Max-Reinhardt-Seminar-Absolventin Anna Marboe über ihre Musik und ihr Theater

Anna Marboe, geboren 1996 in Wien, ist Theaterregisseurin und Musikerin. Am Max Reinhardt Seminar hat sie Regie studiert und 2019 ihr Studium abgeschlossen. Sie inszenierte bereits am Schauspielhaus Wien, am Landestheater Niederösterreich und am Wiener Volkstheater in den Bezirken. Darüber hinaus veröffentlichte sie im Herbst 2019 ihr erstes Album. Mit dem mdw-Magazin sprach die vielseitige Künstlerin über ihren Werdegang und ihr Schaffen.

Der Weg zum Theaterregiestudium war für Anna Marboe ein eher zufälliger. „Ich wollte lange Schauspiel studieren und als ich mich für die Aufnahmeprüfung am Max Reinhardt Seminar anmelden wollte, habe ich entdeckt, dass es auch das Studienfach Regie gab“, erzählt sie.

Ihre Zeit am Max Reinhardt Seminar hat sie sehr genossen, vor allem die Anfangszeit, in der das Ausprobieren im Vordergrund stand. Zur gemeinsamen Ausbildung von Regie- und Schauspielstudierenden meint sie: „Dieses ,Seite-an-Seite-im-Dunkeln-Tappen‘ von Regie- und Schauspielstudierenden mit großen Gedanken und Visionen in ihren kleinen Köpfen erzeugte die schönsten und lehrreichsten Momente, weil man aneinander und miteinander lernt.“

Anna Marboe © Daniela Matejschek

Ihr Regiehandwerk hat sie in Produktionen für das Schauspielhaus Wien, mit Angstbeisser von Wilke Weermann oder Oh Schimmi von Teresa Präauer unter Beweis gestellt, ebenso für das Landestheater Niederösterreich mit Demian von Hermann Hesse, für das Volkstheater mit Die Reißleine von David Lindsay-Abaire und für das Landestheater Linz mit Gespräche mit Astronauten von Felicia Zeller. Über die Bedeutung von Theater sagt Anna Marboe: „Mich fasziniert das Erfinden von neuen Welten, die man sich bei jedem Stück überlegen kann, und die Freiheit, immer wieder neue Regeln und Realitäten erschaffen zu können, die mit dem Alltäglichen auf den ersten Blick wenig zu tun haben, aber deshalb nicht weniger real sind. Die Wirklichkeit als eine von vielen Möglichkeiten zu sehen, schafft eine große Freiheit, die das Theater für mich so besonders macht.“ Projekte, die sie reizen, sind jene, in denen sie sich mit Menschen innerhalb und außerhalb des Ensembles auseinandersetzt. „Oft bekommt man ein Stück oder einen Text und dann dreht und schraubt man an den Gedanken von anderen. Der Reiz des Theaters ist, dass es eine soziale Kunst ist, in der sich verschiedene Bereiche ergänzen, treffen und auch widersprechen.“ Gerne würde sie sich auch mit einem Projekt beschäftigen, zu dessen Beginn kein fertiger Text, sondern eine Frage oder eine Idee steht, der Regie und Ensemble dann gemeinsam auf den Grund gehen. „Dadurch wird das Ergebnis nicht das einzige Ziel, sondern der Prozess und die Beschäftigung mit einem Thema finden gleichwertig statt“, sagt die Regisseurin.

Die Kreativität der jungen Künstlerin ist aber nicht nur dem Theater gewidmet. Auch ihre Musikkarriere treibt sie voran. Bei einem Festival in Litschau hat sie Ernst Molden kennengelernt und ihm ein paar Lieder vorgespielt, wovon dieser sofort begeistert war. Ihr Debütalbum die oma hat die susi so geliebt hat sie unter dem Namen Anna Mabo bei Moldens Plattenlabel Bader Molden Recordings im September 2019 veröffentlicht. Sie spielt Gitarre und singt auf Deutsch. „Ich hab immer schon gerne Gedichte geschrieben. Als ich mit einem Gitarrenbuch meine ersten Akkorde gelernt habe, habe ich anfangs meine lyrischen Versuche über die Akkorde von Liedern wie House of the Rising Sun oder What Shall We Do With the Drunken Sailor gesungen“, erzählt Anna Marboe über ihre musikalischen Anfänge. Das Unmittelbare und Spontane gefällt ihr am Musikmachen besonders. „Der Weg von Gedanken aus meinem Kopf zu den Ohren der Menschen ist so erstaunlich kurz und direkt. Oft kommt man sich beim gemeinsamen Singen oder Musikhören näher, als beim Kaffeetrinken und Reden“, findet sie. Beim Musikmachen schätzt sie auch den Gegensatz zur Arbeit am Theater: „Das Musikmachen, wie ich es zurzeit betreibe, ist eine sehr stille und einsame Tätigkeit, die keiner Rücksprache oder Koordination mit anderen bedarf, wie bei Theaterproduktionen. Das tut manchmal sehr gut.“ Momentan widmet sie sich verstärkt ihrer Musik.

In Marboes Leben spielten Kunst und Kultur von klein auf eine große Rolle. „Dank des Interesses meiner Eltern war Kunst ein fixer Bestandteil meines Lebens und hatte einen hohen Stellenwert, weshalb mein Theater- und Musikmachen zu Hause nie auf Widerstand oder Skepsis gestoßen ist, sondern immer große Unterstützung erfahren hat“, freut sie sich. Das hat ihren Weg ins Kunstschaffen erleichtert, aber sie appelliert auch an die gesellschaftliche und politische Verantwortung den Kunstschaffenden gegenüber: „Man kann sich nur wünschen, dass die Gesellschaft und der Staat den Wert der Kunst erkennen und fördern, sodass nicht nur Kinder interessierter und gut situierter Eltern Künstler_innen werden können. Vor allem die Lage bildender Künstler_innen ist nicht nur in Österreich extrem prekär. Da muss politisch unbedingt ein Umdenken her, weil nicht nur der Staat die Künstler_innen überleben lassen muss, sondern ja auch die Kunst den Staat erst leben lässt.“

Anna Marboe lässt uns in ihren Theaterinszenierungen und Liedern an ihrer künstlerischen Ausdruckskraft und Ideenwelt teilhaben. Auf die Frage, was und wo sie einmal gerne inszenieren möchte, meint sie: „Ein Musical im Burgtheater vielleicht? Mamma Mia 2 oder Frozen …“ Somit dürfen wir auf das Kommende gespannt sein.

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