Vom 4. bis 7. Februar 2025 ging im Fanny Hensel-Saal – und gleichzeitig im Livestream – der 6. Mauricio Kagel Kompositionswettbewerb über die Bühne. Die Jury, bestehend aus Annesley Black, Michael Jarrell, Isabel Mundry, Miroslav Srnka und Marco Stroppa diskutierte 14 für das Finale nominierte Kompositionen, die von Studierenden des Ludwig van Beethoven Instituts für Klavier in der Musikpädagogik präsentiert wurden.

Der erste Preis wurde Damian Scholl (Deutschland) für sein Werk Love Songs für Klavier zu acht Händen zuerkannt. Zwei zweite Preise wurden vergeben an João Ricardo (Portugal) für What does the wall say? für Klavier zu vier Händen sowie an Raphael Vilani (Brasilien) für like… Den dritten Preis gewann Sean Cedric Schumann (Deutschland) mit six short pieces. Zudem die Jury eine Empfehlung für Sechs Erinnerungen von Sang hyun Hong (Südkorea) aus.

Damian Scholl © Damian Scholl

Der Wettbewerb konnte wieder eine hohe internationale Breitenwirkung erzielen, es wurden über 200 Kompositionen aus 55 Ländern eingereicht. Wie die Preisträger übereinstimmend hervorheben, waren die Alleinstellungsmerkmale des Mauricio Kagel Kompositionswettbewerbs auch die beiden Hauptgründe, die zur Teilnahme anregten:

  • Das Konzept der Anonymität und Transparenz: Die Namen der Komponist_innen bleiben bis zur Verkündung der Preise ungenannt; die Beurteilungen der Kompositionen sowie der gesamte Entscheidungsfindungsprozess findet öffentlich statt.
  • Die kompositorische Aufgabenstellung: Ein Klavierwerk zu schaffen, das aufgrund der bewussten Beschränkung des Schwierigkeitsgrades Kindern oder Jugendlichen einen adäquaten Einstieg in die zeitgenössische Musik bietet und dabei nicht nur ein auf Lerntransfer ausgerichtetes Unterrichtswerk, sondern eine Komposition mit hohem künstlerischen Anspruch ist.

Um ein Stück zu schreiben, das nicht nur spielbar ist, sondern sowohl beim Einstudieren als auch bei der Aufführung selbst Freude bereitet, war bei den Preisträgern ein Umdenken erforderlich: Nicht nur die ästhetische Herausforderung stand im Zentrum der Aufmerksamkeit – auch die Antizipation der Perspektive von Lernenden, die ihre ersten Erfahrungen oder sogar die erste Erfahrung im Bereich der Neuen Klaviermusik machen.

Dass Werke für „ein Klavier (solo oder für mehrere Spieler_innen)“ eingereicht werden konnten, brachte Damian Scholl auf die Idee seine Love Songs für vier Spieler_innen zu konzipieren. Der Komponist erklärt dazu: „Diese Entscheidung half mir, mich auf natürliche Weise zu begrenzen und das allzu Vertraute des Pianistischen zu vermeiden. Stattdessen konnte ich das Klavier als Klangkörper neu entdecken und aus den klanglichen Möglichkeiten der acht Hände schöpfen. Alle Musizierenden sind gleichberechtigt, niemand ,klebt am Stuhl‘, alle rotieren und sind vertraut mit jeder Perspektive des Klaviers.“

João Ricardo widmet sich in seinem Werk What does the wall say? dem ernsten Thema rassistisch motivierter Gewalttaten an jungen Menschen in Portugal. Dazu verarbeitete der Komponist Elemente aus thematisch nahestehenden Songs, wie Alabama von John Coltrane, Strange Fruit von Billie Holiday oder Freedom von Rage Against the Machine.

Das ebenfalls zweitplatzierte Stück like… besteht aus vier Miniaturen, in welchen unterschiedliche Gesten und Klänge verarbeitet werden. Den Werktitel verwendet Raphael Vilani dabei im Titel jedes Einzelstücks als Vergleichswort (wie etwa im ersten Stück „like a meteor shower“ etc.). Er soll aber gleichzeitig auch eine Anspielung auf das häufig gebrauchte Füllwort „like“ im gesprochenen Englisch (und dem ebenso häufig benutzten Äquivalent im brasilianischen Portugiesisch) sein.

In seinen six short pieces beleuchtet Sean Cedric Schumann diverse Aspekte und Techniken des zeitgenössischen Klavierspiels. Dabei spannt sich der Bogen vom ersten Stück, das inspiriert von Nr. 1 aus Schönbergs Sechs kleine Klavierstücke op. 19 die „Ouvertüre“ des Zyklus bildet, bis zum experimentellen Schlussstück, in dem das Klavier als Resonanzraum abseits der Tasten erkundet wird.

Die prämierten Werke werden in Kooperation mit Universal Edition als digitaler Sammelband K2025 publiziert. Zudem sind Audio-Aufnahmen dieser Werke demnächst in der mdw-Audiothek abrufbar.

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