Die Verfolgung Andersdenkender, das Aushöhlen demokratischer Rechte, die Ausgrenzung von Menschen aufgrund ihrer Religion, ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe. Wann immer Unrecht wie dieses geschieht, akzeptiert und exekutiert wird, ist es die Folge eines langen Prozesses, in dem dieses Unrecht legitimiert wird. Indem man es als Notwendigkeit darstellt, als Normalität, als Kollateralschaden einer autoritären Politik, die für die breite Masse Vorteile bietet.

Durch Relativieren: So schlimm ist es nun auch nicht. Durch Entsolidarisierung: Es trifft ja nur einige wenige. – Soll heißen: dich nicht! Durch Verharmlosen: Es ist ja nichts passiert!

Wegsehen, Schulterzucken, Hinnehmen sind die erschütternden Konsequenzen. Jeden Tag geschieht so vieles, auf Social Media rauscht es immerzu, man kann sich schließlich nicht mit allem beschäftigen.

Die Gesetzmäßigkeit der Medien, dass nur noch das Aufmerksamkeit bekommt, was Extreme bedient, trägt das ihre dazu bei, dass der Raum, in dem die Entwicklungen einer Gesellschaft kritisch betrachtet, analysiert und besprochen werden, immer kleiner wird. Die Debatte darüber, wie wir leben und wie wir leben wollen, wird leise geführt und oftmals unbeachtet. Die Mahnenden und Warnenden werden nicht gehört. Oder schlimmer: nicht ernst genommen. Es ist ja nichts passiert!

In der Zwischenzeit sieht sich das Wien Museum gezwungen, die Freiluftausstellung Face it aufgrund massiver Drohungen, Angriffe und Vandalenakte ins Netz zu verlegen. Die Fotografin Elodie Grethen hat für sie im Frühjahr 2020 Menschen mit Mund-Nasen-Schutz abgebildet und zu ihrer Situation befragt. Die Bilder lagen direkt auf der Route der Demonstrationen von bekennenden Pandemieleugnern. Sie wurden so massiv mit antisemitischen und rechtsradikalen Sprüchen beschmiert, dass das Museum nun kapitulierte. Ist nicht schon viel zu viel passiert?

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