Nur ein halbes Jahr vom Beginn des Drehbuchschreibens bis zur Fertigstellung einer vierteiligen TV-Serie – vier Studierende der Filmakademie Wien haben diese Herausforderung angenommen und die Serie Prost Mortem – Die letzte Runde produziert. Im mdw-Magazin sprechen Regisseur Michael Podogil, Drehbuchautor Matthias Writze, Editor Sebastian Schreiner und Producer Lukas Zweng über die Bedingungen und Besonderheiten ihres TV-Projekts.
© Felix Vratny

Prost Mortem ist eine österreichisch-deutsche Krimiserie mit viel schwarzem Humor: Werner (Werner Prinz), der Ehemann der Beisl-Wirtin Gitti, ist tot – seine Leiche wurde auf der Toilette des Beisls gefunden. Gitti glaubt nicht, dass es Selbstmord war, sie denkt, es war Mord. Daher lädt sie alle Gäste, die in der verhängnisvollen Nacht im Beisl waren, zu einer letzten Runde ins Lokal ein und ermittelt auf eigene Faust. Bei den Verhören der Wirtin, virtuos verkörpert von Doris Kunstmann, kommen die Geheimnisse der Gäste ans Licht: Da gibt es den Stammgast und Alkoholiker Bernie (Simon Schwarz), die Schwester des toten Werner und ambitionierte Politikerin Eva (Elke Winkens), ihren jungen Assistenten und Liebhaber Steven (Timur Bartels) und die Kellnerin Zoe (Janina Fautz). Die gesamte Handlung spielt im charmanten Beisl „Bierkavalier“, durch Rückblenden erfahren die Zuseher_innen mehr über die Protagonist_innen und die Geschehnisse, die zu Werners Tod führten.

„Es war ein Anruf wie aus dem Bilderbuch“, schildert Michael Podogil, wie der Auftrag des Senders 13th Street zur Produktion der Serie zustande kam. Podogil, der

Michael Podogil © Dana Netolicky

bei der Serie Regie führte und gemeinsam mit Matthias Writze das Drehbuch schrieb, war beim Sender bereits bekannt, da er und sein Team 2018 mit Fucking Drama den Kurzfilmwettbewerb Shocking Shorts des Senders gewonnen hatten. Der Großteil des Fucking Drama-Teams war auch bei Prost Mortem wieder dabei. Das eingespielte Team konnte die Herausforderung des straffen Zeitplans von einem halben Jahr meistern, indem das Schreiben des Drehbuchs, das Suchen des Drehorts und das Anfragen der Schauspieler_innen parallel stattfand und nicht wie bei anderen Projekten eines nach dem anderen erledigt wurde. Essenziell war das Finden des Drehorts, da die Handlung nur an einem Ort spielt und man durch die knappe Zeit nicht zusätzlich Kulissen bauen oder im Studio drehen konnte . Produzent Lukas Zweng machte sich dafür gemeinsam mit Ausstatterin Winnie Küchl und Kameramann Valentin Lilgenau in Wien auf die Suche nach leerstehenden Lokalen. Schließlich fanden sie einen Ort, der ihren Ansprüchen gerecht wurde. Da das Drehbuch zu dem Zeitpunkt noch nicht fertig war, konnte die Geschichte in das vorhandene Set „hineingeschrieben“ werden. Durch den Fokus auf einen Ort und die wenigen Darsteller_innen hat die Serie etwas Kammerspielartiges. „Der Vorteil war, dass wir wussten, wie die Drehbedingungen sind und das Drehbuch so schreiben konnten, dass der Dreh in der kurzen Zeit machbar war“, so Autor Matthias Writze.

