Tausende Dias, Fotos, Dokumente und andere Exponate rund um Orgeln umgeben Wolfgang Kreuzhuber in der Lothringerstraße 18. Dort ist das Zentrum für Orgelforschung, Österreichs einzige wissenschaftliche Institution für Organologie, untergebracht, das der Oberösterreicher leitet.

Orgelforschung
©Stefanie Petelin

Breit gefächert ist das Arbeitsgebiet des Zentrums für Orgelforschung der mdw – neben der Feldforschung, der Sicherung und Aufarbeitung von Beständen und Nachlässen, der Publikation zu Themen des österreichischen Orgelbaus oder der Abhaltung von Symposien fallen auch der Archiv- und der Lehrbetrieb in den Aufgabenbereich der österreichweit einzigartigen Einrichtung, die der Musikwissenschaftler und Organist Wolfgang Kreuzhuber seit 2003 leitet.

Entwicklung der Orgelforschung

Die Geschichte der Orgelforschung an der mdw reicht weit zurück: 1971 wurde das Institut für Organologische Forschung und Dokumentation an der damaligen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien gegründet, ab 1972 wirkte Karl Schütz als einziger hauptamtlicher Mitarbeiter am Aufbau einer Datensammlung zu Orgelbau und in der Lehre.
Ein Schritt mit vielen strukturellen Veränderungen erfolgte 2002: Das bestehende Institut wurde als Zentrum für Orgelforschung in das Institut für Orgel, Orgelforschung und Kirchenmusik an der mdw integriert. 2003 übernahm Wolfgang Kreuzhuber die Agenden der Orgelforschung. Heute wird er bei der wissenschaftlichen Forschung von Sepp Strobl und im Sekretariat von Andrea Palecek unterstützt.

Wolfgang Kreuzhuber
Wolfgang Kreuzhuber ©Stefanie Petelin

Dias, Dokumente, Bücher und Anschauungsmaterialien

Über 20.000 Dias, 1.500 Fotos, unzählige Dokumente – von Dispositionsentwürfen über technische Zeichnungen bis hin zu Kostenvoranschlägen – und zahlreiche Anschauungsmaterialien – vom Orgelmodell bis zum Stimmwerkzeug – kann man im Zentrum für Orgelforschung entdecken. Über einige Schätze, wie eine Prinzipalpfeife aus der Römer-Orgel von 1720, freut sich das Zentrum dabei besonders.

Neben Nachlässen von Hans Heiling, Arnulf Klebel oder Ferdinand Molzer beherbergt es auch eine Handbibliothek –
u. a. mit organologischer Literatur, wissenschaftlichen Abschlussarbeiten und den bislang drei Publikationen zum Orgelbau aus der von Wolfgang Kreuzhuber angeregten und vom Institut für Orgel, Orgelforschung und Kirchenmusik herausgegebenen Reihe Wiener Beiträge zu Orgel und Kirchenmusik.

Unersetzlich für Restaurierungsprojekte

Mit seiner Arbeit unterstützt das Zentrum für Orgelforschung Restaurierungen verschiedener Orgeln, wie zum Beispiel der Wöckherl-Orgel in der Wiener Franziskanerkirche oder der Pfliegler-Orgel im niederösterreichischen Hafnerberg. Die Orgelforschung ist unersetzlich für Orgelprojekte und es ist jedes Mal eine Besonderheit, wenn dank der Unterstützung des Zentrums eine Orgel angemessen restauriert werden kann.

Orgeldatenbank als Unterstützung bei Anfragen

Die Forschungseinrichtung hat seit ihrer Gründung unzählige schriftliche und mündliche Anfragen aus ganz Österreich und seinen Nachbarländern bearbeitet: Anfragen zu Orgelbauten in Österreich, Unterstützung bei Nachforschungen zu orgelbautechnischen Details und Auskünfte hinsichtlich der Disposition von bestimmten Instrumenten sind nur einige der Aufgabenbereiche. Eine rasche Beantwortung ermöglicht die computergestützte, auf wissenschaftlicher Basis erstellte Datenbank, an der seit Jahren intensiv gearbeitet wird. Nach der Erfassung aller Orgeln in Österreich wird diese Datenbank mehr als 6.000 Instrumente umfassen – eine beeindruckende Zahl.

Viel Zeit und Kraft verlangte dieses Projekt dem Team der Orgelforschung in den letzten Jahren ab – und auch künftig gibt es viel zu tun: Bei aller Freude über das bereits vorhandene Material zum Orgelbau in Österreich darf nicht unerwähnt bleiben, dass es für eine flächendeckende Ersterfassung aller Instrumente in Österreich noch viel zu erforschen und aufzuarbeiten gibt. Ein wichtiges Ziel ist die Fertigstellung der Datenbank zum österreichischen Orgelbau, auch wenn dies mit den sehr knappen personellen und finanziellen Ressourcen nicht einfach zu erreichen ist.

(Inter-)Nationale Kontakte und Kooperationen

Der Orgelbau in Österreich in seiner historischen Dimension kann nur durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten – Orgelbauer_innen, Orgelreferent_innen, Organist_innen sowie Orgelliebhaber_innen – weiterhin gut dokumentiert und fortgeführt werden. So beheimatet das Zentrum für Orgelforschung seit 2004 auch das Österreichische Orgelforum. Die enge Kooperation zwischen beiden Einrichtungen sorgt dabei für wertvolle Synergien. Ein großes Anliegen ist daher auch die Pflege und Intensivierung von Kontakten zu nationalen und internationalen Institutionen – von Goteborg Organ Art Center (GOArt) bis zur International Association for Organ Documentation (IAOD) – sowie die Mithilfe am Aufbau von Orgelforschungsgremien in den neuen EU-Staaten.

Praxisorientierte und interdisziplinäre Angebote für Studierende

Ziel ist es, die Studierenden zum wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Orgelforschung zu animieren und den Praxisbezug zum Orgelbau selbst zu intensivieren. Es werden auch regelmäßig Lehrveranstaltungen zu Orgelbau und Orgelkunde angeboten. Exkursionen zu Orgelbauer_innen, Pfeifenmachern_innen und bedeutenden Instrumenten in Wien und Umgebung sowie Seminaren zur Orgelpflege ermöglichen den Orgel- und Kirchenmusikstudierenden an der mdw einen praxisorientierten Zugang zu diesem Fach. Einsichten in orgelbautechnische Details erschließen den Organist_innen neue Erkenntnisse, die sich auch nachhaltig auf die Interpretation von Orgelwerken auswirken. Die Verbindung von Orgelbau und Orgelspiel wird so stärker ins Bewusstsein gerückt.

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