Skandal? Courage!

Alle Komponist_innen dieses Abends mussten Konventionen überwinden, waren Repressionen oder Unverständnis ausgesetzt und brauchten Mut, um entgegen aller Widerstände den eigenen künstlerischen Weg zu gehen.
Germaine Tailleferre war als einzige Frau der französischen „Group des Six“ eine Pionierin, die sich ihr Leben als Musikerin hart erkämpfen musste. Ihr Klaviertrio ist eines ihrer meist gespielten Werke.
Auf der ersten Seite des Autographs von Erwin Schulhoffs Sonata erotica findet sich die Warnung „Nur für Herren!“ und erzeugt heute Schmunzeln. Tatsächlich ist es ein dadaistisches Werk voller Ironie und eine Provokation des bürgerlichen Selbstverständnisses. Es bleibt die Frage, inwieweit es im 21. Jahrhundert Mut erfordert, dieses Werk aufzuführen. Marie-Luise Stockinger, mdw-Absolventin und Mitglied des Burgtheaters, spürt dieser Frage nach.
Darauf folgen Schulhoffs 1926 entstandene Jazz-Etüden. Vor Kriegsbeginn spielte er sie unter falschem Namen in Jazzkellern in Prag um sein Überleben zu sichern. Kurze Zeit später wurde er als bekennender Kommunist inhaftiert und starb in einem Lager.
Mieczysław Weinberg wiederum war den Repressionen des stalinistischen Regimes ausgesetzt und entkam nur knapp dem Terror. Lange waren seine Werke vergessen. An diesem Abend ist eine seiner Violinsonaten zu hören.
Mit enormen finanziellen Problemen hatte Hugo Wolf zu Lebzeiten zu kämpfen, dazu kam seine komplizierte Persönlichkeit. Umso schwieriger war es für ihn, Musik gegen seiner Ansicht nach überkommene Regeln von Schönheit und Form zu schaffen. Seine Lieder sind heute aus dem Repertoire nicht mehr wegzudenken.
Ein Abend im Rahmen des Programmschwerpunkts "Courage" des Wiener Musikvereins.

Programm

Germaine Tailleferre: Klaviertrio (1917/1978)

Cuore Piano Trio:
Zuzanna Budzyńska, Violine
Jadwiga Roguska, Violoncello
Szymon Ogryzek, Klavier


Erwin Schulhoff: Sonata erotica für Muttertrompete (1919)

Marie-Luise Stockinger


Erwin Schulhoff: Jazz Etüden für Klavier (1926)

Martin Listabarth, Klavier


Pause


Mieczysław Weinberg: Sonate für Violine und Klavier Nr.6 op. 136

Anna Perl, Violine
Wakana Katsumoto, Klavier


Hugo Wolf:
Verborgenheit (Eduard Mörike)
Beherzigung: Feiger Gedanken (Johann Wolfgang v. Goethe)
Beherzigung: Ach, was soll der Mensch erwarten (Johann Wolfgang v. Goethe)
Gebet (Eduard Mörike)
Der Freund (Joseph v. Eichendorff)
Nimmersatte Liebe (Eduard Mörike)
Der Tambour (Eduard Mörike)
Abschied (Eduard Mörike)

Jusung Park, Bariton
Lizaveta Bormotova, Klavier



 

 

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