Vorträge

Freitag, 5. Mai 2017, 16.30 Uhr

Neuer Konzertsaal, Rennweg 8, 1030 Wien

 

Martin Eybl

 

“Clavierland” Wien: Gibt es eine Wiener Schule des Klavierspiels?

 

Als Wolfgang Amadeus Mozart 1781 seinem Vater seine neue Heimatstadt Wien als ideales “Clavierland” schmackhaft machen will, geht es ihm primär um Verdienstmöglichkeiten. Das Klavier war ein weit verbreitetes Instrument in den Haushalten des hohen Adels wie auch der zweiten Gesellschaft, einer erstarkenden sozialen Schicht, die gerade im Bereich der Musik dem Vorbild der Aristokratie nacheiferte. Der Vortrag geht der Bedeutung des Klaviers im Wien der Aufklärung im Hinblick auf soziale Identität, Kompositions- und Interpretationsgeschichte nach. Weitere Schwerpunkte bilden das Umfeld und die künstlerische Wirkung von zwei für die Tradition des Klavierspiels zentralen Lehrerpersönlichkeiten, Carl Czerny (1791–1857) und Theodor Leschetitzky (1830–1915). Beide haben in Wien einen weiten Kreis von Schülerinnen und Schülern um sich geschart.

 

 

 

 

Freitag, 5. Mai 2017, 17.30 Uhr

Neuer Konzertsaal, Rennweg 8, 1030 Wien


 

Johann Sonnleitner

 

Hummel, Czerny und Mälzels Metronom -

Neues zum Verständnis problematischer und „unmöglicher“ Metronom-Angaben 

 

Die prägenden Gestalten der klavierpädagogischen Tradition im deutschsprachigen Raum, Johann Nepomuk Hummel und Carl Czerny haben in ihren grundlegenden Lehrwerken von 1828 bzw. 1838 zwar den Gebrauch des Mälzel’schen Metronoms empfohlen, aber beim Versuch, ihre  Metronom-Angaben auf den von ihnen verwendeten Hammerflügel-Typen zu realisieren, zeigt sich besonders bei Tonrepetitionen das Problem, wie historische Metronom-Angaben zu verstehen sind in aller Schärfe. Tatsache ist: Die damalige Wiener und deutsche Mechanik streikt bei mehr als 8 Anschlägen pro Sekunde. Es existiert aber eine unübersehbare Anzahl von historischen Metronom-Angaben zu Etüden und Vortragsstücken, nicht nur von Hummel und Czerny, die Tempi fordern oder zu fordern scheinen, die weit über der mechanisch bedingten Grenze liegen. Irrtum? Unterschiedliche Terminologien? Verschiedene Methoden der Tempobestimmung?

Johann Nepomuk Mälzel propagierte in seiner 1816 in London veröffentlichten Gebrauchsanweisung (mit auffallender Überdeutlichkeit) die heute allgemein übliche Methode der Einzelschlag-Messung, bei der eine Bewegung des Pendelarmes von einer Seite zur anderen (Halbschlag) als Schlag gilt. Sein Artikel ist daraufhin mit bemerkenswerten Varianten in deutschen Übersetzungen erschienen. Im September 1821 beklagte sich Mälzel in der AMZ, dass eine Reihe führender Komponisten, darunter Beethoven, Cramer, Clementiund Cherubini seinen Apparat fehlerhaft und unzweckmässig verwenden und nennt dafür konkrete Beispiele, teilweise in manipulierter Form. Die beanstandeten Musiker haben sich davon nicht beeindrucken lassen und haben auch nach 1821 an ihrem gewohnten Gebrauch festgehalten. Worauf beruht dieser? 

Die von Mälzel genannten Beispiele, wie auch die Beispiele von Hummel, Czerny und vielen anderen werden verständlich und auch klaviermechanisch realisierbar, sobald eine offenbar verlorengegangene Selbstverständlichkeit der historischen Musiktheorie und –praxis einbezogen wird, die von u.a. von Moritz Hauptmann 1853 klar formuliert wurde: die metrische Einheit ist ein ungetrennt-Doppeltes, eine Zwei-Einheit. Beim Lesen von historischen Metronom-Angaben ist also zu beachten, ob es sich bei dem Notenwert in der MM-Angabe um die metrische Zwei-Einheit selbst handelt oder bereits um eine Unterteilung davon.

