Damit sich Österreichs musikalische Zukunft im Orchesterbetrieb erproben kann, gibt es immer wieder sogenannte Jugend- und Nachwuchsorchester, die unter realen Bedingungen die Möglichkeit bieten, die Arbeit in einem Orchester über einen längeren Zeitraum hinweg kennenzulernen. Talentschmieden für zukünftige OrchestermusikerInnen sind beispielsweise das Wiener Jeunesse Orchester oder das Gustav Mahler Jugendorchester. An der mdw wurde vor Kurzem die Webern Kammerphilharmonie ins Leben gerufen, die als permanentes Angebot zum Berufseinstieg für angehende OrchestermusikerInnen zur Verfügung stehen soll.

Michael Lessky
Dirigent Michael Lessky ©Junge Philharmonie

Die Junge Philharmonie Wien bietet diese Möglichkeit seit 1997 erfolgreich an und diente dabei schon zahlreichen mdw-Studierenden als Basis für eine Karriere in einem Berufsorchester. Dem künstlerischen Leiter Michael Lessky, einem der Gründer, war es von Anfang an ein Anliegen, mit dem Orchester eine Verbindungstelle zwischen Ausbildung und dem Eintritt in ein Berufsorchester zu schaffen, erklärt er im Gespräch mit dem mdw-Magazin. Er selbst studierte Rechtswissenschaften, Kirchenmusik und Jazztheorie, ehe er mit 23 Jahren das Angebot seines Vaters Friedrich Lessky annahm, eine Messe zu dirigieren. Auf den Geschmack gekommen, war er schließlich sechs Jahre lang außerordentlicher Hörer in der Dirigierklasse von Karl Österreicher an der mdw. Durch die Arbeit seines Vaters am Wiener Musikgymnasium und durch Hospitanzen bei Claudio Abbado, konnte er viele Jahre erleben, was junge Leute nach der Ausbildung suchen, woraus schließlich die Idee entstand, ein gesamtösterreichisches Jugendorchester zu gründen.

Die Junge Philharmonie Wien bewegte sich von Beginn an am freien Markt, denn nur so lerne man, wie es später wirklich funktioniere. Recht rasch konnte das Orchester überzeugen, und berühmte Namen wie Agnes Baltsa oder Ildikó Raimondi ließen nicht lange auf sich warten, um Konzerte mit den jungen Talenten zu spielen oder CD-Aufnahmen zu machen. „Ich halte nicht viel davon, Leute zu früh in eine Rolle zu drängen, und glaube fest an das Entwicklungspotenzial junger Menschen“, so Lessky, der auch schon MusikerInnen von der Tätigkeit in einem Orchester abgeraten hat. „Nicht jede/jeder eignet sich dafür. Neben den musikalischen Fähigkeiten braucht man vor allem die richtige Einstellung.“

Junge Philharmonie
©Junge Philharmonie

Der Austausch mit den großen Institutionen funktioniere gut. Lehrende, wie beispielsweise Barbara Gisler-Haase von der mdw (derzeit Vizerektorin), schicken immer wieder Studierende zum Probespiel. Weltweite Engagements sprechen für die Qualität: Der 1983 geborene Geiger Marko Radonič, der bei Michael Frischenschlager und Johannes Meissl an der mdw studierte, war über fünf Jahre Konzertmeister bei der Jungen Philharmonie Wien, ehe es ihn nun zum Montenegrin Symphony Orchestra nach Montenegro verschlug. Alina Pinchas, die seit 2013 die 1. Violine bei den Wiener Philharmonikern spielt, war ebenfalls viele Jahre Konzertmeisterin unter Lessky und erhielt bereits früh Unterricht an der mdw, ehe sie in Graz Konzertfach Geige studierte. Auch der Cellist Stephan Koncz, der bereits als 8-Jähriger ein Studium an der mdw belegte, trat im Alter von 14 Jahren der Jungen Philharmonie Wien bei. Er konzertiert aktuell bei den Berliner Philharmonikern.

Seit 2011 studiert Sebastian Efler Schlagwerk an der mdw bei Josef Gumpinger und war bis zuletzt im Orchester aktiv. Er hat 2016 das Probespiel für Solo-Pauke mit Verpflichtung zum Schlagwerk im Hyogo Performing Arts Center Orchestra in Japan gewonnen. Das dritte Horn bei den Wiener Symphonikern spielt Markus Obmann, der 2009 sein Horn-Studium erfolgreich an der mdw abschloss. Es zeigt sich: Der Schritt vom Studium an der mdw, über das Nachwuchsorchester zum Einstieg ins Profiorchester, ist bei vielen erfolgreich gelungen.

Wichtig ist im Orchesterbetrieb vor allem die Kontinuität. „Man kann das Zusammenspiel nur lernen, wenn man das auch mehrere Jahre lang macht“, ist Lessky überzeugt. Das unterscheidet sein Orchester auch von vielen anderen Jugendorchestern: Die Mannschaft wechselt nicht jedes Jahr komplett und die MusikerInnen spielen etwa sechs Programme im Rahmen von bis zu zwölf Konzerten pro Jahr. Dabei wird ein breites Spektrum abgedeckt – von Symphonien, über die Begleitung von Vokal- und InstrumentalsolistInnen bis hin zu Opern und auch Jazz. Durchaus positiv blickt er in die Zukunft von Orchestern, sofern die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so sind, dass junge Leute im künstlerischen Bereich auf breiter Basis gefördert werden können und damit eine musikalische Vielfalt möglich ist.

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