„Filmemacher in Österreich sollten sich einfach mehr trauen.“

Science-Fiction-Filme mit atemberaubenden Visual Effects und Digital Art. Bei diesen Schlagworten denken viele sofort an Hollywood. Dass man dabei in Zukunft aber auch an Österreich denken sollte, wollen die Filmschaffenden hinter Rubikon unter Beweis stellen.

Das Know-how kommt dabei zu einem großen Teil aus der Filmakademie Wien. Angefangen bei Regisseurin und Drehbuchautorin Magdalena Lauritsch über ihre Co-Autorin Jessica Lind bis zum Schnitt durch Christoph Loidl und Anna Heuss. Für das Sound Design zeichnet Rudolf Pototschnig verantwortlich, und auch die hauptverantwortlichen Digital Artists, die den Film während und vor allem danach vervollständigen, studieren an der Filmakademie. Produziert wird der Film von der Samsara Filmproduktion GmbH und der Graf Filmproduktion GmbH.

© Samsara Film/Graf Film/Philipp Brozsek

Die Handlung sei hier nur kurz angerissen: Sie spielt im Jahr 2056 auf der Raumstation Rubikon im Weltall. Die Forschungsarbeit einer Konzernsoldatin (Julia Franz Richter) und zweier Wissenschaftler (George Blagden und Mark Ivanir) wird durch unvorhergesehene Ereignisse auf der Erde unterbrochen. Hochbrisant werden dabei die großen Themen des Lebens behandelt.

Wo Hollywood-Produktionen typischerweise ein dreistelliges Millionen-Budget zur Verfügung haben, muss Rubikon mit insgesamt drei Millionen Euro auskommen. Um das zu bewerkstelligen, waren nicht nur mehr als 100 Prozent Einsatz und Leidenschaft aller Beteiligten gefragt, sondern auch der Bau eines cleveren modularen Sets durch Johannes Mücke. Zusätzlich spielte die optimale Planung der visuellen Effekte eine wichtige Rolle, wie On Set Visual Effects und Compositing Supervisor Benjamin Philippovich und seine Kollegin Mariana Fabre, Studierende an der Filmakademie, dem mdw-Magazin erklären.

Sie arbeiten für Arx Anima, das als Hauptstudio für die Visual-Effects-Postproduktion des Films verantwortlich ist. Übergeordneter Visual Effects Supervisor für das gesamte Projekt ist mdw-Professor Franz Brandstätter vom Fachbereich Digital Arts and Compositing der Filmakademie Wien.

Von Anfang an dabei

Eines liegt auf der Hand: Ein Science-Fiction-Film ohne Digital Artists ist unmöglich. Sie sind es, die in der Postproduktion die fantastischen Welten, in denen die Handlung spielt, erst sichtbar machen und visuelle Effekte erschaffen, wo zunächst nur vor Green, Blue oder Black Screen gedreht wurde. Um dies optimal umsetzen zu können, sind sie am besten bereits von Anfang an mit dabei. Sie nehmen am Set die Rolle von On Set Visual Effects Supervisors ein, koordinieren also schon dort die visuellen Effekte, die später zum Einsatz kommen sollen.

„Es ist sehr wichtig, am Set dabei zu sein, auch damit wir wissen, was später zu tun sein wird“, sagt Philippovich. Am Set von Rubikon fungierte er abwechselnd mit seinem Studienkollegen Florian Grünberger als On Set Visual Effects Supervisor und gab wertvolle Tipps, die die Postproduktion später optimieren. Was wäre die optimale Kameraeinstellung, der beste Winkel? Wie am besten mit den Teilen des Sets interagieren, die erst im Nachhinein am Computer entstehen? Als Dritte im Bunde sammelte Mariana Fabre wertvolle Metadaten, ohne die die Postproduktion nicht funktioniert: „Ich habe die genauen Kamerapositionen, Lichtverhältnisse und Spezifikationen der Kameras und Linsen dokumentiert und Fotos gemacht. Das ist wichtig, um die am Computer generierten Inhalte harmonisch in das gedrehte Material einfügen zu können“, so Fabre.

