Der Lehrgang für elektroakustische und experimentelle Musik (kurz ELAK) an der mdw bildet seit seiner Gründung im Jahr 1963 – ausgehend vom elektronischen Klang – eine offene und gegenwartsorientierte Plattform für vielfältige Praktiken in hörbarer Kunst, die sich von musikalischer Komposition über Live-Elektronik, Sounddesign, intermedialen Installationen und Performances erstrecken. Wir widmen uns aber auch den Schnittstellen zur Instrumental- und Vokalmusik, zur Interpretation Neuer Musik und zu den bildenden Künsten.

© Thomas Grill

Mit der nun vollzogenen Umbenennung vom bisherigen Lehrgang für Computermusik und elektronische Medien zum neuen Lehrgang für elektroakustische und experimentelle Musik wollen wir zwei zentrale Aspekte besonders betonen: Einerseits unsere grundlegende Beschäftigung mit dem elektroakustischen Instrumentarium, das elektronische Synthesizer, analoge und digitale Transformationsprozesse, Computer-Hard- und -Software zur Musikproduktion und natürlich Schallwandler in Form von verschiedensten Mikrofonen und Lautsprechern umfasst. Diese Werkzeuge aus Studiotechnologie und Algorithmik definieren elektronische Musikinstrumente unterschiedlichster Charakteristika, die oft nicht nur simple Klangerzeuger, sondern zunehmend komplexe Generatoren musikalischer Strukturen darstellen, auch in Verbindung mit Klanganalyse und maschinellem Lernen. Andererseits vermitteln wir eine explizit experimentelle Arbeitsweise. Das bedeutet, dass Konzepte prinzipiell mit kritisch-forscherischem Zugang ergebnisoffen entwickelt werden und eine unmittelbare Verwertbarkeit in einem angewandten Sinn nicht zentral ist. Die Wechselwirkung mit künstlerischer Forschung ist ausgeprägt, ersichtlich an den laufenden geförderten Projekten im Rahmen von FWF-PEEK (Programm zur Entwicklung und Erschließung der Künste des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) wie Rotting sounds oder dem Artistic Research-Pilot-Call der mdw.

© Thomas Grill

Unsere Perspektive experimenteller Musik wurde geprägt durch die Musique acousmatique, die vom ehemaligen Lehrgangsleiter Dieter Kaufmann in den 1970er-Jahren anhand seiner Erfahrungen mit der Pariser Groupe de recherches musicales (GRM) in Wien etabliert wurde. Die akusmatische Kunst thematisiert insbesondere Hör- und Raumerfahrungen, die sich durch die Aufnahme von sogenannten konkreten Klängen (also solchen aus unserer Hörumgebung), deren künstlerischer Bearbeitung und letztendlich der Projektion durch ein Lautsprechersystem im Aufführungsraum entwickeln lassen. Diese Grundausrichtung wird im Lehrgang durch den ästhetischen Diskurs im Unterricht stetig hinterfragt und auch durch neue technologische Entwicklungen aktuell gehalten. Die fortschreitende Digitalisierung der letzten Jahrzehnte führte in unserem Feld zu einer grundlegenden Wandlung des für unsere Arbeit zentralen Klangmaterials (flüchtige digitale Daten statt physischen analogen Tonträgern), aber auch zu einer Selbstermächtigung der Künstler_innen, indem alle wesentlichen Produktionsmittel sowie Fachwissen leicht zugänglich wurden.

Der prinzipiell niederschwellige Zugang ist seit jeher ein bekanntes Merkmal des ELAK-Lehrgangs. Für die Zulassung zum Studium ist eine Musikausbildung in der Tradition europäischer Konservatorien keine Voraussetzung. Vielmehr wird das Hauptaugenmerk – unabhängig von bestimmten Schulen und Stilen – auf individuelle gestalterische und technische Fähigkeiten und Entwicklungspotenziale in unseren Themenfeldern sowie Diversität gelegt.

© Almut Schilling

Bei den zweimal jährlich stattfindenden ELAK-Werkstattkonzerten präsentieren die Studierenden aller drei Jahrgänge ihre aktuellen Projekte. In den letzten Jahren nutzten wir dafür mdw-externe, charismatische Spielstätten wie den Echoraum, die Halle in der Steinergasse 8, das mo.ë oder den WUK-Projektraum und konnten uns jeweils eines großen Publikumsinteresses erfreuen. Ab dem kommenden Studienjahr wird der Großteil unserer Veranstaltungen im Klangtheater des neu errichteten Future Art Lab am mdw-Campus stattfinden. Wir wollen den Raum darüber hinaus nach außen hin öffnen, mit einer Konzertreihe elektroakustischer und experimenteller Musik und öffentlichen Lehrveranstaltungen über deren Repertoire.

Mittelfristig ist unser Ziel, den Lehrgang unter Beibehaltung des gegenwärtigen Profils in ein BA/MA-Vollstudium umzuwandeln. Obwohl viele Alumni des Lehrgangs erfolgreiche Karrieren aufbauen konnten, wird die Eingliederung in das Bologna-System die Zugänglichkeit durch Entfall der Lehrgangsgebühren weiter erleichtern und gleichzeitig den Stellenwert des Lehrgangs beträchtlich steigern – durch internationale Austausch- und Anrechnungsmöglichkeiten, aber auch lokal an der mdw, als Speerspitze für neueste Musik und künstlerische Forschung, hinführend zu Drittmittelprojekten und dem künstlerischen Doktoratsprogramm.

© Katharina Klement
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