Wenn Musiker_innen beim Streichinstrument mit dem Bogen ansetzen, verlassen sie sich auf ihre Spieltechnik und Intuition, um den gewünschten Klang zu erzeugen. Aber was genau bestimmt die Grenzen der Spielbarkeit und die Qualität des Klangs? Welche Faktoren beeinflussen die Saitenschwingung, und welche dieser Faktoren hängen von der Technik der Spielenden ab und welche von der Saite selbst? Das sind die zentralen Fragen, die ich im Rahmen meiner Doktorarbeit am Institut für musikalische Akustik – Wiener Klangstil der mdw beleuchte.

Um diesen Forschungsfragen auf den Grund zu gehen, habe ich einen streng kontrollierten Versuchsaufbau genutzt, bei dem eine auf einem Monochord befestigte Cellosaite von einem Roboterarm gespielt wurde. Dieses System konnte die Bogenkraft, Strichgeschwindigkeit, Strichbeschleunigung und Bogenposition präzise variieren, sodass Tausende von Wiederholungen unter streng überwachten Bedingungen möglich waren. Das Hauptziel bestand darin, darzustellen, wie sich die Schwingungsmuster der Saite je nachdem, wie sie gestrichen wird, verhalten. Mit diesem Versuchsaufbau habe ich hochauflösende Versionen von zwei klassischen Visualisierungshilfen aus der Streichinstrumentenforschung erstellt: das Schelleng-Diagramm (für gleichmäßigen Ton) und das Guettler-Diagramm (für Ansatz). Die Diagramme veranschaulichen die verschiedenen Arten, wie die Saite schwingen kann – wie z. B. die gleichmäßige Helmholtz-Bewegung, sogenannte Double Slips und rauschende, instabile Verhaltensweisen wie raue Bewegungen. Diese Diagramme zeigen auch, wie lange es dauert, bis sich eine Saite nach dem ersten Kontakt mit dem Bogen in eine gleichmäßige Schwingung „einpendelt“. Dies hilft uns zu verstehen, wie schnell die Saite reagiert und wie leicht sie einen sauberen, klaren Klang erzeugt. Ich denke, dass meine Forschung einen Beitrag zu diesem Bereich leistet, in dem experimentelle Daten noch begrenzt vorhanden sind.

Ich habe theoretische Modelle getestet und verfeinert, die die Bedingungen für sogenannte „perfekte Ansätze“ (die vom ersten Moment an einen klaren Klang erzeugen) definieren. Darüber hinaus habe ich auch verglichen, wie verschiedene Saitentypen beim Bogenansatz reagieren, und dabei messbare Unterschiede in der Spielbarkeit und Reaktionsfähigkeit festgestellt. Unter Verwendung gleichmäßiger, détaché-ähnlicher Striche, habe ich eine detaillierte Analyse der Saitenschwingung unter einer Vielzahl von Strichbedingungen durchgeführt – darunter durchaus auch extreme Bedingungen. Meine Ergebnisse bestätigen einige Muster, die in früheren Studien beobachtet werden konnten, und zeigen gleichzeitig neue Verhaltensweisen auf. Ich verglich die Leistung verschiedener Saitentypen, um festzustellen, welche leichter zu spielen waren und einen volleren oder helleren Klang erzeugten. Während die Unterschiede zwischen den Saiten in den Daten deutlich sichtbar sind, bleibt es schwierig, exakt zu isolieren, welche mechanischen Eigenschaften für diese Unterschiede verantwortlich sind.

Ein vielversprechender nächster Schritt wäre es, dasselbe Forschungssetup zu verwenden, um reale Spielgesten noch präziser nachzustellen. Dies könnte uns zu verstehen helfen, wie sich bestimmte Bogentechniken auf den Klang auswirken und warum Musiker_innen bestimmte Gesten „spielbarer“ erscheinen.

Diese Forschung wurde ganz oder teilweise vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) [10.55776/P34852] finanziert.

Literaturverweise:

Lampis, Alessio, Alexander Mayer, and Vasileios Chatziioannou. „Assessing playability limits of bowed-string transients using experimental measurements.“ Acta Acustica 8 (2024): 44. (https://doi.org/10.1051/aacus/2024034)

Lampis, Alessio, Alexander Mayer, and Vasileios Chatziioannou. „An experimental approach for comparing the influence of cello string type on bowed attack response.“ JASA 3) Express Letters 4.11 (2024). (https://doi.org/10.1121/10.0034330)

Lampis, Alessio, et al. „Examination of the static and dynamic bridge force components of a bowed string.“ Proceedings of Meetings on Acoustics. Vol. 51. No. 1. Acoustical Society of America, 2023. (https://doi.org/10.1121/2.0001755)

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