Praxisreflexionen

 

Das Kulturvermittlungsprojekt "Kulturdorf Terra Vecchia"

Im Projekt «Kulturdorf für Junge» im Tessiner Bergdorf Terra Vecchia stehen während diversen Prozessstufen die Ko-Kreation von verschiedenen künstlerischen Disziplinen, von Profis und Nicht-Profis und von Menschen mit und ohne Fluchtbiographie  im Zentrum. Unter der Leitung der Musikvermittlerin Barbara Balba Weber haben divers zusammengesetzte Teams einen Raum geschaffen, in dem junge Menschen Songs produzieren und dadurch voneinander lernen können -  denn Lieder brauchen eine Story, Songtext, Sprachen, Rhythmus, Harmonie, Stimme, Bewegung und Performanz. Und Singen verbindet, steckt an, überträgt Botschaften, setzt kreative Kräfte frei und bringt Menschen mit unterschiedlichem Background spielerisch zusammen. Mit einem 2022 kollektiv geschaffenen Songbook möchten die "Storyteller von Terra Vecchia" Botschaften von Freundschaft, Zusammenhalt, Akzeptanz und Respekt vermitteln. Im Fokus stehen dabei Empathie gegenüber den Themen Emigration und Natur. 
 

Barbara Balba Weber

Barbara Balba Weber ist Musikerin, Musikvermittlerin, Dozentin und Autorin im Bereich künstlerische Musikvermittlung, Konzertkontext, Konzertformate und kulturelle Teilhabe. Als ausgebildete Solistin mit jahrelanger Bühnen-Erfahrung verfügt sie über ein profundes Wissen als Musikerin und umfangreiche Kenntnisse zu Zielgruppen-Spezifika und Akteuren klassischer und Neuer Musik. Von und mit ihr entstanden zahlreiche Produktionen für die Bühne – Performances, Auftragswerke und eigene Musik – viele davon unter Einbezug diverser gesellschaftlicher Gruppen. Barbara Balba Weber ist Leiterin des Bereichs Music in Context der Hochschule der Künste Bern, Leiterin des interkulturellen Projektes Kulturdorf für Junge in Terra Vecchia im Centovalli/Ticino und Autorin von Fachliteratur und musikalisch-literarischen Essays.

 

 

Musethika

Im Jahr 2012 wurde am Konservatorium von Saragossa das Projekt Musethica gestartet,das sich mittlerweile zu einem hoch aktiven Netzwerk mit Kooperationen in zahlreichen Ländern Europas und in Israel entwickelt hat. Der Hauptsitz der Organisation ist in Berlin, und es gibt für das ständig wachsende Projektbereits in zahlreichen Ländern eigenständige Vereine und Kooperationen mit Bildungsinstitutionen. Das Konzept ist bezwingend: Junge Musiker_innen brauchen für ihre künstlerische Entwicklung mehr professionelles Auftrittstraining, als das Studium bieten kann, und es gibt ein riesiges potenzielles Publikum, das aus den verschiedensten Gründen keinen Zugang zu erstklassigen Live-Aufführungen von klassischer Musik hat. Was liegt also näher, als diese beiden Bedürfnisse zu verbinden?
Bereits seit 2017 wurden von der mdw regelmäßig Musethica-Projekte durchgeführt, und seit 2019 wurden verschiedene Varianten der Integration von Musethica als Bestandteil des Studienangebots erprobt.
In meinem Vortragbeschreibe ich die Arbeitsweise der beteiligten Akteur_innen und die Bedeutung und das Potenzial von Musethica für eine zeitgemäße Ausbildung von Musiker_innen. Darüber hinaus gehe ich auf die künstlerischen und ethischen Leitlinien ein, die dem Projekt zu Grunde liegen.
 

