Institutionelle Perspektiven, globale Herausforderungen, innovative Ansätze

Zukunft Hochschulbildung
©Marcell Nimführ

Am 7. Juni 2017 trafen sich RektorInnen und VizerektorInnen international renommierter Universitäten und Hochschulen für Musik und darstellende Kunst aus ganz Europa, Asien und Nordamerika im Rahmen eines Symposions über Die Zukunft der Hochschulbildung in der Musik und darstellenden Kunst. Die Veranstaltung fand im Rahmen des 200-Jahr-Jubiläums der mdw statt. In Zeiten rapiden wirtschaftlichen, sozialen, politischen und technologischen Wandels sind Hochschulen mit einer Vielzahl gemeinsamer Herausforderungen konfrontiert. Diese betreffen den zunehmend wettbewerbsorientierten Bildungsmarkt ebenso wie lokale kultur- und bildungspolitische Bedingungen sowie die zukünftigen Arbeitsumfelder der AbsolventInnen im Kulturbereich und in der Kreativwirtschaft.

Neben Rektorin Ulrike Sych, die die mdw repräsentierte, setzte sich das Panel aus folgenden hochkarätigen Sprechern zusammen: Yu Feng (Präsident, Central Conservatory of Music, Peking), Jonathan Freeman-Attwood (Direktor, Royal Academy of Music, London), James Gandre (Präsident, Manhattan School of Music, New York), Jari Perkiömäki (Rektor, University of the Arts Helsinki), Gyula Fekete (Vizerektor für Forschung und innere Angelegenheiten, Liszt Ferenc Academy of Music, Budapest), Sangjick Jun (Rektor, Seoul National University, College of Music), Martin Rennert (Präsident, Universität der Künste Berlin), Jamal Rossi (Dekan, Eastman School of Music, Rochester) und Konstantin Zenkin (Vizerektor für wissenschaftliche Angelegenheiten, Moscow Tchaikovsky Conservatory). Auf jedes Panel folgte eine Diskussion mit einem fachkundigen Publikum von etwa 130 Personen. In drei Panels – Positionierung im globalen Kontext (Moderation: Barbara Boisits, Universität für Musik und darstellende Kunst Graz), Pädagogische Modelle und gesellschaftliche Herausforderungen (Moderation: Stefan Gies, AEC) und Karrieren und Arbeitsfelder für MusikerInnen/KünstlerInnen (Moderation: Johannes Meissl, mdw) – beleuchteten die DiskussionsteilnehmerInnen und das Publikum institutionelle Perspektiven, globale Herausforderungen und innovative Ansätze. Auch wenn sich die verschiedenen Ausrichtungen und Schwerpunktsetzungen der einzelnen Institutionen zum Teil stark unterschieden, herrschte ein starkes Bewusstsein darüber, dass die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nur mit gegenseitigem Respekt und Verständnis sowie durch gemeinsame Projekte und Auseinandersetzungen gemeistert werden können. Das gesamte Symposion war geprägt von einem offenen Diskussionsklima, gegenseitigem Interesse und der Bereitschaft, voneinander zu lernen.

Alle HochschulvertreterInnen waren sich darüber einig und teilten die dezidierte Überzeugung, dass die universelle und zentrale Kernaufgabe aller Bildungsinstitutionen im Streben nach und in der Gewährleistung allerhöchster Ansprüche in der künstlerischen Ausbildung auf internationalem Niveau besteht – in ihren alltäglichen Aktivitäten ebenso wie in der Entwicklung von Zukunftsstrategien.

Während äußere ökonomische und politische Faktoren unsere Institutionen zunehmend unter Druck setzen und sie zwingen, gegeneinander zu konkurrieren (nicht nur um die talentiertesten Studierenden, sondern auch um die zahlungskräftigsten), müssen sich Universitäten und Hochschulen auch durch besondere Ausbildungsprofile und Alleinstellungsmerkmale in verschiedenen Bereichen, von künstlerischer Forschung über digitales Lernen bis hin zur Vielfalt ihrer musikalischen Traditionen, voneinander unterscheiden und differenzieren.

