Kunsträume-Interview: Optimistin durch und durch


Barbara Strack-Hanisch hat im vergangenen Herbst die Leitung des Leonard Bernstein Instituts für Konzertfach Blas- und Schlaginstrumente übernommen. Im Interview spricht sie über ihre Eindrücke und Pläne und erklärt, warum die Liebe zur Musik und Optimismus essenziell sind.


Leonard Bernstein Institut TeamFoto: Das Team des Leonard Bernstein Instituts ©Sabine Hauswirth


Sie haben im vergangenen Herbst die Leitung des Instituts übernommen. Wie lautet Ihr erstes Resümee?

Es macht mir unheimlich Spaß. Ich habe davor schon drei Jahre als stellvertretende Leiterin mitgewirkt, muss aber sagen, dass es intensiver ist, als ich dachte. Die Arbeit tut mir gut und es ist schön, positives Feedback vonseiten der Studierenden, der Verwaltung und der Lehrenden zu bekommen. Ich freue und wundere mich immer darüber.

Es ist mir ein Anliegen, eine korrekte Linie zu fahren, somit Ansprechpartnerin für alle zu sein und im Sinne möglichst aller zu handeln. Dabei habe ich oft das Bild von Asterix erobert Rom im Kopf. Die Leitung des Instituts fällt durch die nun herrschende sehr gute Kommunikation und Transparenz mit dem neuen Rektorat viel leichter.

Wie sieht Ihre Linie im Detail aus?

Ich versuche gerecht zu sein und will niemanden bevorzugen. Schon beim Budget bemühe ich mich, die Wünsche aller elf Instrumentengruppen − von der Blockflöte bis zum Schlagwerk − zu berücksichtigen. Außerdem ist es wichtig, eine Anlaufstelle für alle zu sein. Gibt es einen Konflikt, ist es wesentlich, sich beide Seiten anzuhören und an einen Tisch zu bringen. Das ist zwar zeitintensiv, macht aber Sinn und meiner Meinung nach besser, als schnelle Urteile zu fällen.

Was hat sich für Sie verändert, seit Sie das Institut leiten?

Natürlich ist Zeitmanagement jetzt ein riesen Thema. Mein jüngster Sohn wird demnächst erst ein Jahr alt, war also nicht ganz ein halbes Jahr, als ich die Stelle übernommen habe. Meine mittlere Tochter ist im April zwei Jahre alt geworden und meine Älteste ist acht Jahre alt. Zuallererst muss man zu Hause ein Management aufstellen. Außerdem hatte ich Angst, dass ich weniger im Unterricht sein kann, um für meine eigenen Studierenden da zu sein. Dem ist aber nicht so, denn es ist alles eine Einteilungssache. Die MitarbeiterInnen am Institut unterstützen mich dabei sehr. Während die Kinder noch schlafen, stehe ich schon sehr früh auf, erledige meine E-Mails und fahre danach ans Institut. Für mehr Schlaf gibt es die Wochenenden und die Ferien.

Welche Faktoren sind aus Ihrer Sicht wichtig, abgesehen von gutem Zeitmanagement, um das alles zu schaffen?

Optimismus. Mir gibt das alles so viel positive Energie, wenn ich zum Beispiel merke, dass die Studierenden und Lehrenden zufrieden sind und somit gute Leistungen erbringen. Oder wenn durch meine Mithilfe Dinge glücken. Durch das, was da zurückkommt, ergibt sich der Sinn und spornt zu neuen Taten an. Ich bin halt so wahnsinnig (lacht). Aber ich stehe dazu.

Das Konzertfach bekommt neue Studienpläne. Können Sie schon sagen, was sich für die Studierenden ändert?

Zuerst machen wir aus den derzeit drei Studienabschnitten wieder zwei. Eine große Neuerung ist zudem, dass wir durch die Schaffung von Profilen im zweiten Abschnitt versucht haben, Spezialisierungen zu ermöglichen. Die Studierenden können dann zwischen Orchester, Kammermusik, Alter Musik, Neuer Musik und Solo wählen.

Der erste Abschnitt ist in den Grundzügen für alle gleich, sprich ein einheitlicher Plan. Natürlich gibt es instrumentenspezifische Lehrveranstaltungen, bei denen aber Rücksicht darauf genommen wird, dass die theoretischen Fächer besser mit den künstlerischen vernetzt sind. Die Gruppengröße wird teilweise reduziert, womit es individueller und eine bessere Verbindung zum zentralen künstlerischen Fach geschaffen wird. Das heißt, was die Studierenden lernen, können sie auch direkt umsetzen. Somit verstehen sie besser, wofür sie es lernen.

