Vor einiger Zeit habe ich Kassetten mit Interviews zu meiner Diplomarbeit, die ich vor vielen Jahren geschrieben habe, entdeckt. Da fiel mir ein, dass ich schon seit Längerem kein Gerät mehr besitze, mit dem ich diese Interviews hätte abspielen können und die Transkripte dazu sind auf einer Floppy Disk (kann sich noch jemand erinnern?) in einem Format gespeichert, bei dem es fraglich ist, ob die Dateien überhaupt noch lesbar sind. Nicht, dass sich jemand für meine Bänder interessiert hätte, aber mein Schicksal dürften andere Forschende teilen, die ihre Forschungsdaten auf Floppy Disks, CDs, DVDs, USB-Sticks, Laptops etc. in der Hoffnung aufbewahren, dass diese immer gelesen werden können. Nur „immer“ – das ist so eine Sache: Wie lange wollen wir überhaupt Forschungsdaten aufbewahren? Ewig? Muss wirklich alles aufbewahrt werden? Und vor allem, wie wird sichergestellt, dass die Daten längere Zeit wiedergegeben und womöglich mit anderen Forschenden geteilt werden können?

Disketten
©iStock

Diese und ähnliche Überlegungen stellen nicht nur Forschende, sondern auch Universitäten, Fördergeber, Regierungen und Unternehmen an, insbesondere angesichts der fortschreitenden Digitalisierung in der Forschung. Mittlerweile gibt es ganze Forschungszweige, die sich auf die Analyse digitaler Forschungsdaten ausrichten – die sogenannten Digital Humanities.

Auch an der mdw sind digitale Forschungsdaten längst ein Thema. Aus der Perspektive der Forschenden der mdw erscheinen Forschungsdaten in unterschiedlichen Formaten etwa als Texte, Bilder, Audio- und Videodateien (z. B. Digitalisate von Bildern, Fotos, Programmen, Plakaten oder diverse Formen der Musiknotation). Im Kontext der mdw können sich Forschungsdaten sowohl auf die Genese künstlerischer Produktion (Scans von Skizzen, Entwürfen, audiovisuelle oder software-mäßige Dokumentation von künstlerischen Produktionsschritten, Dokumentation von experimentellen Hard- und Software-Konfigurationen etc.) als auch auf deren Resultate (Noten, Audio- und Videoaufnahmen, interaktive Software) beziehen.

Vor allem für Forschende selbst ist es wichtig, diese Daten verlässlich zu speichern, bearbeiten, archivieren, analysieren und eventuell mit anderen KollegInnen teilen zu können. Aber auch Fördergeber, wie die EU im Rahmen des Forschungsprogramms Horizon 2020 oder der österreichische Wissenschaftsfonds FWF, stellen diesbezüglich immer höhere Anforderungen. So sollen Daten, die im Rahmen von FWF-geförderten Projekten erhoben beziehungsweise analysiert werden, frei (Open Access) zur Verfügung gestellt werden. Selbstverständlich sollen dabei urheberrechtliche Bestimmungen und andere verwandte Schutzrechte beziehungsweise legitime, z. B. wirtschaftliche Interessen beachtet werden. Zu diesem Thema werden zahlreiche Informations- und Weiterbildungsveranstaltungen angeboten, z. B. im Rahmen des Zentrums für Weiterbildung der mdw oder des Wissenstransferzentrums Ost (www.wtz-ost.at). So widmet sich eine Veranstaltung des WTZ Ost unter dem Titel Meine Forschung = meine Daten? am 20. März 2018 dem Thema Eigentümerschaft und Nutzung von Forschungsdaten.

Um den ständig steigenden Anforderungen gerecht zu werden, wurde im Zentralen Informatikdienst der mdw (ZID) die den internationalen Standards entsprechende Infrastruktur, ein institutionelles Repositorium, aufgebaut. Dazu wurden unter der Federführung der Stabstelle Forschungsförderung auch „Spielregeln“ ausgearbeitet, vor allem die Nutzungsbedingungen des mdw-Repositoriums, die mit Unterstützung eines internen Rechtsexperten entwickelt wurden, und die mdw-Policy, die in Form von Richtlinien des Rektorats zum Forschungsdatenmanagement am 6. Dezember 2017 verabschiedet wurde. Das Leitmotiv der Richtlinie ist das grundsätzliche Bekenntnis dazu, dass Forschende selbst über die von ihnen generierten Forschungsdaten zu Forschungszwecken inhaltlich frei verfügen sollen. Die andere Seite dieser Freiheit ist die Verantwortung der Forschenden für die Einhaltung rechtlicher Bestimmungen und mdw-interner „Spielregeln“. In Kombination soll ein System entstehen, das sichere und verlässliche Arbeit mit Forschungsdaten ermöglicht, damit keine Daten das Schicksal der alten Kassetten erleiden.

 

Weiterführende Informationen

 

Veranstaltungshinweis

„Meine Forschung = meine Daten?“
20. März 2018, 18.00 – 20.30 Uhr
mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Lesesaal der mdw.Bibliothek
Anton-von-Webern-Platz 1
1030 Wien

Eintritt frei!

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