JUDIT VARGA: FILMKOMPONISTIN?
KOMPROMISSE UND ENTSCHEIDUNGEN IM SCHAFFENSPROZESS

Olja Janjuš

Die ungarische Komponistin Judit Varga (*1979) hat sich vor allem mit ihrer Filmmusik und Musik zu Theaterstücken einen Namen gemacht. Das Stück Pocket Requiem für gemischten Chor ist für das erste Konzert des ungarischen Komponist*innen-Vereins Studio 5 entstanden. Der Kompositionsprozess sowie der Prozess der Einstudierung und Aufführung wurden von mir mitverfolgt und dokumentiert. Im Vortrag wird gezeigt, inwieweit die Komponistin die „musikalische Spontaneität“ (Adorno 1962) im Verlauf der Entstehung des Stücks aufzugeben bereit war, um das Pocket Requiem funktional und inhaltlich mit gesellschaftlichen Erwartungen konform gehen zu lassen. Wegen der musikalischen Vorbildung des Chors und des Ziels des Vereins, mit einem erfolgreichen Konzert zu debütieren, war von Beginn an klar, dass ein spontanes Komponieren nicht in Frage kam. Diskutiert wird, wie wichtig solche Konditionen für die Deutung von Resultaten des Kompositionsprozesses sind (Borchard 2010). Vargas während der Entstehung des Stücks niedergeschriebene Skizzen sowie Protokolle von Gesprächen bilden die Materialbasis einer musiksoziologisch fundamentierten Analyse der Komposition. Ablesen lässt sich daraus, was das Frau-Sein in einem solchem Beruf für die entstandene Musik bedeutet und warum die Komponistin den Preis der Spontaneität für die Aufführung und deren Erfolg zu zahlen bereit war.

Olja Janjuš, geboren 1992 in Banjaluka (BA), ist eine Musiktheoretikerin, die ihr Studium an der mdw bei Gesine Schröder und Marie-Agnes Dittrich abschließt. Sie beschäftigt sich mit der Musik des 20. und 21. Jhds. und ist gelegentlich auch als Komponistin tätig. Sie arbeitete als Forschungsassistentin im Bereich der Musikwissenschaft und nimmt bei verschiedenen Projekten und Symposien im Bereich Gender- und Musikforschung teil