Das Future Art Lab am Universitätscampus bietet vielfältige technische Möglichkeiten. Institutsleiter erzählen, wie es ihnen mit dem Neubau geht. Und wie der Umzug läuft, der gerade noch voll im Gange ist.

Wehmut gehört zu jedem Neuanfang. „Die roten Türen werden mir schon fehlen“, gesteht Christopher Hinterhuber, Leiter des Instituts für Konzertfach Klavier, das lange in der Lothringerstraße untergebracht war, dort, wo auch das Akademietheater seinen Platz hat. Tausende von heute berühmten Musiker_innen wurden hier seit 1913 ausgebildet, seit 1922 teilte man sich mit dem Theaterbetrieb die Kantine, hatte eine lange gemeinsame Geschichte. Dort konnte man immer wieder Größen wie die Literaturnobelpreisträger_innen Peter Handke und Elfriede Jelinek antreffen. Letztere kennt der Pianist auch von der Premierenfeier zu Michael Hanekes Romanverfilmung Die Klavierspielerin (2001), in der er mitgespielt hat. „Man sieht meine Hände am Klavier, der Hauptdarsteller konnte ja nicht spielen“, erinnert sich Hinterhuber, der sich aber nun auf die neuen Räume am Campus der mdw freut.

Das kürzlich fertiggestellte Future Art Lab ist wesentlich moderner, es bietet akustisch und technisch vielfältige Möglichkeiten. „Der Bau ist gleichermaßen funktional und schön, ich war schon ein paar Mal dort und habe mich sehr wohl gefühlt“, sagt Hinterhuber. „Und die Akustik des neuen Konzertsaals ist extrem beeindruckend.“ Errichtet wurde das Future Art Lab, das eine Nutzungsfläche von rund 3.800 m2 hat, vom Wiener Architekturbüro Pichler & Traupmann, mit dem Untergeschoss hat man vier Stöcke zur Verfügung. Vier Unterrichtsbereiche ziehen gerade ein: die Kammermusik vom Joseph Haydn Institut, das Institut für Konzertfach Klavier und das Institut für Komposition, Elektroakustik und Tonmeister_innen-Ausbildung mit den großvolumigen Sälen, dem Klangtheater und dem Aufnahmesaal, die im Untergeschoss angesiedelt sind. Im ersten Obergeschoss finden sich die Räume der Filmakademie Wien sowie eine großzügige Terrasse.

V. l. n. r.: Danny Krausz, Leonhard Paul, Oliver Kunz, Christopher Hinterhuber, Johannes Kretz © Stephan Polzer

„Für uns wird das sogenannte Klangtheater ein sehr interessanter Aufführungsraum sein, der den Möglichkeiten von zeitgemäßer elektronischer Musik und Multimedia besonders gerecht wird. Es werden dort sehr viele Lautsprecher auf verschiedenen Ebenen angeordnet sein, um dreidimensionale Klangbilder zu erzeugen“, sagt Johannes Kretz, Leiter des Instituts für Komposition, Elektroakustik und Tonmeister_innen-Ausbildung. Die Infrastruktur für Filmton (ein spezielles Filmtonstudio, ein Geräuschemacher-Raum und das Arthouse-Kino) sei ideal für Synergien mit der Filmakademie, betont Kretz: „Gerade der Filmtonbereich kann jetzt verstärkt mit der Medienkomposition kooperieren, es gibt mehrere vernetzte Studios, in denen gemeinsam an Projekten gearbeitet werden kann.“

Das kann Danny Krausz, Leiter der Filmakademie Wien, nur bestätigen: „Der gesamte Produktionsablauf ist jetzt besser planbar, organisatorisch macht der Umzug auf die Dauer vieles leichter.“ Oliver Kunz, stellvertretender Institutsleiter, erklärt den sogenannten Foleyraum, in dem Geräusche für Filme nachträglich aufgenommen werden. „Der neue Foleyraum hat zum Beispiel sechs unterschiedliche Fußböden: von knarrenden Holzdielen bis zu Kieselsteinen. Zudem gibt es Wasserbecken, in denen man Sounds erzeugen und aufnehmen kann.“

