Bericht von Univ.-Prof. Marianne Kroemer über die

35. Internationale ESTA-Konferenz
in CREMONA, 27. April – 2. Mai 2007


Das Motto der Konferenz: „dalla Foresta alla Musica“ – „Vom Holz zur Musik“ erfüllte alle Erwartungen. Edith PEINEMANN, die Präsidentin von ESTA International, sagte in ihrer Einleitung, dass für sie von Cremona, der Stadt der Streichinstrumentenbauer und –spieler, ein magischer Zauber ausgehe. Auch ich habe mich vom ersten Augenblick an in einer anderen Welt gefühlt. Eine autolose Innenstadt mit engen Gassen und großen freien Plätzen wie z.B. rund um den Dom, der vom Torrazzo überragt wird. Die Begrüßung durch den Bürgermeister und durch den Präsidenten der ESTA Italien, Maestro Bruno GIURANNA, fand in den ehrwürdigen alten Räumen des Rathauses statt und gab im 2. Stock den Blick auf die wunderbaren Statuen der Domfassade und die Sonnenuhr frei. Bereits hier boten Geigenbaumeister der Stadt (wir bekamen ein Verzeichnis mit Adressen von über 100 Werkstätten!) einige ihrer Instrumente zum Probieren an.

Das Programm war fast zu umfangreich, da es immer wieder Parallelveranstaltungen gab. Das 1. Konzert mit dem Quartetto di Cremona bot ein außergewöhnliches Programm mit Werken von: Boccherini, Puccini, Vacchi und Cherubini mit exzellenten Interpreten.
Jeden Morgen um 9.30 Uhr spielten Kinder bis Studenten Konzertprogramme, die im Laufe des Jahres unter dem Motto: „Treffen am Podium“ in verschiedenen italienischen Städten ausgewählt worden waren.
Mittag um 12 Uhr waren die hervorragenden Konzerte der Stiftung „Walter Stauffer“ angesetzt.
Walter Stauffer fördert seit 1970 Geigenbauer und hat 1985 eine Akademie gegründet, an der Meister wie Salvatore ACCARDO Violine, Bruno GIURANNA Viola, Rocco FILIPPINI Cello und Franco PETRACCHI Kontrabass unterrichten. Wir konnten also jeden Mittag ein Konzert der Studenten hören und am 28.4. ein Galakonzert im Teatro Ponchielli unter Mitwirkung von S. Accardo, B. Giuranna und R. Filippini mit Schönbergs „Verklärter Nacht“.
Für Vorträge muss ich mich nun bei dieser Vielfalt einfach auf die Titel beschränken:

MEUCCI Renato: Über die Ursprünge der Cremoneser Geigenbauer.
MAGENTANZ Donna: Über ihren Lehrer Enrico Mainardi (Tonbeispiele).
LAMBRECHT Mark: Der Einfluss E. Mainardis auf die belgische Schule.
MEUCCI Renato: Amati, geliebt und umstritten.
MANTEL Gerhard: Praktische, vergleichende Ansichten über Intonation (Cello).
WILLEMS Lenneke: Ein Leben der Freude mit der Violine.
STRINNING Tina: Workshop: „Die tanzenden Violinen“.
GAUTHIER Martial: “Im Gegenteil” – für die Linkshänder.
RôNEZ Marianne: Die italienische Violintechnik bis Tartini.
MASCONI Andrea: Die Entwicklung der Sammlung „The Strings of Cremona Town Hall“.
FILIPPINI Rocco: Masterclass
MODESTI Anna: Untersuchungen über die Didaktik der Streichinstrumente.
LAGERCRANTZ Lasse: Coulorstrings im Kontrabassunterricht.
BEARE Charles: Die Meisterwerke der Cremoneser Geigenbauer.
FRANZETTI Giulio: Francesco Sfilio und die Tradition Paganinis.

PORTO Enzo: Italienisches Unterrichtsmaterial und die Methoden
im 20. Jhdt.
CARMIGNOLA Giuliano: Masterclass
YOUNG Phyllis: Die Bewegung vom Wissen zum Unbewussten.
CACCIATORI Fausto und
CODAZZI Roberto Hör-Spiele
ROSELLI Corrado: “Gioconda De Vito” – ein vergessener Mythos.
PODIUMSGESPRÄCH über: Die Musik in der Schule – in Italien und Europa.

Ein unvergessliches Konzert bleibt für mich die „Missa veneta in festo Sancti Marci“ im Dom. Aber auch die Konzerte des Violin-Ensembles „Luka Sovokčevic“, die „Atlanta Fugiens“, das „Helsinki String Jugendorchester“ unter Géza Szilvay und das Jugendstreichorchester „della Svizzera Italiana“ unter der Dirigentin Anna Modesti mit dem Solisten Bruno Giuranna (Violakonzert in G-Dur von Telemann) würden längere Würdigungen verdienen.

Die Vorträge wurden größtenteils in englischer Sprache gehalten, wenige italienische Beiträge und die interessante Podiumsdiskussion wurden simultan übersetzt.
Das Stradivarimuseum hätte viel mehr Zeit erfordert – also bleibt als Ergebnis der Konferenz die Hoffnung, Cremona wieder einmal besuchen zu können und die Bereicherung durch manche Anregung aus Vorträgen und Vorführungen im weiteren Berufsalltag zu nützen.