„Open Science [is] just science done right.“1: So erklären Melanie Imming und Jon Tennant eine disziplinenunabhängige und mittlerweile zunehmend institutionalisierte Strömung der Forschung im digitalen Raum, die unter dem Begriff „offene Wissenschaft“ zusammengefasst wird.

Vanessa Hannesschlaeger
Vanessa Hannesschläger ©privat

Diese „Richtigkeit“ der offenen, das heißt in allen Phasen des Forschungsprozesses für alle zugängliche Forschung hat eine praktische und eine ideologische Komponente. Wenn nicht nur Endergebnisse in durch Verlage veröffentlichte Aufsätze in käuflich zu erwerbenden Büchern und analogen oder digitalen Zeitschriften zugänglich sind, sondern auch alle Materialien und Unterlagen, die auf dem Weg zu diesen Ergebnissen entstehen (etwa Forschungsdaten, aber auch vorläufige und später vielleicht falsifizierte Hypothesen), dann müssen diese Nebenprodukte wesentlich besser ausgearbeitet und dokumentiert werden, als Forschende das bei der Arbeit „im stillen Kämmerlein“ für gewöhnlich tun. Daher muss die Arbeit „done right“ – oder auf österreichisch „g’scheit gemacht“ werden. „Right“ ist an offener Wissenschaft aber auch, dass ein mit öffentlichen Geldern finanzierter Prozess und seine Ergebnisse allen, die dafür bezahlt haben, zugänglich sein sollten – jenen also, die Steuern bezahlen, also: allen.

Das Open Science Network Austria (OANA)2 definiert fünf Dimensionen von Open Science. Dazu gehören Open Research Data, also frei verfügbare Forschungsdaten (die in den Geisteswissenschaften viele Formen annehmen können, sei es als gescannte Handschriften, fotografierte Kunstobjekte, maschinenlesbare Texte, Geodaten, Personenlisten oder Literaturdatenbanken), das Konzept von Open Evaluation (die Veröffentlichung von Beurteilungen von Forschungsarbeiten, z. B. die in Peer-Review-Prozessen entstandenen Kommentare zu Aufsätzen), die als Citizen Science bezeichnete Öffnung des Forschungsprozesses für fachfremde Personen sowie Open Methodology, also Transparentmachung der Schritte, die zu Forschungsergebnissen geführt haben (dazu zählt man im Wissenschaftskontext auch die Open-Source-Bewegung, die die freie Zurverfügungstellung von Software schon seit Jahrzehnten betreibt).

Kern und Ursprung der Open-Science-Bewegung ist neben diesen im Verhältnis noch weniger geläufigen Dimensionen der Öffnung aber vor allem die Idee von Open Access, also offenem und freiem (also gratis) Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen. Das ermöglicht nicht nur Lai_innen, sich über von der Forschung behandelte Themen qualifiziert zu informieren, sondern revolutioniert auch die Arbeitsweisen der Forschung selbst. Für Forschende bedeutet Open Access eine zweifache Horizonterweiterung: Bislang teure oder in der lokalen Bibliothek schlicht nicht verfügbare Forschungsliteratur kann nun jederzeit und überall abgerufen werden, wodurch ein informierterer Forschungsprozess und schlussendlich auch präzisere, qualitätsvollere Ergebnisse erreicht werden. Doch auch die eigene Arbeit gewinnt durch Open Access an Bedeutung und Sichtbarkeit. Sie ist nun nicht mehr nur Abonnent_innen von Zeitschriften und Benutzer_innen von gut ausgestatteten Bibliotheken zugänglich, sondern allen, immer.

Wenn etwas wirklich allen wirklich immer zugänglich sein soll, dann gibt es im 21. Jahrhundert erstmals in der Geschichte der Menschheit einen Ort, an dem das (zumindest theoretisch) möglich ist: das Internet. So erklärt sich, dass die Open-Science-Bewegung integral mit der Digitalisierung zusammenhängt, was speziell die Geisteswissenschaften vor neue Herausforderungen stellt. Der erste Schritt zur Öffnung besteht daher im Aufbau der digitalen Infrastruktur, die diese Öffnung ermöglicht. Mit dem Launch des hauseigenen Publikationsservers pub.mdw hat die mdw hier ein wichtiges Zeichen gesetzt – nun liegt es an den Forschenden, diesen offenen Ort mit Erkenntnissen zu füllen.

 

* Dieser Beitrag ist unter der Lizenz CC BY 4.0 International verfügbar: creativecommons.org/licenses/by/4.0

  1. https://zenodo.org/record/1285575#.XmZYEm5FyfB
  2. https://oana.at

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