Offenheit, Diversität, Zusammenarbeit und globaler Dialog auf Augenhöhe müssen zentrale Prinzipien all unserer Bestrebungen sein. Das wurde anhand von Kooperationsprojekten und Netzwerken auf regionaler, nationaler und globaler Ebene und institutionellen Schwerpunkten zu musikalischer Vielfalt und zu regionalen, traditionellen sowie anderen Musiktraditionen komplementär zur westlichen klassischen Kunstmusik veranschaulicht. Weitere Beispiele demonstrierten, dass die Einbeziehung von Lehrinhalten, die von Studierenden initiiert werden, Partizipation und Innovation fördern und dass Outreach-Programme und die Öffnung von Kursen und Lehrangeboten für weite Teile der Bevölkerung dabei helfen, Barrieren abzubauen. Die DiskussionsteilnehmerInnen teilten das grundsätzliche Anliegen, ihre Bildungseinrichtungen möglichst vielen jungen Menschen zugänglich zu machen und junge Talente aus allen sozialen Schichten von einem möglichst frühen Alter an anzusprechen.

Das weist auf die soziale Verantwortung hin, die Universitäten und Musikhochschulen tragen, und auf die Tatsache, dass sie sich den gesellschaftlichen Herausforderungen stellen müssen. In diesem Bereich können Programme für lebenslanges Lernen, Angebote für lokale und regionale Kooperationen, ehrenamtliches Engagement sowie weitere Aktionen, um die Institutionen nach außen zu öffnen und die Menschen für Kunst und Musik zu begeistern, einen wichtigen Beitrag leisten. Auch müssen zukünftige Strategien vermehrt darauf abzielen, dass Frauen stärker in institutionellen Führungspositionen vertreten sind. Darüber hinaus gilt es, in diesen Dialog in Zukunft auch Institutionen aus Lateinamerika, Afrika, Südasien und der arabischen Welt mit einzuschließen.

Lehren und Lernen, pädagogische Exzellenz und musikalische Frühförderung spielen eine zentrale Rolle. Angesichts der enormen Wichtigkeit und Bedeutung musikalischer Bildung für die zukünftige Entwicklung von Musikkultur, ist die bestehende Hierarchie zwischen künstlerischer Praxis und Lehre als nicht produktiv zu betrachten. Musikunterricht im Vorschulalter sowie während der Grund- und Sekundarschule erfordert nicht nur ein qualitativ hochwertiges Angebot und nachhaltige Zusammenarbeit, sondern es gilt, die Politik und EntscheidungsträgerInnen dafür zu sensibilisieren, dass Kunst- und Musikunterricht unabdingbare Voraussetzungen für eine vollwertige Allgemeinbildung sind, die keinem Kind vorenthalten werden darf. Neben den sogenannten sozialen und kognitiven Transfereffekten sollte hierbei der Wert künstlerischer Bildung an sich Motivation und treibende Kraft sein.

Die Studierenden stehen im Mittelpunkt all unseres Tuns. Sie müssen die bestmöglichen Voraussetzungen und die bestmögliche Ausbildung erhalten, um sich in einem Berufsfeld, das massiven Veränderungen unterliegt, sowohl professionell als auch persönlich nachhaltig entwickeln zu können. Das Phänomen der sogenannten Portfolio-Karrieren verlangt, dass Studierende in der Lage sind, ein sehr hohes Maß an Flexibilität in verschiedenen Bereichen und Kompetenzen aufzuweisen, unter anderem auch in der Beherrschung unterschiedlicher musikalischer Stilrichtungen. Künstlerische Exzellenz und eine vielseitige Ausbildung schließen einander nicht aus. Curricula müssen für Veränderungen und neue Ideen offen sein und sie müssen eine möglichst breite Ausbildung gewährleisten, die auch Raum für Reflexion und für die Entwicklung individueller Perspektiven und Kompetenzen bietet – einschließlich unternehmerischer, organisatorischer und sozialer Fähigkeiten. Angebote von außeruniversitären Einrichtungen wie etwa von Career Center und anderen institutionellen Initiativen können hier unterstützend wirken.

Wir hoffen, dass diese Zusammenfassung als Ausgangspunkt für einen vertieften und zunehmend breiten Dialog- und Kooperationsprozess dienen kann. All unsere Institutionen verfügen über verschiedene Erfahrungen und Stärken, die einander ergänzen und bereichern können. Lasst uns daher unsere Kräfte bündeln, um die Zukunft der Hochschulbildung in den Bereichen der Musik und der darstellende Kunst gemeinsam bestmöglich zu gestalten.

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