Johannes Meissl

Johannes Meissl ist Professor für Kammermusik und seit Oktober 2019 Vizerektor für Internationales und Kunst. Davor leitete er seit 2010 das Joseph Haydn Instituts für Kammermusik, Alte Musik und Neue Musik und war von 2015 bis September 2019 Vorsitzender des Senats der mdw. Er ist künstlerischer Leiter der isa - Internationale Sommerakademie der mdw.
Johannes Meissl studierte an der mdw bei Wolfgang Schneiderhan, Gerhart Hetzel und Hatto Beyerle. Seit 1982 ist er Mitglied des Artis Quartett Wien, mit dem er regelmäßig international in berühmten Konzertsälen und bei bedeuteten Festivals auftritt. Zahlreiche Preise (Grand Prix du Disque, Diapason d'Or, Deutscher Schallplattenpreis etc.) für an die 40 Aufnahmen und ein seit 1988 erfolgreicher Konzertzyklus im Wiener Musikverein belegen den Rang des Ensembles. Johannes Meissl konzertiert darüber hinaus auch solistisch und im Rahmen verschiedenster Kammermusikprojekte.
Gemeinsam mit Hatto Beyerle leitet er die ECMA (European Chamber Music Academy) und unterrichtet weltweit bei zahlreichen Kursen und Sommerakademien. Derzeit hat Meissl auch eine Gastprofessur am Shanghai Conservatory of Music inne. In den letzten Jahren widmet sich Johannes Meissl auch erfolgreich dem Dirigieren und tritt regelmäßig mit verschiedenen Orchestern in Österreich, Japan, Bulgarien, Litauen, Polen, Finnland und Rumänien auf.

 

 

Neue Konzertformate und Musikvermittlung bei Stegreif - The Improvising Symphony Orchestra

Seit seiner Gründung zeichnet sich das Stegreif Orchester durch seine zukunftsweisende Aufführungspraxis von klassischer Musik aus. In ihrem Vortrag zu partizipativen Konzertformaten und musikvermittelnden Ansätzen bieten Lorenz Blaumer, künstlerischer Leiter, und Immanuel de Gilde, Projektleitung von #bechange, einen umfassenden Einblick in die aktuelle Arbeit des Orchesters. Die Begrifflichkeit der Musikvermittlung wird dabei als orchesterimmanenter Ausgangspunkt für eine detaillierte Betrachtung der musikvermittelnden Workshoparbeit mit heterogenen Teilnehmer*innen im Projekt #bechange, sowie der partizipativen Konzertformate in den unterschiedlichsten Aufführungsräumen verwendet. Anhand von aktuellen Beispielen gehen Lorenz Blaumer und Immanuel de Gilde sowohl auf die künstlerische Konzeption, die Realisation, als auch auf akute Problemstellungen ihrer Arbeit ein. 
 

Stegreif - The Improvising Symphony Orchestra 

Ziel von Stegreif - The Improvising Symphony Orchestra ist es, neue Wege aufzuzeigen, wie ein zeitgenössisches Orchester heute aussehen kann: genreübergreifende Musiker*innen spielen ohne Noten, ohne Dirigenten, frei im Raum beweglich und improvisieren anhand freier Bearbeitungen über sinfonische Musik. Ihre radikalen Rekompositionen haben das Ziel, das geschätzte musikalische Erbe zukunftsfähig zu  verwandeln und mit zeitgenössischen Strömungen zu erweitern. Musikalische Spontanität und performative Intensität bieten dem Publikum, das ebenfalls frei beweglich den Raum mitgestaltet, ein neuartiges Konzerterlebnis. Mit diesen innovativen Konzertformaten begeistert es ein wachsendes Publikum unterschiedlicher Altersklassen und Zielgruppen.
Seit der Gründung des Orchesters im Jahre 2015 wurde jedes Jahr mindestens ein neues Konzertprogramm erarbeitet und bei renommierten Veranstaltern, wie der Berliner Philharmonie, dem Konzerthaus Berlin, der Elbphilharmonie Hamburg, der Alten Oper Frankfurt, dem Radialsystem Berlin oder dem FUSION Festival gezeigt.
Daneben wurden strukturiert Musikvermittlungskonzepte aufgebaut. Das Orchester gibt regelmäßig Workshops, Kinder-Konzerte und hat mehrfach mit Laien oder Jugendlichen gemeinsame Konzertprogramme entwickelt.