Sieben Blätter und ein Stein. Das Märchen von Märchen. Wei-Ya Lin (Hg.) Verlag Bibliothek der Provinz, 2017, 81 S., 2 CDs (Hörbuch + Musik)

Sieben Blätter und ein Stein
©Verlag Bibliothek der Provinz

Ein Bilder- und Hörbuch für Kinder und Erwachsene? Ein ungewöhnliches Forschungsprodukt? Oder eine Sammlung musikalischer Reisedokumente? Wei-Ya Lins Sieben Blätter und ein Stein lässt sich nur schwer einer Publikationsform zuordnen oder gar einer ganz bestimmten Zielgruppe ans Herz legen. Das Buch versucht einen weiten Spagat – und schafft ihn. Bei längerer Betrachtung erscheint es der Rezensentin geradezu zwingend, bei der Sache, um die es geht, auch ein entsprechend hybrides Format anzubieten: Eine Art literarisch-wissenschaftlich-ethnomusikologisch-bildstarker Mischling liegt uns vor.

Die Sache: Transkulturalität, genauer: Lebens- und Musikwelten von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Wiens drittem Bezirk. Wei-Ya Lin und Hande Saglam haben mit den SchülerInnen der Volksschule Kleistgasse und der Neuen Mittelschule Kölblgasse ein partizipatives Schulforschungsprojekt durchgeführt, in dem sich die jungen Menschen mit Musiken ihrer Herkunftsfamilien beschäftigten. Die Musiken wurden gemeinsam mit Studierenden der Instrumentalmusikpädagogik „gehoben“ und auf vielfältige Weisen zum Thema gemacht. Solche partizipativen Forschungsformate suchen immer auch nach Formaten der Ergebnispräsentation, die alle Mitforschenden einbeziehen, ansprechen und zu AkteurInnen machen.

Das (Hör-)Buch: Vor uns liegt folgerichtig ein Buch, in dem – wie Wei-Ya Lin in ihrem Nachwort ausführt – „(j)eder Schüler und jede Schülerin (…) eine der sieben Hauptfiguren der Geschichte Sieben Blätter und ein Stein sein (könnte)“. Es ist ein Buch mit großer Nähe zu Michael Endes fantastischem Bildungsroman Die unendliche Geschichte (in dem Bastian Balthasar Bux zwischen Schule und Fantasiewelt seine Reifung erlebt, so wie im vorliegenden Buch die sieben Hauptfiguren). Dieses Buch speist seine Stoffe aus vielerlei Märchenquellen (Das Märchen von Märchen), es gießt die Herkunftssprachen der Kinder in Harry-Potter-Manier gekonnt in Zaubersprüche, um böse Drachen zu vernichten, und enthält zur Illustration Zeichnungen der am Projekt mitwirkenden Kinder. Nicht zuletzt bietet das Buch auch gleich seine eigene Hörbuchversion an sowie alle Noten der vorkommenden Musikstücke mit Hintergrundinformationen und Denkanstößen für die LeserInnen.

Die Musikstücke: Als größten Schatz in Sieben Blätter und ein Stein würde ich jedoch die Musikstücke bezeichnen. Wer Kinder hat, wird die mit immenser musikalischer wie ethnomusikologischer Sorgfalt produzierten Musikstücke aus dem Balkan und der arabischen Region zu schätzen wissen. Selten genug finden sich solche Preziosen in Kinder- und Jugendbüchern. Musikstücke, die unsere Ohren für die Herkunftsmusik und transkulturell vermischte Musik junger WienerInnen zu öffnen vermögen!

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