Wiederentdeckung von verfolgten Komponistinnen in der Zeit des NS-Regimes

Am 26. Jänner 2024 veranstaltet das Joseph Hellmesberger Institut für Streichinstrumente, Gitarre und Harfe in der Musikpädagogik in Kooperation mit dem Exilarte Zentrum ein Gedenkkonzert für acht Komponistinnen, die vom NS-Regime wegen ihrer jüdischen Herkunft verbannt und vertrieben wurden. Um einen Imaginationsraum für ihr viel zu unbekanntes Schaffen zu eröffnen, soll mit diesem Konzertabend, der bewusst am Vorabend des Holocaust-Gedenktages stattfinden soll, an diese außerordentlichen Talente erinnert werden. Die ausgewählten kammermusikalischen Werke werden von mdw-Studierenden verschiedener pädagogischer Institute der mdw aufgeführt. In einem Gespräch mit Katja Kaiser, Archivarin am Exilarte Zentrum, wird Ulrike Anton, Musikwissenschaftlerin, Exilforscherin und Direktorin des Arnold Schönberg Center, Biografien sowie Werke der Komponistinnen kontextualisieren. Irmgard Bankl erarbeitet mit Studierenden der Rhythmik- und Bewegungspädagogik Choreografien, die vor Ort im Joseph Haydn-Saal zur Musik aufgeführt werden.

Im Programm werden verschiedene Komponistinnen vertreten sein. Unter anderem die deutsch-chilenische Komponistin von Hörspielmusik Leni Alexander (1924–2005), deren Musik im atonalen Avantgarde-Stil der 1950er- und 1960er-Jahre geschrieben ist. Wohingegen der musikalische Nachlass der österreichischen Tänzerin und Sängerin Anita Bild, geborene Lelewer (1915–2012), vor allem Unterhaltungsmusik aus der Zeit vor 1938 enthält. Die niederländische Komponistin und Pianistin Henriëtte Bosmans (1895–1952) komponierte überwiegend Kammermusik im romantischen bis postromantischen Stil. Im Unterschied dazu hat Ursula Mamlok (1923–2016), deutsch-amerikanische Komponistin und Dozentin für Komposition an der Manhattan School of Music in New York, wunderbare Kompositionen im Zwölftonmusikstil hinterlassen. Von der deutsch-amerikanischen Komponistin, Pianistin und Professorin für Komposition an der New York University Ruth Schönthal (1924–2006), werden Minimal-Music-Lieder vorgetragen. Vally Weigl (1894–1982), eine österreichisch-amerikanische Komponistin, Pianistin und Mitbegründerin der Musiktherapie als eigenständige Fachrichtung, knüpft musikalisch an die Wiener Spätromantik des ausgehenden 19. Jahrhunderts an. Die französische Komponistin Germaine Tailleferre (1892–1983), das einzige weibliche Mitglied der in den 1920er-Jahren einflussreichen Komponist_innengruppe Groupe des Six und die wohl bekannteste unter den vorgestellten Komponistinnen, ist ebenfalls vertreten. Auch Werke der niederländischen Pianistin, Komponistin und Musikpädagogin Rosy Wertheim (1888–1949) werden musikalisch vorgestellt. Wertheim veranstaltete nach dem Überfall der Nationalsozialisten auf die Niederlande Geheimkonzerte in ihren Kellerräumlichkeiten.

Veranstaltungstipp:
„Ausgelöscht!?“ Wiederentdeckung von verfolgten Komponistinnen in der Zeit des NS-Regimes
26. Jänner 2024, 18.30 Uhr
Joseph Haydn-Saal
Anton-von-Webern-Platz 1, 1030 Wien

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