Durch die Einbeziehung dieses Grundsatzes ergibt sich eine erweiterter Perspektive historischer Metronom-Angaben. Im 19. Jahrhundert scheint sich lange Zeit, besonders in den deutschsprachigen Ländern eine aus heutiger Sicht  uneinheitliche Tempobestimmungs-Methode gehalten zu haben, bei der je nach Kontext sowohl die Doppelschlag-Methode als auch die Einzelschlag-Methode in Betracht kommen. Die Entscheidung darüber, welche der beiden Lesarten in jedem konkreten Fall zur Anwendung kommt, wird nicht „automatisch“ oder aus Willkür getroffen, sondern lässt sich aus der Zusammenschau der massgeblichen Faktoren (Takt-Angabe, Taktteile, Taktglieder, Notengattungen, Metren, harmonische Struktur etc.) ableiten. Künstlerisch freie Interpretationen, auch wenn sie die originalen Angaben individuell modifizieren,  beruhen auf dem Verständnis der Angaben im Sinne ihrer Autoren.

 

 

 

Samstag, 6. Mai 2017, 10.30

Neuer Konzertsaal, Rennweg 8, 1030 Wien

 

Kordula Knaus

 

„Solche Kraft neben der innigsten Zartheit hab’ ich, selbst bei den größten Virtuosen, nie vereinigt gesehen” - Pianistinnen in Wien um 1800

 

Der Vortrag umreißt das Themenfeld Pianistinnen in Wien um 1800 von mehreren Seiten. Zunächst steht dabei die Frage ihrer quantitativen Präsenz im Mittelpunkt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in der sich das Klavier als Soloinstrument zunehmend in Konzertprogrammen etablieren kann, sind Pianistinnen in verschiedenen musikalischen Sphären in unterschiedlich großer Häufigkeit vertreten. Anhand von Persönlichkeiten wie Maria Theresia Paradis, Josepha Auernhammer, Magdalena von Kurzböck oder Dorothea von Ertmann werden anschließend verschiedene Themenbereiche diskutiert. Die Fragen nach der Ausbildung, dem gespielten Repertoire, nach öffentlicher oder privater Musikausübung sind dabei ebenso zentral wie diejenigen nach Professionalisierung, Virtuosität und der medialen Wahrnehmung. Abschließend wir noch ein kurzer Ausblick auf die Entwicklungen im 19. und 20. Jahrhundert gegeben. 

 

 

 

Samstag, 6. Mai 2017, 11.30

Neuer Konzertsaal, Rennweg 8, 1030 Wien

 

Melanie Unseld

 

"…auf eine wohlverstandne, meisterhafte Manier".

Die Klavierkonzerte von Marianne Martines (1744-1812)

 

Marianne Martines, vom Wiener Hof geförderte Musikerin, komponierte zahlreiche Klavierkonzerte für den eigenen Gebrauch: Am Michaelerplatz war durch sie ein musikalischer Knotenpunkt Wiens entstanden, der von zahlreichen Gästen frequentiert wurde, und wo sie mit eigene Kompositionen auftrat. Die Klavierkonzerte gehörten zu diesem Repertoire, wobei an den (bislang) bekannten Werken nicht nur das Heranreifen einer jungen Komponistin nachzuverfolgen ist, sondern auch einige Spezifika jenes Typus von Klavierkonzert, wie er für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts und den Standort Wien vielfach erprobt wurde. Der Vortrag nimmt die bislang bekannten Klavierkonzerte von Martines unter diesen Gesichtspunkten in den Blick.

 

 

 

Freitag, 12. Mai 2017, 19.00

Haydn-Saal, A.-v.-Webern-Platz 1, 1030 Wien

 

Alfred Brendel

Mozart spielen

 

Artur Schnabels bekannter Ausspruch, Mozart Sonaten seien zu leicht für Kinder, zu schwierig für Künstler, hat nichts von seiner Gültigkeit verloren. Worin liegen die Schwierigkeiten? Was unterscheidet das Spielen der Klavierkonzerte von jenem der Solowerke? Und welches sind die Probleme der Mozart-Interpretation, die über das Klavier hinausreichen?

Alfred Brendel 

 

 

 

Samstag, 13. Mai 2017, 19.00

Haydn-Saal, A.-v.-Webern-Platz 1, 1030 Wien

 

Alfred Brendel

Beethovens letzte Klaviersonaten und sein später Stil

 

Beethovens Sonaten Op. 109, 110 und 111 haben viele Analysen und Deutungen erfahren. Sie schließen die Reihe seiner Klaviersonaten ab und nehmen innerhalb des Spätstils eine wichtige Stellung ein. Worin besteht dieser Spätstil? Welche anderen Werke begleiten die Entstehung dieser Werke? Sind sie einzeln oder als Werkfamilie anzusehen? Wie ist Thomas Manns Beschreibung von Op. 111 zu beurteilen? Wie lassen sich die Sonaten charakterisieren? Was zeichnet ihre Schlüsse aus? Ich werde versuchen, diese und andere Fragen zu beantworten.

Da ich als Pianist nicht mehr aktiv bin, werden musikalische Beispiele in der Mehrzahl über die Lautsprecher übermittelt.

Alfred Brendel