In der Mitte des ersten Abschnitts soll außerdem eine zusätzliche Studienberatung stattfinden. Wir wollen die Studierenden dort abholen, wo sie stehen und ihnen einen Ausblick geben, wohin es beruflich gehen könnte. Aber auch herausarbeiten, wo ihre Stärken liegen. Derzeit kommunizieren wir das breit im Haus. Die Studierenden haben aber auch die Möglichkeit, sich individuell zu informieren.

In Zukunft wird es außerdem ein berufsbegleitendes Profil geben, um den hervorragenden Studierenden einen Abschluss neben einem Engagement zu ermöglichen. Jene Studierenden, die frühzeitig ein Engagement bekommen und so mitten im Orchester- oder Opernbetrieb stehen, können dazu auch das Studium absolvieren bzw. haben damit die Möglichkeit, dieses weiterzuführen. Die Lehrveranstaltungen finden zum Beispiel geblockt und sehr individuell statt.

Welche Pläne haben Sie darüber hinaus für das Institut? Haben Sie Visionen?

Ja, absolut. Sogar "leider" sehr viele (lacht). Eine Vision ist schön, wenn man sie für fünf, sechs Jahre hat. Ich bin dann aber immer so wahnsinnig und will alles sofort umsetzen. Dazu muss es auch noch perfekt sein.

Zum 200-Jahr-Jubiläum der mdw wollen wir uns mit einigen Veranstaltungen einbringen. Außerdem ist ein eigener Leonard Bernstein Wettbewerb in Kooperation mit dem Institut für Komposition, Elektroakustik und TonmeisterInnen-Ausbildung angedacht. Das steckt aber noch in den Kinderschuhen.

Ich habe ja gemeinsam mit Wolfgang Kornberger vor einiger Zeit das Genderprojekt Holz-Blech-Schlag initiiert. Dabei stellen wir gemeinsam mit dem Franz Schubert Institut für Blas- und Schlaginstrumente in der Musikpädagogik jedes Jahr ein Instrument in den Mittelpunkt. Wir laden dazu eine Solistin ein, die mit den Studierenden im Rahmen eines Workshops arbeitet. Parallel dazu werden Komponistinnen – hier geht es rein um eine Frauenförderung – angeregt, zu schreiben.

Diese Kompositionen werden bereits zuvor und im Rahmen des Workshops einstudiert, aufgeführt, aufgezeichnet und teilweise bei Doblinger verlegt. Der neue Wettbewerb soll für Frauen und Männer zugänglich sein und es wird darum gehen, für eine neugeschaffene Kategorie im Rahmen von Prima la musica Werke zu schaffen. Hier geht es um die Nachwuchsförderung – das zweite große Thema für das Institut. In dieser neuen Kategorie 4+ machen wirklich nur angehende Studierende mit.

Dafür werden immer neue Kompositionen benötigt, weil in diesem Bereich nicht viel vorhanden ist, vor allem für speziellere Instrumente wie Oboe, Fagott, Posaune und Tuba. Die Stücke müssen vom Schwierigkeitsgrad her so sein, dass man noch kein abgeschlossenes Studium benötigt, um diese zu spielen. Aus allen Kompositionen werden schließlich fünf ausgewählt, nach drei Jahren sind es dann 15 Kompositionen pro Instrument, die voraussichtlich von der Universaledition verlegt werden. Über ein Internetportal sollen diese Kompositionen online erhältlich sein. Damit soll ein Ansporn für junge KomponistInnen geschaffen werden.

Die dritte wichtige Sache ist die Nachwuchsförderung. Hier besteht eine Kooperation mit der Johann Sebastian Bach Musikschule Wien. Einerseits kommen deren SchülerInnen zu uns ins Haus, um hier Konzerte zu spielen, andererseits gehen Lehrende von uns an die Musikschule, um die jungen Nachwuchstalente zu unterrichten.

Außerdem liegt mir die Förderung der Wiener Tradition sehr am Herzen, vor allem der speziellen Wiener Instrumente, wie der Wiener Oboe und dem Wiener Horn. Auch hier ist eine Kooperation mit den Wiener und den Niederösterreichischen Musikschulen geplant. Die SchülerInnen können zu uns kommen, die Instrumente ausprobieren und sich fachlich kompetent beraten lassen.

Was raten Sie jemandem, der ein Studium bei Ihnen beginnen will? Welche Überlegungen sollte man im Vorfeld anstellen und was muss man mitbringen?

Sie brauchen Talent, Fleiß, Enthusiasmus und Optimismus, Widerstandsfähigkeit und eine gewisse Portion an Realitätsbezug. Gleichzeitig muss man die Kunst und die Musik dermaßen lieben − dann zahlt es sich aus. Bei einigen Instrumenten besteht keine Möglichkeit eines fixen Engagements im Orchester. Ich empfehle daher vielen Studierenden, wenn Interesse vorhanden ist, sich über ein zusätzliches Pädagogikstudium Gedanken zu machen, sich zu informieren und wenn möglich es auch zu absolvieren.

