Österreich bei der Fußball-Europameisterschaft 2016


Fußball und Schauspiel scheinen auf den ersten Blick nicht viele Gemeinsamkeiten aufzuweisen. Auf den zweiten eröffnen sich jedoch viele verblüffende Parallelen, die aufzudecken 2016, dem Jahr in dem sich Österreich erstmalig aus eigener Kraft für die Fußball-Europameisterschaft qualifiziert hat, besonders spannend erscheint.


Fußball NationalmannschaftFoto: Das Österreichische Nationalteam nach dem EM-Qualifikationsspiel Schweden gegen Österreich am 8. September 2015 in der Friends Arena in Stockholm ©Robert Jäger / APA / picturedesk.com

Denn wenn irgendwo auf der Welt 22 Spieler ein Fußballfeld betreten, erlösen sie die ZuseherInnen aus ihrem Alltag. Sie treten auf und für 90 Minuten ist nichts wichtiger als das Spiel, das gerade angepfiffen wurde: Man sieht die Spieler tänzeln und theatralisch fallen, sprinten und jubeln. Man sieht sie schimpfen und argumentieren, man sieht sie kämpfen und feiern.

Und wir leben mit ihnen. Wir begleiten unsere 11 Helden. Immer wieder. Wollen uns dem großen Spektakel hingeben, in eine andere Welt entfliehen.


Interview: Fußball und Schauspielerei


Tamara Metelka, Institutsleiterin des Max Reinhardt Seminars und leidenschaftliche Fußball-Anhängerin, der Burg-Schauspieler Nicholas Ofczarek, Lehrender für Rollengestaltung am Max Reinhardt Seminar und Fußball-Spieler sowie Nick Pasveer, Studierender am Max Reinhardt Seminar und Ex-Fußball Profi, bringen ihre ganz persönliche Sichtweise auf das Spiel mit dem Spielen auf den Punkt.

Was verbinden Sie persönlich mit dem Fußball-Spiel?

Tamara Metelka:
Ich liebe alle Arten von Fußball – American Football, Gaelic Football, Rugby, Australian Football… ich finde das sind unglaublich spannende Sportarten, weil sie so strategisch sind. Gerade bei der österreichischen Mannschaft kann man ganz klar sehen, wie es funktionieren kann. In der Qualifikation ist ja David Alaba, der Wunderspieler, ausgefallen und sie haben trotzdem weiter gewonnen. Österreich hat sich ja als zweitbeste Mannschaft Europas qualifiziert.

Nick Pasveer:
Ich komm aus den Niederlanden, da spielen Fußball und die Nationalmannschaft eine große Rolle. Jeder Junge will Fußballer werden. Ich habe es probiert und hatte Talent. Ich war recht erfolgreich und als wir nach Deutschland gezogen sind, habe ich zunächst in der Regional-Liga gespielt und stand kurz vor dem Wechsel zu einem großen Verein. Ich stand fünf bis sechs Mal die Woche auf dem Rasen. Zu diesem Zeitpunkt gab es nur Schule und Fußball in meinem Leben. Dann kam eine größere Verletzung. Heute spielt das Schauspiel die zentrale Rolle in meinem Leben. Der Sport ist immer noch eine Leidenschaft, aber eben nicht mehr meine Berufung...

Nicholas Ofczarek:
Meine Großmutter hat im 14. Wiener Gemeindebezirk gelebt – mit Blick auf das Hanappi Stadion. Ich bin von klein auf Rapidler, ich hab auch selbst Fußball gespielt. Ich verbinde also meine Jugend damit, meine Mann-Werdung.


Welche Parallelen sehen Sie zur Schauspielerei?

Tamara Metelka:
Es gibt dieses bekannte Zitat "es geht nicht um die elf Besten, sondern um die beste Elf"… und das gilt für den Fußball gleichermaßen wir für das Theater. Das Theater ist eine Ensemble-Kunst, das sagte ja auch schon Max Reinhardt, in dem einer für alle und alle für die gemeinsame Sache eintreten. Und gerade deshalb fasziniert mich heuer unsere österreichische Mannschaft so besonders, weil es geht nicht um die einzelnen Wunderspieler, die es sicher gibt, sondern es geht darum, dass sie als Mannschaft sehr gut zusammen spielen.

Nick Pasveer:
Fußball wie Schauspiel ist ein Mannschaftssport. Durch Disziplin, durch Willensstärke und Mannschaftsgeist versucht man seine Ziele zu erreichen. Dadurch, dass ich selbst jahrelang Hochleistungssport betrieben, selbst Fußball gespielt habe, nehme ich viel von diesen Erfahrungen mit… diese Zielstrebigkeit, die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen und die Mannschaft – all diese Facetten zeigen sich auch im Schauspiel. Eine weitere Parallele ist die Verbindung des Zuschauers mit dem Spieler, es baut sich eine Beziehung auf und das macht das Ganze auch so interessant… und Fußballer sind immerhin auch Spieler, die angeschaut werden…

Nicholas Ofczarek:
Theater ist life. Fußball ist life. Man probt dafür, man trainiert und dann… ist es immer ergebnisoffen.


Was bedeutet es für Sie, dass Österreich heuer bei der EM mit von der Partie ist?

Tamara Metelka:
Es ist einfach unglaublich das Österreich es geschafft hat, sich zu qualifizieren. Letztendlich ist es wie wenn ein österreichischer Film für einen Oscar nominiert wird oder ein ehemaliger Absolvent des Max Reinhardt Seminars einen großen Preis gewinnt… und das ist alles schon passiert. Ich denke, das ist das Ergebnis einer guten Nachwuchsförderung. Diese Nachwuchsförderung wird in Österreich im Kunst- und Kulturbereich seit vielen Jahrzehnten sehr traditionsbewusst getätigt… gerade an der mdw. Deswegen gibt es sehr viele berühmte österreichische Filmemacher, Schauspieler und Musiker. Und dies hat man offenbar vor einiger Zeit auch wieder für den Fußball getan und jetzt gibt es wieder sehr viele berühmte österreichische Fußballer, die auch im Ausland spielen. Das freut mich!

Nick Pasveer:
Ich finde es schön zu sehen, dass seit Marcel Koller die Mannschaft als Cheftrainer übernommen hat, soviel Ruhe und Struktur eingekehrt ist. Es dürfte sich auch einiges im Nachwuchs getan haben. Und ich persönlich finde es auch schön, dass viele Spieler in der Nationalmannschaft einen Migrations-Hintergrund haben. Ich glaube Österreich ist auf einem guten Weg erfolgreich zu werden...

Nicholas Ofczarek:
Ich freue mich auf die eigene Hysterie, die ich sowieso bei jeder Europa- oder Weltmeisterschaft entwickle. Und diesmal hat Österreich wirklich Chancen mindestens ins Viertelfinale zu kommen… Ich freue mich auf meine kindliche Freude.


Das Interview ist in der Kunsträume Ausgabe #2-2016 erschienen.