Sebastian Schreiner © Peter Hengl

Für die ganze Serie mit der Gesamtdauer von 80 Minuten hatte das Team nur 15 Drehtage – zum Vergleich: Für die 17 Minuten des Kurzfilms Fucking Drama standen fünf Drehtage zur Verfügung bzw. für einen Fernsehfilm werden um die 20 Drehtage benötigt. Der Dreh konnte nur dank akribischer Vorarbeit innerhalb dieser kurzen Zeit fertiggestellt werden. „Von Produktionsseite haben wir uns im Vorfeld viele Gedanken darüber gemacht, wie wir aus diesen 15 Tagen möglichst viel Drehzeit herausholen können“, erklärt Lukas Zweng. Licht- und Kamerakonzept waren so durchdacht, dass sich die Umbauzeiten auf ein Minimum reduzieren ließen. Eine weitere Maßnahme, um möglichst zeitökonomisch zu arbeiten, war, dass mit dem Schnitt schon begonnen wurde, während noch gedreht wurde. „Durch das parallele Arbeiten war es auch möglich einen Austausch darüber zu haben, was noch nachgedreht werden könnte“, erläutert Editor Sebastian Schreiner.

Matthias Writze © Anselm Peer

Über das Schreiben des Drehbuchs erzählt Matthias Writze: „Interessant ist, dass wir es nicht so gemacht haben, wie es bei Krimis üblich ist: Wir haben nicht zuerst den Mordfall entwickelt, sondern zuerst die Figuren und die Konstellationen und erst danach den Mord.“ Bei der Stoffentwicklung war es hilfreich von Archetypen auszugehen, wie etwa jene der Politikerin und ihres jungen Liebhabers/Assistenten. Der Fokus auf die Figurenentwicklung hat einen guten Grund. „Die Fälle in deutschen und österreichischen Krimis haben sich bereits x-fach wiederholt, wir wollten das Rad nicht neu erfinden“, sagt Lukas Zweng. Stattdessen hat sich das Team in der Vorbereitung mit Agatha-Christie-Filmen beschäftigt und aus handwerklichen Gründen die Kriminalarchitektur dieser Filme analysiert. In den Kriminalromanen von Agatha Christie ermittelt die ältere, selbst ernannte Detektivin Miss Marple in unterschiedlichen Fällen auf eigene Faust, ähnlich wie Gitti in Prost Mortem.

© Felix Vratny

Doris Kunstmann wurde mit der ersten, noch unfertigen Fassung des Drehbuchs angefragt und erklärte sich rasch bereit, die Rolle der Gitti zu übernehmen. Einen klassischen Castingprozess gab es für die Serie nicht. Eine Vorgabe des Senders war, die Rollen zwischen österreichischen und deutschen Darsteller_innen aufzuteilen. „Wir fanden die Zusagen von Schauspieler_innen wie Doris Kunstmann und Simon Schwarz sehr motivierend, da wir kaum Zeit hatten zu reflektieren, ob der Stoff gut ankommen würde.

Lukas Zweng © privat

Daher waren diese Zusagen Komplimente und ein Schulterklopfen für uns“, erzählt Lukas Zweng. „Es ist immer ein spannender Prozess. Zuerst entwickelt man eine Figur und dann wird sie mit einem Darsteller oder einer Darstellerin besetzt und diese Person schafft wieder einen Mehrwert zum Ganzen und verändert die Sichtweise daraufauch wieder. Wichtig ist, während des ganzen Prozesses offen zu bleiben und dankbar dafür zu sein“, sagt Michael Podogil.

Die Zusammenarbeit mit dem Sender empfand das Team als positiv, mit den Redakteur_innen wurde an jeder Folge gemeinsam gearbeitet. „Zu sehen, worauf sich die Leute vom Sender fokussieren, war spannend und eine Bereicherung“, resümiert Sebastian Schreiner.

© Felix Vratny

Von der Kritik wurde Prost Mortem sehr gut aufgenommen, im Februar feierte die Serie auf Puls4 ihre Free-TV-Premiere. Der Erfolg gibt dem Filmakademie-Team recht und beflügelt für weitere gemeinsame (Rekordzeit-)Projekte.

Hinweis: Die Serie ist auf Sky on demand abrufbar.

Comments are closed.