Ist Ihnen im Abspann eines österreichischen Films schon einmal das Umweltzeichen aufgefallen? Dann wurde er „grün“ produziert. Green Filming umfasst auf CO2-Reduktion und Ressourcenschonung abzielende Maßnahmen in der Filmerstellung. Die Filmbranche hat einen großen ökologischen Fußabdruck: Filmteams reisen an verschiedene Drehorte, Equipment muss transportiert und Szenenbild und Kostüme gefertigt werden – viel Abfall und hoher Energieverbrauch sind die Folge. In den letzten Jahren kam es allerdings zu einem Umdenken. „Green Filming ist im Kinofilm mittlerweile verpflichtend geworden. Wenn man österreichische Filmfördergelder bezieht, sind Green-Filming-Kriterien einzuhalten“, sagt Lena Weiss, Produzentin und Absolventin der Filmakademie Wien. In ihrer Masterarbeit beschäftigte sie sich mit dem Thema Nachhaltigkeit in der österreichischen Filmbranche. Seit Anfang 2023 gibt es in Österreich ein Anreizmodell für Film- und Fernsehproduktionen mit fünf Prozent zusätzlichem Budget bei Einhaltung von Green-Filming-Maßnahmen. Ein erster Schritt bei Green Filming ist es, Green Consultants zu engagieren, die Filmteams darüber beraten, welche grünen Maßnahmen sie für ihr Projekt anwenden können. Julia Zisser studiert Produktion an der Filmakademie Wien und hat kürzlich ihre Ausbildung als Green Consultant abgeschlossen. „Speziell in der Filmindustrie kann viel CO2 eingespart werden, teilweise mit einfachen und nicht teuren Mitteln“, so Zisser.

Lena Weiss © Alexander Dirninger

Den Film Heimsuchung hat Lena Weiss mit ihrer Produktionsfirma Glitter & Doom grün produziert, noch bevor es speziell gefördert wurde. Maßnahmen waren unter anderem kein Wegwerfgeschirr beim Catering zu verwenden sowie biologisches, regionales und großteils vegetarisches Essen anzubieten, Öko- statt Chemietoiletten aufzustellen, Kilometergeld für Fahrrad- statt für Autofahrten zu zahlen, zum Dreh mit öffentlichen Verkehrsmitteln statt mit dem Flieger anzureisen und für den Transport E-Fahrzeuge einzusetzen. Vor allem umweltfreundlicher Transport ist eine große Herausforderung beim Green Filming, weiß Zisser: „In Österreich gibt es noch zu wenig Mietangebote an E-Fahrzeugen für die vielen Drehs, die oft gleichzeitig stattfinden. Hier müssten Vermieterfirmen nachrüsten, um die Nachfrage decken zu können.“ Herausfordernd ist auch die grüne Energieversorgung am Set. Für Drehs fernab von Steckdosen, etwa weil sie im freien Gelände stattfinden, sind Generatoren notwendig. Oft sind es Dieselgeneratoren, die – je nach Baujahr – sehr umweltschädlich sind. Es gibt bereits hybride oder mit Ökostrom aufladbare Modelle, nur sind diese in Österreich kaum verfügbar. „Die Produktion von Heimsuchung verbrauchte 38 Tonnen CO2-Äquivalente1. Ein durchschnittlicher Mensch in Österreich verbraucht pro Jahr 7,2 Tonnen CO2“, vergleicht Weiss. Ohne Green-Filming-Maßnahmen wäre der Verbrauch fast 50 Tonnen CO2 gewesen. Angesichts dieser Zahlen lassen sich die Dimensionen großer Produktionen erahnen, aber auch das Einsparungspotenzial. Green Consultants überlegen mit dem Filmteam, wo der Fokus der grünen Maßnahmen liegen kann. „Spielt die Geschichte am Gletscher, muss man das Team dorthin bringen, aber kann dafür etwa durch nachhaltige Maßnahmen beim Catering oder durch wiederverwendbares Material etwas kompensieren“, so Weiss.

Green Storytelling ist ein weiteres wichtiges Thema im Green Filming. Bereits im Drehbuch wird klimafreundliches Verhalten in der Story und für den Dreh berücksichtigt. „Fährt der Held oder die Heldin mit dem SUV oder mit dem Fahrrad? Verwendet die Kommissarin einen wiederverwendbaren Becher oder einen aus Plastik? Es geht auch um die Vorbildwirkung“, erklärt Weiss. „Ob Green Storytelling ein Eingriff in die künstlerische Freiheit oder besonders schlau ist, weil Filme uns beeinflussen, wird kontroversiell diskutiert“, sagt die Produzentin, die überzeugt ist, es geht beides. „Ich möchte mich in meinen Projekten nicht zwischen Kunst und Klima entscheiden.“ Mittlerweile ist Green Filming auch eine Pflichtlehrveranstaltung in den Bachelorstudien an der Filmakademie Wien. Zisser: „Nicht nur angehende Produzent_innen, sondern auch Studierende der Fächer Drehbuch, Regie und Kamera müssen in Green Filming geschult sein, um mit dem grünen Gedanken Projekte zu planen.“ „Wichtig ist, dass auch bei Studierenden-Kurzfilmen die nötige Infrastruktur vorhanden ist, um grün produzieren zu können“, meint Weiss. Der respektvolle Umgang mit Green Consultants und das Verständnis für die Wichtigkeit der Ressourcenschonung wünscht sich Zisser für die Filmindustrie, denn: „Die Filmbranche soll eine Vorbildfunktion im Klimaschutz für andere Branchen und private Haushalte haben.“

Weitere Infos:

  1. CO2-Äquivalente: Maßeinheit zur Vereinheitlichung der Klimawirkung unterschiedlicher Treibhausgase. Die Wirkung der Treibhausgase wird mit CO2 (Kohlendioxid) verglichen.
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