© Samsara Film/Graf Film/Philipp Brozsek

Dass hier modernste Technik zum Einsatz kommt, zeigt nicht zuletzt ein Experiment mit Virtual Production, bei der sogar Digital Artists ins Schwärmen kommen: Dabei handelt es sich um eine aufkommende Filmmethode, bei der die Crew am Set durch die Verbindung von Kamera und Computer und unter Verwendung der Software Unreal Engine in ein virtuelles Filmset eintauchen und darin drehen kann. Bildausschnitte können selbst gewählt werden, kreative Entscheidungen werden viel einfacher. Der Laie kann sich das wie ein Videospiel vorstellen, in dem man sich frei bewegen und agieren kann. Voraussetzung dafür: Die computergenerierten Welten sind schon zu Drehbeginn fertiggestellt.

Der Vorteil für die Postproduktion ist, dass man mit diesem Material viel effizienter arbeiten kann. Zwar muss auch dieses Material noch einmal überarbeitet werden, die Metadaten vom Set sind aber bereits erfasst.

Zeit für die Postproduktion

Drehschluss für Rubikon war am 27. Dezember 2020. Bis zum Erscheinen des Films im Herbst 2021 ist aber noch viel zu tun. Wenn die letzte Klappe gefallen ist, wird Benjamin Philippovich zum Compositing Supervisor, bei dem alle Fäden in Sachen Postproduktion zusammenlaufen. Compositing nennt man das Zusammenführen von zwei getrennt voneinander aufgenommenen oder erstellten Elementen zu einem Bild, also beispielsweise das Einfügen des Weltalls, das man durch die Fenster der Raumstation Rubikon sehen soll.

Philippovich hat schon vor Eintreffen des geschnittenen Filmmaterials allerhand damit zu tun, die Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten aufeinander abzustimmen. Mit Einstellungen, die komplett im Computer erschaffen werden, kann die CG-Abteilung (für computergenerierte Inhalte) bereits vor Eintreffen des Materials loslegen. Im Fall von Rubikon ist das beispielsweise die Außenansicht der Raumstation oder der Blick vom Weltraum aus auf die Erde. Wenn die Produktion dann das geschnittene Rohmaterial liefert, können Computergeneriertes und am Set Gefilmtes zusammengeführt werden.

Die Deadline dafür ist sportlich: Von April bis Ende September werden etwa zehn Personen daran arbeiten. Ein ganz wichtiger Punkt auf der To-do-Liste: „Computergenerierte Bilder müssen ein bisschen ‚rauer‘ gemacht werden, damit sie sich in das gefilmte Material einfügen“, erklärt Philippovich. Dabei ist vor allem das Rekonstruieren der Lichtverhältnisse am Set ausschlaggebend.

VFX in Österreich

Rubikon wird nicht nur ein aufregender Science-Fiction-Film werden, sondern auch ein Stück weit Aushängeschild für Digital Art und Compositing in Österreich. „Für mich ist der Film etwas Besonderes, weil es das erste Mal ist, dass so eine große Science-Fiction-Produktion in Österreich gemacht wird“, erzählt Philippovich. „Ich bin auch zum ersten Mal Compositing Supervisor. Das ist viel Verantwortung, aber auch sehr spannend, weil man viel involvierter ist in das ganze Projekt.“

Ausschließlich mit österreichischen Produktionen sein Geld zu verdienen, das gelingt derzeit nur den wenigsten Digital Artists. Nach der exzellenten Ausbildung an der Filmakademie Wien arbeiten viele Absolvent_innen an internationalen Projekten in den Hotspots der Branche, in Kanada, Australien, Großbritannien oder Deutschland. Rubikon soll zeigen, was alles möglich ist in Österreich: „Heimische Filmschaffende sollten sich einfach mehr trauen, Filme mit Visual Effects zu produzieren“, findet Philippovich.

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