Nach 256 Jahren war es endlich so weit: Am 1. September 2021 fand im ausverkauften Schlosstheater Schönbrunn die offizielle Uraufführung von La Corona am originalen Bestimmungsort statt.

Kaiserin Maria Theresia hatte dieses Werk 1765 zum Namenstag ihres Gatten Franz Stephan bei Christoph Willibald Gluck und Pietro Metastasio in Auftrag gegeben. Nach dem Willen der Kaiserin sollte die Uraufführung dieser Azione teatrale am 4. Oktober 1765 im Schlosstheater Schönbrunn stattfinden. Vor dem erweiterten Familienkreis sollten jene vier Töchter Maria Theresias als Sängerinnen auftreten, die bereits wenige Monate zuvor Il Parnaso confuso von Gluck im Bataille-Saal von Schönbrunn mit großem Erfolg uraufgeführt hatten. Der plötzliche Tod des Kaisers am 18. August 1765 noch vor seinem Namenstag vereitelte die Aufführung.

Bis weit ins 20. Jahrhundert währte der Dornröschenschlaf von La Corona, deren Libretto die Jagd auf den Kalydonischen Eber behandelt. Das metaphorische Drama kreist um die Frage, welcher der handelnden Personen die Ehre gebührt, den tödlich verwundeten Eber endgültig erlegt zu haben. Da man sich auf der Bühne nicht einigen kann, gebührt die Krone (la Corona) dem höchsten anwesenden Würdenträger – in diesem Fall Kaiser Franz Stephan von Lothringen.

© Barbara Palffy

Es handelt sich also um eine typische Huldigungsoper, wie sie im 18. Jahrhundert üblich war. Gluck bediente virtuos die traditionelle Arienfolge der spätbarocken Oper und gab den vier Prinzessinnen dankbare Gelegenheiten, ihre vokalen Kunstfertigkeiten unter Beweis zu stellen – und die müssen in Anbetracht der schwierigen Koloraturarien beeindruckend gewesen sein.

Die jüngste Prinzessin Maria Carolina sollte viele Jahre später von Napoleon gar als gefährlichste Frau Europas bezeichnet werden, wurde sie als Königin von Neapel doch zu seiner stärksten Kontrahentin. Schon als Kind galt Maria Carolina als eigenwillig und rebellisch, was durch Briefe Maria Theresias belegt ist. Der gerade einmal Dreizehnjährigen legte Metastasio 1765 eine Arie über das Streben nach Ruhm in den Mund, was man in Anbetracht ihrer späteren Entwicklung durchaus als prophetischen Weitblick bezeichnen kann.

Bei der Vorstellung am 1. September 2021 in Schönbrunn sangen die Studentinnen des Instituts für Gesang und Musiktheater Ayelén Mose, Elena Sverdiolaité, Indré Pelakauskaité und Lucija Varsic. Unter der musikalischen Leitung von Christoph Ulrich Meier spielte das Ensemble Teatro Barocco auf Originalinstrumenten. Kooperationspartner der mdw war das Teatro Barocco mit Bernd Roger Bienert als Intendant und Regisseur, der sich zum Ziel gesetzt hat, Opern des 18. Jahrhunderts in historischen Kostümen und Dekorationen sowie mit spätbarocker Gestik zu präsentieren. Im Ambiente des Rokoko-Theaters von Schönbrunn wirkte das besonders stimmig, was auch auf die zweite Sensation des Abends zutraf, die Welturaufführung von Georg Anton Bendas Melodram Philon und Theone mit Günther Strahleggerund Kira von Zierotin in den Titelrollen. Die für 1779 geplante Uraufführung in Wien war ebenfalls nicht zustande gekommen und wurde nun im Schlosstheater nachgeholt.

Aufgrund des großen Erfolgs bei Presse und Publikum wird die Kooperation mit dem Teatro Barocco fortgesetzt, voraussichtlich 2022 mit Haydns selten gespielter Oper Armida.

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