Nach mehr als einem Jahrzehnt praktischer Arbeit im Bereich der Geschlechtergleichstellung und der Jugendbeteiligung im Bereich des kulturellen Leben in Serbien habe ich zu Beginn dieses Jahres meine Doktorarbeit an der Fakultät für Darstellend Kunst der Universität der Künste in Belgrad verteidigt. In meiner Forschung habe ich verschiedene Methoden angewandt, die insgesamt als ein Ansatz der feministischen kritischen Politikanalyse verstanden werden können, um zu untersuchen, wie sich patriarchale Strukturen in der zeitgenössischen Kulturpolitik Serbiens manifestieren.
Seit Jahrzehnten existiert eine umfangreiche feministische (aber nicht nur) Analyse von Geschlechterfragen in verschiedenen künstlerischen Disziplinen des postjugoslawischen Raums, auf die meine Dissertation aufbaute. Darüber hinaus dienten Initiativen zu diesen Themen in Österreich – einschließlich jener an der mdw – als wertvolle Inspirationsquelle während meiner Forschung. Zudem standen aufgrund der Arbeit serbischer Jugendorganisationen und Jugendarbeiter_innen wichtige Daten zur Verfügung.
Der Schwerpunkt der Dissertation liegt jedoch auf der Analyse der Instrumente der nationalen und lokalen Kulturpolitik – darunter Gesetze, internationale Übereinkommen und deren Umsetzung, strategische Pläne und Aktionspläne, Formen der öffentlichen Finanzierung, die Verwaltung öffentlicher Räume, das Personalmanagement in öffentlichen Kultureinrichtungen sowie die Ausbildung von Kulturschaffenden u. a. Obwohl Geschlechtergleichstellung und Jugendbeteiligung in strategischen kulturpolitischen Dokumenten als zentrale Werte und wichtige Prioritäten anerkannt werden, sieht die Realität in der Umsetzung ganz anders aus.
Die Forschung bestätigte die postulierten Hypothesen weitgehend. Es gibt keine geschlechtsneutrale Kulturpolitik, und viele Maßnahmen, die wesentlich zur Förderung der Geschlechter- und Altersgleichstellung im Kulturbereich in Serbien beitragen könnten – und in EU-Ländern oder Nachbarstaaten bereits existieren – sind entweder nicht vorgeschrieben oder werden nicht umgesetzt, zumindest nicht in angemessener Weise. Ein echter Dialog mit Frauen- und Jugendbewegungen findet nicht statt; stattdessen konzentrieren sich Entscheidungsträger_innen auf die Erfüllung minimaler formaler Anforderungen. Trotz einzelner Initiativen sowie zahlreicher Empfehlungen haben die Maßnahmen und Strategieansätze im serbischen Kulturbereich in den letzten Jahren diesbezüglich keine tiefgreifende Transformation erfahren.
Die internationale Veranstaltung Machtkritik in den Künsten, die das Institut für Kulturmanagement und Gender Studies 2024 in Zusammenarbeit mit mehreren weiteren mdw-Instituten, aber auch externen lokalen und internationalen Organisationen, Institutionen und Einzelpersonen organisiert hat, behandelte genau diese und einige weitere Praktiken von Machtasymmetrien und Machtmissbrauch im internationalen Kulturbereich. Derzeit liegt mein Fokus darauf, gemeinsam mit Özlem Canyürek und Lisa Gaupp eine internationale Publikation herauszugeben, in der wir mit Unterstützung des mdw-Verlags eine Sammlung interessanter und vielfältiger wissenschaftlicher und künstlerischer Beiträge erstellen werden, die unterschiedliche Aspekte dieser Themen widerspiegeln.
In der Zwischenzeit hat eine landesweite Protestwelle gegen Gewalt und Korruption sowie für Transparenz und Rechtsstaatlichkeit – die zum Großteil von jungen Menschen und insbesondere von Kunststudierenden initiiert wurde – der breiteren Gesellschaft Serbiens die Bedeutung der Reflexion und Stärkung der Jugendbeteiligung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens vor Augen geführt. Dies schließt auch die Einbeziehung junger Menschen und unterschiedlicher sozialer Gruppen in kulturpolitische Entscheidungsprozesse ein, was mittlerweile zu einem der relevantesten Themen der serbischen Kulturszene geworden ist.
