VERWANDTSCHAFT, ARMUT, UNGLEICHER STAND – EHEVERBOTE IM 19. JAHRHUNDERT

Birthe Carolina Dorn, Elisabeth Greif

Eheverbote legen fest, zwischen welchen Personen eine gültige Ehe geschlossen werden kann. Seit dem 18. Jahrhundert nutzten europäische Staaten die Ehe vermehrt als Regulierungsinstrument zur Ausbildung einer neuen gesellschaftlichen Ordnung. Diese Entwicklung mündete im 19. Jahrhundert in der Einführung der Zivilehe: Staatliches Eherecht trat an die Stelle kirchenrechtlicher Ehevorschriften. Diese staatlichen Eherechte enthielten umfangreiche Kataloge von Eheverboten. Losgelöst von kirchenrechtlichen Vorgaben fanden neue Motive Eingang in die Ehegesetzgebung: Geschlecht, Stand, Beruf, ökonomischer Status, körperliche und geistige Gesundheit der Bürger*innen entwickelten sich zu den entscheidenden Faktoren für die Zulässigkeit einer Eheschließung. Die Ehe war damit zu einer staatlichen Institution geworden, die der Beförderung bevölkerungspolitischer Interessen ebenso diente wie der Absicherung machtpolitischer Verhältnisse.

Der Vortrag untersucht Eheverbote in einzelnen deutschen Kleinstaaten vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Vereinheitlichung des Eherechts durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB 1900). Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche gesetzlichen Ein- und Ausschlussmechanismen mit den jeweiligen Eheverboten einhergingen und wie diese bestehende gesellschaftliche – insbesondere geschlechtsspezifische – Ungleichheitslagen fortschrieben.

Birthe Carolina Dorn studierte Rechtswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen und ist derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Legal Gender Studies an der JKU Linz

Elisabeth Greif ist Assoziierte Professorin am Institut für Legal Gender Studies der JKU Linz. Sie forscht zu Recht und (sexueller) Identität, rechtshistorischen Dimensionen der Geschlechterverhältnisse und Antidiskriminierungsrecht