Ein Konzertformat und ein herausragender junger Pianist. Was haben sie gemeinsam? Sie suchen die Verbindung – zum Publikum.

Soirée musicale

Im November lud die mdw zu einer Soirée musicale in den Ehrbar Saal: Den musikalisch bunten Abend gestaltete Vasily Valitov mit der Webern Sinfonietta und Lukas Sternath. Es war der mdw ein Anliegen, dieses Orchesterkonzert für die Nachbarschaft zu öffnen und rundum zugänglich zu gestalten. Das Konzert fand daher bei freiem Eintritt statt. Menschen und Institutionen aus der Nachbarschaft wurden aktiv zum Konzert eingeladen. Am Konzertabend boten der einführende Music Talk und das kurzweilig gestaltete Programmheft begleitende Zugänge zum Musikprogramm. Der Saal war prall gefüllt und das Konzert wurde begeistert aufgenommen.

Lukas Sternath

Der junge Pianist Lukas Sternath sprach im Nachklang über die Bedeutung von Verbindung, Perfektionismus und den eigenen Weg.

Lukas Sternath © Stephan Polzer

Lukas Sternath (LS): Die Soirée musicale war für mich etwas Besonderes, weil ich mit sehr engen Freunden im Orchester musiziert habe, das war neu und wahnsinnig beglückend. Außerdem schätze ich die Bemühungen, die unternommen wurden. Ich finde das sehr wichtig, denn auch ich probiere gerne neue Dinge und Formate aus.

Mit den erwähnten Freunden Maxim Tzekov und Ulrich Manafi musizierst du regelmäßig Kammermusik, z. B. im Ensemble Spielraum mit Theresa Strasser, und auch da entwickelt ihr kreative Konzepte.

LS: Ja, wir probieren Unterschiedliches aus. Unser letztes Programm fokussierte auf französische Komponisten. Wir haben viele Stunden in Bibliotheken nach passenden Texten und Briefen gesucht und damit die Musik in ihrem historischen Kontext präsentiert. Hoffentlich entsteht so mehr Verbindung, und man ermöglicht der Zuhörerschaft, tiefer in die Musik einzutauchen. Wir möchten die Menschen auf unterschiedlichen Ebenen an die Musik heranführen. Es gibt so tolle Arten, das zu tun, so tolle Formate – ich möchte experimentieren.

Das Entscheidende ist für mich jedenfalls eine starke Verbindung zum Publikum. Es ist ja keine Einbahn – bei einem gelungenen Konzert passiert in beide Richtungen viel. Auch im klassischen Konzertformat. Das ist ja auch faszinierend, wenn 2000 Menschen zusammenkommen und es ist einfach still. Das möchte ich nicht missen. Aber schön ist die Abwechslung.

Ist es auch für dich als Musiker wichtig, viel über die Werke, die du spielst, zu wissen?

LS: Nicht so sehr das Wissen, aber das Kennen der Musik ist mir sehr wichtig. Ich beginne, ein Stück zu studieren, indem ich es lese, viel, viel lese. Schon das Spielen ist ja eine erste Transkription. Dabei versuche ich zu erkunden, wie dieser Notentext zu verstehen ist, sozusagen die musikalische Idee aus ihrem Käfig zu befreien. Natürlich bleibt dieses Erkunden subjektiv und später kann man davon auch wieder abweichen. Aber von Vornherein nur zu sagen: „Ich fühle es so“, ist mir zu wenig. Und dann muss man auch vertrauen. Seinen eigenen Weg finden.

Ich bin sehr perfektionistisch veranlagt, aber ich versuche das abzulegen. Irgendwie braucht man Perfektionismus, aber zu viel von etwas ist immer schlecht. Die Balance mit der Spontanität muss erhalten bleiben. Sonst bist du nicht mehr authentisch – und dann ist die Verbindung weg.

Der ARD-Wettbewerb war ein großer Erfolg. Was hat sich seitdem für dich verändert?

LS: Alles! (Lacht.) Ich bin nun bei einer Agentur unter Vertrag. Ich werde zum ersten Mal dasselbe Programm an fünfzehn unterschiedlichen Orten spielen. Dennoch werde ich die nächsten Jahre noch intensiv meinem Studium widmen. Da gibt es noch viel Zeit und Raum zum Experimentieren und zur Weiterentwicklung.

Was waren denn sonst wichtige Lernmomente für deine künstlerische Entwicklung?

LS: Es gibt für mich kein einzelnes „Berufungserlebnis“, meine Entwicklung war sehr organisch. Ich habe auch nie bewusst entschieden, Musiker zu werden, es hat immer eines das Nächste ergeben.

Anscheinend war ich schon als kleines Kind sehr fasziniert von einem kleinen Keyboard. Gelernt habe ich aber zuerst keine klassische Musik: Nach ersten EMP-Kursen habe ich klassischen Klavierunterricht verweigert, aber gerne improvisiert. Zum Glück hatte ich tolle Lehrer_innen, die mir das ermöglicht haben. Dann bin ich bei den Wiener Sängerknaben mit klassischer Musik in Kontakt gekommen und während des Musikgymnasiums war ich an der mdw im Hochbegabtenlehrgang bei Alma Sauer und später regulär bei Anna Malikova.

Ein wichtiger Punkt in meiner Entwicklung war natürlich die Begegnung mit Igor Levit. Im Rahmen der Moments Musicaux im Konzerthaus ergab sich die Gelegenheit für ein erstes Kennenlernen – nun studiere ich bei ihm in Hannover. Bei ihm traue ich mich vieles. Es ist eine sehr respektvolle Beziehung, mit viel Freiheit.

Was sind für dich in näherer Zukunft wichtige Projekte?

LS: In Wien spiele ich mein erstes Recital im Musikverein und danach Beethovens Tripelkonzert im Konzerthaus.

Veranstaltungstipps:

Tripelkonzert mit Lukas Sternath
Konzerthaus, 10. März, 19 Uhr & 12. März 2023, 19.30 Uhr

Webern Sinfonietta: Die Schöpfung
Schlosstheater Schönbrunn, 18. & 20. März 2023, 19.30 Uhr

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