EXEMPLARISCHE LEBENSLÄUFE? ‚BIOGRAPHIEWÜRDIGKEIT‘ IN KOLLEKTIVBIOGRAPHIEN FÜR KINDER UND JUGENDLICHE

Sophie Mayr

Kollektivbiografien für Kinder und Jugendliche sind seit geraumer Zeit sehr beliebt bei jungen Leser*innen bzw. deren vorlesenden Eltern. Bücher wie Good Night Stories for Rebel Girls porträtieren außergewöhnliche Frauen* und deren Lebensläufe in Wort und Bild und werden dabei auch einem Diversity-Anspruch durchaus gerecht. Laut Hermione Lee zeugt die vermehrte Häufigkeit solcher Gruppen- und Kollektivbiographien von einer Demokratisierung der literarischen Gattung der Biographie (Lee 2009), die sich seit ihrer Entstehung zumeist auf den einzelnen „Great Man“ (Carlyle 1840) konzentrierte. Es stellt sich die Frage, ob Hermione Lee mit ihrer Ansicht recht hat oder ob es sich dabei nicht vielmehr um ein Demokratisierungspotential handelt. Besagte Biographien zeigen zwar nicht den einzelnen „Great Man“, aber sie geben doch gewissermaßen exemplarische Lebensläufe vor und zeigen Frauen*, die ‚biographiewürdig‘ sind. Der dadurch entstehende Kanon ist zwar ein feministischer/diverser, die Frage nach jenen Frauen*, die nicht porträtiert werden, bleibt aber unbeantwortet. Das Dilemma der ‚Biographiewürdigkeit‘ bleibt – unter anderen Vorzeichen - bestehen. Mein Paper stellt einige Projekte vor und zeigt, wie diese dem beschriebenen Dilemma entgegentreten.

Sophie Mayr ist Doktorandin und Lehrbeauftragte an der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft und schreibt ihre Dissertation zum Thema „Erzählmethoden der Autorinnen-Biographie am Beispiel der Fotografie“. Sie ist Fellow der Vienna Doctoral Academy und Mitglied im Netzwerk Biographieforschung. Ihr Artikel „The Many Faces of Sylvia Plath. Photographs in Literary Biographies“ erscheint im September 2018 im Online-Journal COSMO (Peer-Reviewed)