Nichts ist langweiliger, als das eigene Spiegelbild stundenlang zu betrachten. Wer möchte sich schon ausschließlich mit dem auseinandersetzen, was ihm ohnehin vertraut ist? Wer will sich nur mit Gedanken und Positionen beschäftigen, die den eigenen ähnlich sind? Die immer gleichen Ansichten zur Lage der Welt hören? Kaum jemand, möchte man meinen. Aber leider sind es immer mehr. Der Narzissmus grassiert, vorgelebt von einer Politik, die sich immer hemmungsloser in der eigenen Nabelschau verliert und jeden inhaltlichen Gegner und Kontrahenten herabwürdigt. Als wäre eine andere Meinung eine Kriegserklärung. Social Media, einst als Fenster zum Leben der anderen da draußen gepriesen, als Hoffnung auf Partizipation von jenen betrachtet, die sonst nicht gehört werden, tut sein Übriges dazu. Ein Klima zu schaffen, das ausschließt, eng macht, vielen auch Angst macht. Schmoren im eigenen Saft ist zur Norm geworden. Und alles, was einen aus dem lieb gewordenen, immer gleichen Rauschen reißt, was anders tönt, unzugänglich klingt, was sich nicht sofort anbiedert, sondern Offenheit und Geduld fordert, die Fähigkeit, zuzuhören, wird skeptisch beäugt, weggeschoben, abgelehnt. Die Neugier auf den anderen, die Grundvoraussetzung, um sich einander bei aller Unterschiedlichkeit zu nähern, um sich vielleicht dereinst vielleicht sogar zu verstehen, sie scheint versiegt. Mehr denn je vielleicht ist es die Aufgabe der Kunst, Perspektiven zu erweitern, den Blick auf diejenigen zu werfen, die sonst niemand beachtet, die Menschen in ihrer Vielstimmigkeit und Vielfältigkeit abzubilden und jedem offen zu stehen, sei es durch günstige Eintrittskarten für Konzerte, durch einen Kunstpass für alle oder durch Bücher, die gratis an Schulen verteilt werden. Sie ist die universelle Sprache, die Menschen über Kontinente und Landesgrenzen hinaus zusammenführen kann. In einer Zeit, in der dumpfer Nationalismus den Horizont verdunkelt, ist sie ein Hoffnungsschimmer.

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