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Felber: Travelling Gestures

4.2 Vermittelnde Instanzen. Wer spricht?

Wenn sich Jelineks Theatertexte seit Das Lebewohl grundsätzlich immer mehr vom aristotelischen Paradigma des klassischen Dramenaufbaus gelöst haben, so markiert Schnee Weiß eine diesbezügliche Ausnahme. Der Text präsentiert sich nicht als durchgängige Textfläche, sondern orientiert sich (wieder) an der Drei‐Akt‐Struktur. Der letzte dieser drei Akte trägt den Titel Epilieren im Himmel und ruft dadurch einen weiteren dramatischen Intertext auf, an …

4.1 Schnee Weiß

Schnee Weiß entstand im Kontext der #MeToo‐Debatte, die im Herbst 2017 als Antwort auf die zahlreichen Missbrauchsvorwürfe gegen den US‑amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein ins Leben gerufen worden war. Wenige Tage nach Publikwerden dieser Vorwürfe wandte sich die ehemalige Skirennläuferin Nicola Werdenigg an die Tageszeitung Der Standard und gab Aussagen zu Protokoll, die die Alpenrepublik Österreich nachhaltig erschüttern sollten. In einem …

4 Die Bakchen im Skizirkus. Posttraumatische (Text‑)Körper

Da stehst na und schaugst allweil dümmer und hast in der Hand deine Trümmer: Drei Brettl, a gführiger Schnee, o weh Da hast jetzt dei höchste Idee. Otto Sirl In ihrer Studie Das Drama des Prekären schlägt die Theaterwissenschafterin Katharina Pewny vor, Theatertexten und (Tanz‑)Performances des 20. und des beginnenden 21. Jahrhunderts, die sich »[j]enseits vermittelbarer Erfahrungen und Effekte der …

3.5 Schiffbruch mit Zuschauer*in

Einen anderen Zugang als Nicolas Stemann, der in seinen Jelinek‐Inszenierungen bekanntlich stets mit opulenten, wirkmächtigen Bildern laboriert, wählte Michael Thalheimer für die österreichische Erstaufführung der Schutzbefohlenen am Wiener Burgtheater. In einem Interview vor Probenbeginn äußerte sich der Regisseur wie folgt: »Ich habe keine Lust auf eine Liveband oder auf Videoeinspielungen. Ich bleibe da puristisch. Der Weg, den ich mit meiner …

3.4 Gesten alterisierender Nostrifizierung

Viele Theatermacher*innen, die sich Jelineks Theatertext Die Schutzbefohlenen bislang angenommen haben, fassen das darin auftretende Wir als Chorfigur auf, die es mit »authentischen« Refugees zu besetzen gelte. So erarbeitete etwa das Künstlerkollektiv »Die schweigende Mehrheit sagt JA!« ihre Performance Schutzbefohlene performen Jelineks Die Schutzbefohlenen (Regie: Bernhard Dechant, Tina Leisch) mit Asylwerber*innen der Aufnahmestelle Traiskirchen. Die Erfahrungen dieses kollaborativen Probenprozesses flossen …

3.3 Who’s who? Zur Performativität von Zugehörigkeit

Jelineks Theatertext Die Schutzbefohlenen entsteht zu einer Zeit, in der sich Formen des verkörperten Protests rund um den Erdball im Vormarsch befinden. Phänomene wie die unter der Bezeichnung Arabischer Frühling subsumierten Aufstände in der Arabischen Welt oder die 2011 einsetzende Bewegung Occupy Wall Street zeugen von einem (wieder) aufflammenden globalen Interesse an organisierten Straßen‐ und Platzprotesten, das nach wie vor …

3.2 Eigenartig andersartig

An wen aber richten die Danaiden ihr zwischen Klage und Hikesiegebet schwankendes Gesuch? Wer steht ihnen gegenüber? Die Adressierung mit dieser Frage offenbart einen weiteren dramaturgischen Eingriff, den Aischylos in Bezug auf den Mythos vornimmt. Der Dichter erweitert die Personenkonstellation um König Pelasgos und installiert dadurch eine Figur, die aus tragödientheoretischer Sicht eine einzigartige Funktion einnimmt: Pelasgos ist nur technisch …

3.1 In Between

Den Tausenden Zusehenden, die der Uraufführung der Hiketiden (zwischen 465 und 459 v. Chr.) im Dionysostheater beigewohnt haben mussten, durfte der Danaiden‐Mythos, den Aischylos in dieser Tragödie verarbeitet hatte, mit ziemlicher Sicherheit bekannt gewesen sein. Nahelegende Hinweise darauf finden wir u.a. im nachhomerischen Epos Danais, im Frauen‐Katalog des Hesiod und bei Hekataios.9 Wenngleich die fragmentarisch überlieferten Versionen voneinander differieren, so ist …

3 Gesten im Dazwischen. Von der Unmöglichkeit des Wir

No »we« should be taken for granted when the subject is looking at other people’s pain. Susan Sontag Sechs Personen sitzen an der Längsseite einer Tafel, das Szenario wirkt improvisiert: Grablichter, handgeschriebene Namensschilder, Mikrofone mit Windschutzaufsatz in unterschiedlichen Farbschattierungen, ein Banner mit der Aufschrift 13 Days on Hungerstrike. Im Hintergrund zeichnet sich das Zimborium eines Hochaltars mit Heilandsfigur und vier …

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