Neben Lehrstudios, Schnitträumen, Übungssälen und sonstigen Institutsräumen soll das Gebäude aber nicht nur universitätsintern genutzt werden. So befindet sich ein multifunktionaler Kinosaal der Filmakademie im Erdgeschoss, wo es Filmpremieren geben wird und Veranstaltungen, für die man bisher externe Kinos anmieten musste. Gleichzeitig wird dieser Kinosaal aber auch in der Ausbildung wichtig werden, betont Kunz: „Es ist ein idealer Arbeitsraum für Studierende, wenn sie die Bildfertigstellung beziehungsweise das Color Grading ihrer Filme durchführen oder die Filmtonmischungen finalisieren. Früher waren diese Tätigkeiten an Kopierwerke und Tonstudios ausgelagert, mit der Digitalisierung und den damit verbundenen Möglichkeiten werden diese Arbeitsschritte heute oft von den Studierenden selbst und im Rahmen von Lehrveranstaltungen durchgeführt.“ Aber auch für den Unterricht ist das neue Haus ein Sprung nach vorne, ergänzt Danny Krausz: „Vorher hatten wir für Filmvorführungen nur Seminarräume, in denen wir Filme besprochen haben, das war in Sachen Vorführtechnik immer ein Kompromiss. Jetzt haben wir ein eigenes Kino mit modernster Technik, das ist eine enorme Verbesserung.“

Auch die Aufnahmestudios sind ein Upgrade, wie Johannes Kretz erzählt: „Bis jetzt waren wir im Grunde in einem Wohnhaus untergebracht, das seit den 1980er-Jahren schrittweise adaptiert wurde. Jetzt gibt es ein speziell auf Tonstudios entwickeltes Gebäude, teilweise mit Raum-in-Raum-Konstruktionen, die extrem schalldicht sind. Das heißt, in einem Raum kann eine Solovioline aufgenommen werden, im anderen eine Big Band, ohne sich klanglich in die Quere zu kommen.“ Kretz ist davon überzeugt, dass es sich bei dem Future Art Lab um ein „attraktives und öffentlichkeitswirksames Gebäude handelt, um multimediale Werke in einem breiten Spektrum zu präsentieren“. Die Aufführungsräume dieses in Österreich einzigartigen Gebäudes werden auch über die mdw hinaus durch Gastspiele und Kooperationen besondere Strahlkraft haben.

„Die Klaviere sind schon dort und nun kann der Unterricht beginnen“, sagt Leonhard Paul, Leiter des Joseph Haydn Instituts für Kammermusik und Neue Musik. „Jetzt muss nur mehr die Frage geklärt werden, wie der Unterricht coronabedingt im Wintersemester aussehen wird.“ Paul weiß aus seiner Erfahrung als Musiker, dass ein Universitätscampus viele Vorteile bringt. „Ich kenne das von meinen Konzertreisen mit Mnozil Brass aus Amerika. So groß der Campus auch sein mag, man hat trotzdem immer das Gefühl, er ist ein in sich gekehrtes Dorf. Man ist quasi eine Familie, durch diese Nähe entstehen viele Möglichkeiten.“ Alles liegt in direkter Reichweite, die verschiedenen Institute, die Bibliothek, nicht zuletzt die Kantine. Zufällige Begegnungen prägen den Alltag, man kennt einander oder lernt einander schnell kennen. „Ich bin überzeugt, dass durch dieses neue Gebäude am Campus auch ein neuer Esprit entsteht. Es wird an uns allen liegen, dem Namen Future Art Lab gerecht zu werden. Dass uns das gelingen wird, steht für mich außer Zweifel.“

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