„Barfuss ohne Korsett

übermäßig bewegt,

ein echter Weaner

Takt wechselnd taktlos und nett“

Paul Hille

 

Nun aber mal im Ernst: Émile Jaques-Dalcroze war ein Welsch-Schweizer, genau genommen ein Genfer mit Muttersprache Französisch. Er wurde  im KuK Wien geboren und verlebte hier seine ersten 10 Jahre, dirigierte hinter Johann Strauss Junior im Stadtpark stehend dessen Kompositionen mit und bekam von diesem eine großartige Zukunft als Musiker vorhergesagt.

In Paris studierte er bei Fauré, Delibes und Lussy Komposition und Theorie. Dazu nahm er noch Schauspielunterricht und kam mit den Schriften und Übungen Delsartes in Berührung.

In Wien, wo er weitere zwei Jahre studierend verbrachte, mochte Bruckner diesen „frechen Franzoß" überhaupt nicht. Bruckner vertrat ja auch die Ansicht, dass man erst mit 45 Jahren reif sei, Kompositionen zu schaffen und diese zu veröffentlichen. Das passte überhaupt nicht zum ungestümen Lebenslauf dieses Tausendsassas Dalcroze. Mit 35 Jahren hatte er in Genf „Sancho“ komponiert und aufgeführt und schnell avancierte diese Oper zur Nationaloper der Welsch-Schweizer. Als Pianist tourte er mit Eugène Isaye durch die Welt.

Als Theorie- und Gehörbildungslehrer entwickelte er um diese Zeit seine freche „Rythmique“. Menschen ohne Korsetts, in leichter Kleidung und- beschämend!- barfuß! -führten seine „Pas Jaques“ aus, um die Musik in Rhythmus,Tonraum und Form zu verdeutlichen (genannt  „Realisierung“), quasi in einer musico-plastischen Darstellung.

Mit 45 wurde  Émile Jaques-Dalcroze nach Tourneen mit seinen SchülerInnen durch ganz Europa ein eigenes zu seiner Methode passenden Festspielhaus entworfen und gebaut, um sich in das Konzept der „Gartenstadt Hellerau“ bei Dresden einzufügen, diese in volkskünstlerischer Bildung  für die in den "deutschen Werkstätten“ arbeitende Bevölkerung. Sein Freund und Schüler Adolphe Appia konnte dort seine neuartigen Konzepte von Bühnenbild und Licht umsetzen.

Er begann auch mit PsychiaterInnen, PsychologInnen, ÄrztInnen und anderen KünstlerInnen und ForscherInnen die Wirkung seiner Methode zu erforschen.

Während dieser Zeiten als Pionier der Rhythmik komponierte er unentwegt: mehr als 1400 Lieder, viele mit Bewegung kombiniert. Einige von ihnen wurden zu Volksliedern. So konnte man „C’est si bien d’aimer“, eine Liebeshymne an die Schweiz und ihre Natur, sogar minimal umgedichtet in Frankreich hören.

Ebenso komponierte er im Laufe seines Lebens 690 Klavierstücke, meist in Sammlungen zusammengefasst, von denen viele auch zur „Realisierung“ in Bewegung gedacht und benutzt wurden, teils mit musikalischen Themen, wie ‚doppelte Geschwindigkeit‘ oder ‚wechselnde Taktarten‘, teils mit zur ausdrucksvollen Realisierung animierenden Titel wie etwa: „Und das Licht verdrängte die Finsternis“ oder: “Ungestilltes Sehnen“.

Wichtige Werke:

  • Skizzen op 10
  • op 45,1-3
  • op 46,1-3
  • op 47,1-3
  • 24 Rythmes des danse
  • 16 Plastische Studien
  • 20 Caprices et études rythmiques
  • Musiques pour faire danser
  • Trois entrées dansantes
  • 6 Danses bigarrés