Man muss sich wirklich überlegen, wohin man will und ob es vielleicht eine Nische gibt, die genau die eigenen Interessen und Stärken abdeckt. Abwägen, den Blick in die Zukunft richten und nicht nur aufs Heute schauen, ist wichtig. Ich freue mich für jeden, der es schafft und eine internationale Solokarriere startet oder eine Stelle in einem etablierten Orchester bekommt.

Einige Studierende wählen mittlerweile ein zusätzliches, nicht künstlerisches Studium, um zur Sicherheit ein zweites Standbein zu haben. Ich selbst habe parallel Flöte und Saxophon, jeweils Konzertfach und Pädagogik studiert, ganz nach dem Motto – sicher ist sicher.

Sie haben gerade eine neue Saxophonschule publiziert. Was ist das Besondere daran?

Das Neue an der Saxophonschule ist, dass Jazz, Klassik und Neue Musik miteinander verbunden werden und sehr ausgeglichen darin vorkommen. Sie ist nicht zu kindhaft, aber es sind immer wieder Tipps, Tricks und Anregungen zur kontinuierlichen Kontrolle vorhanden. Fast jedes Stück gibt es entweder mit Klavierbegleitung oder Playalong, da es vorwiegend um die Schulung des Gehörs und das Zusammenspiel geht. Es ist auch viel Kammermusik enthalten, ergänzt durch zahlreiche Übungen, die einen körperlich fit halten sowie auf Haltung und Atmung achten lassen.

Konzipiert ist es für Altsaxophon und Tenorsaxophon samt Spielmaterial. Die Saxophonschule ist derzeit zweibändig, mit jeweils einem Spielband dazu. Wer bei einem Kapitel noch mehr üben möchte oder sich spezialisieren und Lieder dazu haben will, findet das in den Spielbänden. Diese sind auch als Download verfügbar beziehungsweise ist eine CD sowie der Klavierpart in den Schulen von fast allen Liedern inkludiert, was besonders für Musikschulen wichtig ist.

Die Flötenschule Magic flute von Barbara Gisler-Haase hat mir dabei als Vorbild gedient. In Arbeit sind ein Duo- und ein Trio-Buch sowie ein weiterer Playalong-Band für 2017/18 (lacht). Die eigenen solistischen Auftritte und die Tätigkeit in den großen Orchestern ist daneben ebenso wichtig, inspirierend und ein wunderbarer Ausgleich.

Was hat sich seit Ihrer eigenen Studienzeit verändert?

Vieles hat sich meiner Meinung nach vereinfacht. Die Studierenden können sich online für alles anmelden. Wir mussten uns noch am Rennweg um Mitternacht anstellen und bis in der Früh warten, um Plätze zu bekommen. Die heutigen Studierenden sind auch sehr gut vernetzt. Früher musste man viel mehr herumrennen. Heute geht vieles über Computer von zu Hause aus. Das hat sich meiner Meinung nach verbessert.

Gleichzeitig sind die Studierenden aber einer viel stärkeren Schnelllebigkeit und Konkurrenz ausgesetzt, da das Niveau und die Anforderungen permanent steigen. Ohne Ziele und einen guten Plan zu deren Umsetzung kann man relativ schnell verloren gehen, glaube ich.

Womit wird Ihr Institut beim mdw Festival '16 im Herbst vertreten sein?

Da nordische Kompositionen im klassischen Standardrepertoire unserer Instrumente nicht stark vertreten sind, hatte ich die Idee, dies als unsere Chance und Möglichkeit zur Suche nach neuem Repertoire zu nutzen. Jedes unserer Instrumente wird sich mit einem Stück, von Solo bis zur Kammermusik, einbringen. Geplant ist weiters eine Uraufführung eines Werks zum Thema "Norden" für alle Instrumente.

Den Saxophonherbst kann man sich wie zwei Tage der offenen Tür am 18. und 19. November vorstellen, wobei es um die Förderung des Nachwuchses in Klassik und Jazz geht. Dazu finden Workshops mit allen unseren Saxophonlehrenden statt. Die Musikschulen mit ihren SchülerInnen und die uns bekannten SaxophonistInnen sind eingeladen, vorbeizukommen und mitzumachen. Am Freitag und Samstag finden Workshops sowie Konzerte unserer Studierenden und am Samstag um 14 Uhr ein großes Abschlusskonzert statt, bei dem die jungen Nachwuchs-SaxophonistInnen auftreten. Ergänzt wird das Programm durch eine Noten- und Instrumentenausstellung.

Interview: Astrid Meixner


Dieser Artikel erscheint in der Kunsträume Ausgabe #3-2016.