen Analysen zur Musikwirtschaft, hat einen Ansatz vorgelegt, in dem er von Leitbegriffen ausgehend das Feld ordnet. Diese Begriffskonzepte, die gewissermaßen den roten Faden des Bandes bilden, sind Kultur, Institution, Gut und Wert. Diese werden unter Berücksichtigung der zumindest wichtigsten Forschungstraditionen in ihrer methodischen und theoretischen Spezifik vorgestellt und diskutiert und anhand von Fallbeispielen veranschaulicht.

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So werden Konzepte der Kulturbegrifflichkeit zwischen auf Bedeutung orientierte textparadigmatischen und auf die soziale Praxis rekurrierende sozialwissenschaftlichen Zugängen verortet. Nun mag man einwenden, dass eine Darstellung der komplexen Kulturbegrifflichkeit auf gerade mal 23 Seiten notwendige Komplexitätsreduktion vornimmt, doch wer eine Art von erschöpfender Vollständigkeit erwartet, der übersieht die Aufgabe einer solchen Einleitung, relevante Konzepte und Traditionen zu erfassen. Dies gilt auch für die übrigen Begriffskonzepte. Die unterschiedlichen sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Betriebs- und Institutionenkonzepte werden in ihrer Mehrdeutigkeit (als Instanzen oder Organisationen) und Variabilität vorgestellt, Letzteres sehr schön am Beispiel des Urheberrechts im Musikbetrieb entwickelt. Deutlich wird damit, wie technologisch induzierte Veränderungen in der sozialen Praxis auch die Kulturproduktion beeinflussen, was in der Verschiebung von physischen zu digitalen Tonträgern deutlich wird. Entsprechend werden Kulturgüter im Spannungsfeld von kulturellem Selbstverständnis und ökonomischem Nutzen eingeführt, so wie der Wertbegriff in seinen kulturellen und ökonomischen Interdependenzen diskutiert wird. Die Kulturbetriebslehre vertritt, das macht Tschmuck deutlich, einen Ansatz, der den ökonomischen Tausch- wie den kulturellen Symbolwert berücksichtigt. Das Symbolhafte wird in der Wirtschaft in Tauschwerte, der Tauschwert in der Kunstwelt in symbolische Werte übersetzt, wie am Fallbeispiel einer Schredderaktion von Banksy bei Sotheby’s zu sehen ist. Kulturgüter entstehen, so die nachvollziehbare Logik des kulturbetrieblichen Ansatzes, in einem institutionellen Setting, welches Strukturen und Praktiken mit dem Ziel der Symbolproduktion und -vermittlung ausbildet, wobei der Kulturbetrieb entweder als organisatorische Einheit oder als Netzwerk zu verstehen ist.

Anschließend an die zentralen Begriffskonzepte und deren wissenschaftshistorische Verankerung versucht Tschmuck eine fachgeschichtliche Einordnung der in Wien entwickelten Kulturbetriebslehre. Hierzu erfolgt ein knapper, die zentralen Entwicklungen abbildender Überblick vom US-amerikanischen Production-of-Culture-Ansatz über die zunächst dominanten Adaptionen von Konzepten aus der Betriebswirtschaft im Rahmen eines funktionalen Kulturmanagement bis hin zu den Versuchen einer theoretischen Begründung als selbstständige Disziplin. Hierzu werden exemplarisch einzelne Konzepte aus der Forschung vorgestellt, in denen der Fokus auf die Vernetzung der Akteur_innen, die Verknüpfungen zwischen Kultur und Wirtschaft oder Macht- und Herrschaftsverhältnisse gelegt wird. Dabei wird, zumindest implizit, auch Kritik an einem Verständnis des Faches geübt, dem es mehr um praktische Intervention als um wissenschaftliche Invention geht – ein Phänomen, das sich bis heute beobachten lässt.

Vor diesem fachhistorischen Hintergrund werden Herausbildung und Anspruch der Kulturbetriebslehre entwickelt, die als Wissenschaft die Produktion, Distribution und Rezeption von Kulturgütern untersucht und dabei den Antagonismus zwischen Zweck- und Wertrationalität reflektiert, der für das Fach als zentral erscheint. Geht es bei Ersterem um Komplexitätsreduktion, Erwartungsstabilisierung und Regelmäßigkeit im Sinne einer Mittel-Zweck-Beziehung, so bei Letzterem um Komplexitätserhöhung, Erwartungsstörung und Kreativitätsmobilisierung im Sinne einer Zweck-Ziel-Beziehung. Aus dieser Bedingung ergibt sich die spezifische Übersetzungsleistung zwischen den Wertsphären, die vom Kulturmanagement, verstanden als Entscheidungsprozess über knappe Ressourcen, erwartet werden muss. In einem Ausblick werden thesenartig Perspektiven einer Kulturbetriebslehre als Transdisziplin entwickelt, eine Disziplin, die ihren Forschungsfokus auf die Formationsprozesse von symbolisch aufgeladenen Kulturgütern und deren Transformation zu Gegenständen ökonomischer Tauschakte, auf die kulturellen Praktiken und deren institutionelle Einbindung, auf die spezifischen Merkmale von Kulturbetrieben sowie auf Prozesse gesellschaftlicher Organisation von Kunst- und Kulturberufen verlegt und die methodisch die Genese und Transformation des Kulturbetriebs genauso in den Blick nimmt, wie die jeweiligen Praxis-, Struktur- und Kulturgüterdimension.

Peter Tschmuck, dies sei abschließend vermerkt, ist mit dieser Einführung in die Kulturbetriebslehre, die sich von den bisher vorliegenden akademischen Lehrwerken durch ihre Fokussierung auf die zentralen Begriffskonzepte deutlich abhebt, eine gleichermaßen konzise wie inspirative – und vor allem auch gut lesbare – Darstellung gelungen, die man mit Gewinn in der universitären Lehre wird einsetzen können.

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