Das Music and Minorities Research Center (MMRC) begibt sich mit dem internationalen Symposium Between Research and Activism: Futures of Music and Minority Studies vom 12. bis 14. Februar 2026 in eine neue Phase. Das 2019 gegründete Zentrum mit Fokus auf Forschung zu Musik und Minderheiten feiert mit dem Symposium sein siebenjähriges Bestehen mit Forscher_innen, Musiker_innen und außerakademischen Akteur_innen in einer Vielzahl wissenschaftlicher Panels, Roundtables, künstlerisch-aktivistischer Diskussionsrunden und musikalischer Performances. Im Zentrum des Symposiums steht die Diskussion von Forschungsansätzen zu Musik und Minderheiten im Spannungsfeld zwischen akademischer Wissenschaft und gesellschaftlich relevanter bis hin zu aktivistischer Forschung.

Gründung und Profil des MMRC

Das MMRC wurde 2019 von Ursula Hemetek gegründet, nachdem ihr 2018 der renommierte Wittgenstein-Preis des Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF verliehen wurde. Dies ermöglichte, ihre langjährige Arbeit zur Musik von Minderheiten – die sie als Forscherin am Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie (IVE) bereits zu einem internationalen Schwerpunkt ausgebaut hatte – nun in einem weltweit einmaligen Forschungszentrum mit diesem Themenschwerpunkt zu institutionalisieren. Das MMRC stellt seitdem ein internationales Alleinstellungsmerkmal am Forschungsstandort Wien für die Erforschung von Musik im Kontext von Minderheiten dar. In den sieben Jahren seit der Gründung wurden am Zentrum elf große und mehrere kleinere Forschungsprojekte angesiedelt sowie eine Vielzahl von Kooperationen, Lectures, Workshops und Konzerten zusammen mit lokalen und internationalen Partner_innen realisiert. Das durch Fachexpert_innen geprüfte Open-Access-Journal Music & Minorities  bietet eine Plattform, um innovative Forschungsergebnisse aus diesem Bereich gemäß aktuellen Standards des wissenschaftlichen Publizierens zu veröffentlichen. Eine wesentliche Maßnahme zur nachhaltigen Weiterentwicklung des MMRC ist die Anschubfinanzierung AMMR – Advancing Music and Minorities Research Seed Money Initiative. Mit ihr werden Early-Stage-Researcher gezielt dabei unterstützt, ihre Projektideen weiterzuentwickeln und diese für Förderungen einzureichen.

Konzert der burgenlandkroatischen Rockband Bruji anlässlich der Tagung „Macht der Musik“ am MMRC © David Višnjić 
Research und Social Responsibility

Die Zeiten von akademischer Forschung im „Elfenbeinturm“ sind hoffentlich vorbei, zumindest in der Ethnomusikologie. Die gesellschaftspolitische Relevanz der Minderheitenforschung fußt in ihrer Beschäftigung mit marginalisierten Gruppen und war von Beginn an wichtig. Die ethnomusikologische Minderheitenforschung an der mdw begann 1989 am IVE. Die ersten Forschungsprojekte beschäftigten sich mit den sogenannten autochthonen Volksgruppen in Österreich (burgenländische Kroat_innen und Roma/Romnja). Der Fokus in Forschung und Lehre verschob sich Mitte der 1990er-Jahre auf Migrant_innen und Geflüchtete, in Reaktion auf politische Realitäten (Geflüchtete aus Bosnien) und xenophobe politische Diskurse. Der Minderheitenbegriff wurde in enger Zusammenarbeit mit der von Ursula Hemetek mitbegründeten ICTMD Study Group (International Council for Traditions of Music and Dance) „Music and Minorities“ substanziell erweitert und immer wieder neu diskutiert. Als Minderheit versteht das MMRC derzeit Personen, die „[…] aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Sprache, Geschlecht, sexueller Orientierung, Behinderung, politischer Meinung, Vertreibung sowie sozialer oder wirtschaftlicher Benachteiligung einem höheren Risiko der Diskriminierung ausgesetzt sind“.

In der Erforschung von Musik und Minderheiten orientiert sich das MMRC an grundlegenden Leitprinzipien: Forschung im Sinne einer Engaged Ethnomusicology, die soziale Verantwortung und soziale Gerechtigkeit als zentrale Ziele verfolgt; Feldforschung als gemeinsamer Prozess mit Forschungspartner_innen, in dem unterschiedliches Wissen zusammengeführt wird – sowohl das der Forschenden als auch das der Partner_innen; und das Engagement dafür, gesellschaftlichen Machtungleichgewichten entgegenzuwirken, indem solche Strukturen offengelegt, sichtbar gemacht und kritisch hinterfragt werden.

Symposium und zukünftige Ausrichtung

Mit dem Ende der Förderperiode durch den Wittgenstein-Preis markiert das Jahr 2026 den Beginn einer neuen Phase des MMRC, die durch eine Basisfinanzierung der mdw sowie eingeworbene Drittmittelprojekte ermöglicht wird. Diesen Meilenstein nimmt das MMRC zum Anlass, um im Rahmen eines mehrtägigen internationalen Symposiums einerseits die Entwicklungen der musikalischen Minderheitenforschung am Center und in der internationalen Forschungscommunity in den letzten Jahren zu reflektieren, andererseits aber vor allem die aktuellen Herausforderungen und die zukünftige Entwicklung dieses Forschungsbereichs im Spannungsfeld von Wissenschaft, künstlerischer Praxis und gesellschaftlichem Engagement in den Blick zu nehmen. „Between Research and Activism: Futures of Music and Minority Studies“ wird an drei Tagen vom 12. bis 14. Februar 2026, Forscher_innen, Musiker_innen und außerakademische Akteur_innen zu einem intensiven Austausch zusammenbringen und neue Wege für die Erforschung von Musik im Kontext von Minderheiten ausloten. In diversen wissenschaftlichen und künstlerischen Formaten wird die Vergangenheit wie auch die Zukunft fokussiert: In zwei Roundtables werden die bisherigen Projekte des MMRC gemeinsam mit aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter_innen des Zentrums reflektiert und die Besonderheiten der einzelnen Projekte wie auch ihre thematischen Berührungspunkte diskutiert. In einem Key Panel kommt das internationale Advisory Board des MMRC zusammen und wird, moderiert von Ursula Hemetek, miteinander aktuellen Fragen aus einer globalen Perspektive nachgehen: Mit Samuel Araujo (Federal University of Rio de Janeiro), Naila Ceribašić (Institute of Ethnology and Folklore Research Zagreb), Georgia Curran (University of Sydney), Marko Kölbl (mdw), Svanibor Pettan (University of Ljubljana), Mayco Santaella (Sunway University) und Deborah Wong (The University of California, Los Angeles).

Dazu wird es vier Panels mit international renommierten Forscher_innen und Early-Career-Scholars geben, zwei Panels zu spezifisch künstlerisch-aktivistischen Perspektiven, eines davon kuratiert von der NGO Initiative Minderheiten; drei Konzerte mit lokaler und globaler Musik sowie zum Abschluss ein gemeinsames Fest mit Musik und Tanz.

Damit zeichnet das Symposium eine Zukunft der Minderheitenforschung an der mdw vor, die auf einer erfolgreichen Vergangenheit aufbaut und durch lokale Verankerung wie auch internationalen Dialog das MMRC in eine neue Phase seines Wirkens führt.

Comments are closed.