Kollisionsmodellierung
Die physikalische Modellierung von Musikinstrumenten beinhaltet die Untersuchung nichtlinearer Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Teilen des Instruments. Diese Wechselwirkungen können erhebliche Herausforderungen in Bezug auf die Genauigkeit und Stabilität numerischer Algorithmen mit sich bringen.
Insbesondere dann, wenn die zugrunde liegenden Kräfte nicht-analytische Funktionen der Phasenraumvariablen sind, lässt sich ein Stabilitätsbeweis nur in eingeschränkten Fällen führen. Kürzlich wurde von den Autoren ein Ansatz vorgestellt, der bedingt stabile Simulationen für konzentrierte (lumped) Kollisionsmodelle ermöglicht. In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass die Diskretisierung der Hamilton-Gleichungen – anstelle der üblichen Newtonschen Bewegungsgleichungen – zu einem numerischen Schema führt, das energieerhaltend ist und somit Stabilität garantiert.
In der vorliegenden Studie wird dieser Ansatz auf Kollisionen verteilter Objekte erweitert. Untersucht wird dabei die Wechselwirkung einer idealen Saite mit einer flachen Barriere. Das Problem wird im Rahmen der Hamiltonschen Formulierung beschrieben und anschließend diskretisiert. Die resultierende nichtlineare Matrixgleichung besitzt eine eindeutige Lösung, die die Aktualisierung des Algorithmus ermöglicht. Der Energieerhalt – und damit die numerische Stabilität – ergibt sich auf ähnliche Weise wie beim konzentrierten Kollisionsmodell.
Da für diese Wechselwirkung eine analytische Beschreibung existiert, kann die Genauigkeit des Modells überprüft werden. Die vorgeschlagene Methodik ist insbesondere für Anwendungen der Klangsynthese relevant, bei denen Kollisionen in Musikinstrumenten auftreten – sowohl in lokal begrenzten Bereichen (z. B. Hammer-Saiten-Interaktion, Schlegelaufprall) als auch in verteilten Regionen (z. B. Saiten-Steg- oder Rohrblatt-Mundstück-Interaktion).
Animationen
Nachfolgend sind einige Beispiele dargestellt, die mit dem vorgeschlagenen numerischen Modell erzeugt wurden. Der grau schattierte Bereich kennzeichnet dabei die Barriere. Außerdem werden eine Balken-Tisch-Kollision sowie die Interaktion einer Saite mit einer unregelmäßigen Barriere gezeigt.
Eine flexible Saite, die durch ein flaches Hindernis begrenzt ist, im Vergleich zu einer frei schwingenden Saite:

Eine steife Saite, die auf ein gekrümmtes Hindernis prallt:

Ein Kragbalken, der mit einer flachen Tischoberfläche kollidiert:

Eine Saite, die auf den Fußball World Cup aufprallt:

Literatur
V. Chatziioannou and M. van Walstijn. Energy conserving schemes for the simulation of musical instrument contact dynamics. Journal of Sound and Vibration, 339:262–279, (2015).

M. van Walstijn and V. Chatziioannou. Numerical simulation of tanpura string vibrations. In Proc. Int. Symp. Musical Acoustics, pages 609–614, Le Mans, (2014).
