AMBIVALENTE DE-/KONSTRUKTIONEN

KRITISCHE UND KÜNSTLERISCHE WISSENSPRODUKTION ZU FLUCHTMIGRATION

Anita Moser

Aktuelle gesellschaftliche Imaginationen in Bezug auf Flucht kreisen um drei kontroverse Konstruktionen, nämlich von Geflüchteten als Bedrohung, Held_innen und Opfer (vgl. Friese 2017). Alle drei Figuren produzieren unaufhörlich Differenz zwischen einem ‚Wir‘ und ‚Anderen‘ und damit spezifische, an asymmetrische Machtoptionen gekoppelte Zugehörigkeitsordnungen, politische und soziale Ein- und Ausschlüsse. Dabei wird die Kategorie Geschlecht entweder kaum beachtet oder unsichtbar gemacht. So steht in öffentlichen Diskursen im Zusammenhang mit den Fluchtbewegungen 2015 die Ausblendung weiblicher Fluchtursachen und -erfahrungen einer enormen Thematisierung und rassistischen Instrumentalisierung der gewalttätigen Übergriffe in der Kölner Silvesternacht durch männliche Geflüchtete gegenüber (Neuhauser/Hess/Schwenken 2016). Kritische Wissensproduktion verhält sich relational zu Herrschaftswissen bzw. „rassistischem Wissen“ (Terkessidis 2004), indem sie dieses kontextualisiert und dekonstruiert, neues Wissen produziert und sich in öffentliche Diskurse versucht einzuschreiben. Grundlegend dabei ist insbesondere auch, Räume der Ausverhandlung dieses Wissens zu eröffnen. Ob und wie das in Fluchtkontexten gelingen kann, ohne dabei selbst wieder Stereotypien oder Reduktionismen zu produzieren, wird der Vortrag anhand ausgewählter Beispiele der Gegenwartskunst diskutieren.

Anita Moser, Dr.in, ist Senior Scientist am Programmbereich Zeitgenössische Kunst und Kulturproduktion des Kooperationsschwerpunkts Wissenschaft & Kunst (Paris Lodron Universität Salzburg/Universität Mozarteum Salzburg), wo sie den Forschungsbereich „Öffentlichkeit(en) und Intervention“ leitet. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Kulturmanagement, Freie Kulturarbeit, Gender Studies sowie Gegenwartskunst in der Migrationsgesellschaft.