Sensorik im Mundstück – der Tonerzeugung von Blechbläser:innen auf der Spur

Wenn es um die Entwicklung ihrer Fähigkeiten und die Analyse von Spielfehlern geht, sind Blasmusiker:innen weitgehend auf ihre subjektive Wahrnehmung beschränkt. Häufig können sie nur vermuten, warum sie ein Musikstück beim ersten Mal bravourös gemeistert haben, während der zweite Versuch misslang. Das Projekt DigiMouth setzt an diesem Punkt an: Ziel ist es, auf Basis empirisch erhobener Sensordaten ein Rahmenwerk zu entwickeln, das Einblicke in die Mechanismen der Tonerzeugung von Musiker:innen unterschiedlicher Erfahrungsstufen ermöglicht und künftig evidenzbasiertes Feedback ermöglichen soll.
Die Forschung untersucht dafür zentrale Variablen des Ansatzes von Blechbläser:innen, um individuelle Muster der Tonerzeugung besser zu verstehen. In Verbindung mit einem von der FH Kärnten in Kooperation mit dem Institut für Musikalische Akustik – Wiener Klangstil entwickelten, niederschwellig einsetzbaren Sensor-Mundstück soll Musiker:innen künftig ein objektiver Zugang zu ihrem individuellen Ansatzverhalten ermöglicht werden – mit dem Ziel, das Erlernen von Blechblasinstrumenten zu erleichtern. Dies soll durch die Stärkung der Selbstwahrnehmung und Selbstregulation erfolgen, ohne diese durch umfassende externe Rückmeldung zu ersetzen.
Das Sensorsystem erfasst während realitätsnaher Spielsituationen zentrale Parameter der Ansatzbildung – etwa Lippenkräfte der Ober- und Unterlippe sowie Druckverläufe im Mundstück und im Mundraum – ohne das Spielgefühl wesentlich zu beeinträchtigen. Laufende Arbeiten umfassen einerseits die Optimierung von Hard- und Firmware sowie die Kalibrierung des Systems, um Genauigkeit und Reproduzierbarkeit weiter zu erhöhen. Andererseits werden im Rahmen der Forschung strukturierte Datenerhebungen mit Musiker:innen verschiedener Spielniveaus durchgeführt.
Aus den erfassten Sensordaten, den aufgezeichneten Audiosignalen und den erhobenen Fragebogendaten werden unterschiedliche Merkmale abgeleitet und statistisch ausgewertet. Dadurch lassen sich individuelle und gruppenspezifische Unterschiede in der Tonerzeugung identifizieren und relevante Muster erfolgreichen Musizierens beschreiben. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung pädagogisch wertvoller Visualisierungen und gezielter Übeinterventionen, die gemeinsam mit Musiker:innen und Lehrenden erarbeitet und hinsichtlich Verständlichkeit, Benutzerfreundlichkeit und Lernwirksamkeit evaluiert werden. Damit leistet das Projekt einen Beitrag zu einem vertieften Verständnis der individuellen Grundlagen der Tonerzeugung und schafft eine empirische Basis für eine zukünftige Musikpädagogik, die sich im Spannungsfeld zwischen unbewusstem und bewusstem Lernen motorischer Abläufe bewegt.
Referenzen
Amann, P.; Chatziioannou, V.; Pascal, N.; Willmann, R. (2025). Embouchure parameter variations across brass musicians of different levels of proficiency. Proceedings of Forum Acusticum / Euronoise 2025, Málaga, Spain.
Amann, P.; Chatziioannou, V.; Pascal, N.; Willmann, R. (2023). On the capabilities of a digital mouthpiece for real-time recording of embouchure parameters in brass musicians. Forum Acusticum 2023: 10th Convention of the European Acoustics Association.
Amann, P.; Pascal, N.; Chatziioannou, V.; Willmann, R. (2023). A digital mouthpiece for the autonomous analysis and improvement of brass musician performances. Proceedings of Meetings on Acoustics, Fourth Vienna Talk on Music Acoustics, Article 035022. Acoustical Society of America.
This research is funded by the Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).