Eine Initiative des Chorverbands Österreich

Singen ist seit jeher für uns Menschen von grundlegender Bedeutung. Musikpädagog_innen und Chorexpert_innen wissen jedoch schon seit Längerem, dass sich die Situation des Singens in den Schulen dramatisch verschlechtert hat. Trotz mancher guter Ansätze und erfolgreicher Initiativen ist österreichweit feststellbar, dass Singen in den Schulen leider keine Selbstverständlichkeit mehr darstellt.

Der Chorverband Österreich – als Dachverband der österreichischen Chorverbände und Chöre einer der größten Verbände des Landes – hat daher die Initiative Singen in der Schule gestartet. In den vergangenen zwei Jahren hat eine mit Expert_innen des Präsidiums besetzte Taskforce ein Positionspapier und ein umfangreiches Dossier erarbeitet. Diese Dokumente untermauern die weitreichende Bedeutung des Singens für Kinder in den Volksschulen anhand von wissenschaftlichen Studien, stellen herausragende (inter-)nationale Best-Practice-Beispiele vor und enthalten darüber hinaus vier Forderungen.

Ausgangssituation

In Österreich gibt es – laut Österreichischem Musikrat (ÖMR) – derzeit 130 Musikvolksschulen, 100 Neue Musikmittelschulen, acht Musikgymnasien und 20 Gymnasien mit erweitertem Musikangebot. Für alle anderen Schulen ist Musik meist nur ein Nebenfach bzw. teilweise ein auf Theorie und Passivkonsum ausgerichtetes Unterrichtsfach. Der Chorverband Österreich fokussiert in einem ersten Schritt auf die Volksschulen und hat sich zum Ziel gesetzt, dass die Kinder in allen Volksschulen (wieder) singen sollen.

Singen hat für Kinder eminente positive Auswirkungen, insbesondere für die Entwicklung ihrer intellektuellen, sprachlichen und sozialen Fähigkeiten. Zahlreiche internationale sowie nationale Studien, die auszugsweise im Positionspapier bzw. Dossier dargestellt werden, weisen dies in überzeugender Weise nach, wobei neurologische, soziologische und medizinische Aspekte Berücksichtigung finden. Aktuelle Brennpunktthemen wie Integration, Sprachfähigkeit oder Inklusion sind durch Singen besser zu bewältigen.

Best-Practice-Beispiele

In den Unterlagen des Chorverbands Österreich werden beeindruckende Best-Practice-Beispiele für erfolgreiche Singinitiativen in Schulen dokumentiert. Innerhalb Österreichs wird etwa auf die Verleihung des Gütesiegels Meistersinger-Schule hingewiesen, das seit zehn Jahren in der Steiermark an eine zunehmende Anzahl von Schulen mit chorischen Aktivitäten jährlich verliehen wird – heuer bereits an über 210 Schulen. Eine ähnliche Form der Auszeichnung von chorisch aktiven Schulen gibt es mittlerweile in vier weiteren österreichischen Bundesländern.

International beeindruckt etwa die Feversham Primary Academy in Bradford (GB), wo ein neuer Direktor aufgrund der verheerenden Ergebnisse seiner Schüler_innen in den Bereichen Schreiben, Rechnen und Lesen etwas verändert hat: Er erhöhte die Musikstunden von einer auf sechs Stunden pro Woche (Einzelunterricht, teilweise Ensembleunterricht). Nach sieben Jahren schnitt diese Schule in den Fächern Schreiben, Rechnen und Lesen herausragend ab und rangiert seither unter den besten zehn Prozent der Volksschulen Großbritanniens.

Vier Forderungen

Ausgehend von den angeführten wissenschaftlichen Studien sowie im Hinblick auf die dokumentierten Best-Practice-Beispiele erhebt der Chorverband Österreich vier Forderungen:

  1. Unterstützung der musikalischen Arbeit der Pädagog_innen.
  2. Aufbau und Verankerung der musikalischen Ausbildung der Pädagog_innen.
  3. Implementierung des Singens in die Nachmittagsbetreuung der Ganztagsschule.
  4. Schaffung eines bundesweiten musikalischen Gütesiegels für Schulen.

Derzeit werden in den Bundesländern aktiv Unterstützer_innen für diese Initiative gesucht, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Liste wird täglich länger und umfasst bedeutende Institutionen wie die mdw, die Wiener Staatsoper, die Volksoper Wien, die Wiener Sängerknaben, den Musikverein Wien, das Wiener Konzerthaus, mica, pädagogische Hochschulen sowie prominente Künstler_innen.

Der Chorverband Österreich wird noch vor dem Sommer an den zuständigen Bundesminister herantreten und die obengenannten vier Forderungen präsentieren sowie Lösungswege diskutieren. Wir sind zuversichtlich, dass es gelingen wird, die Bedeutung des Singens für Kinder auch den singfernen Verantwortlichen auf (bundes)politischer Ebene nahezubringen und damit zu erreichen, dass unsere Kinder in den Volksschulen wieder mehr singen.

Der Chorverband Österreich vertritt die Interessen von mehr als 3.500 Chören – das sind um 50 Prozent mehr Chöre, als es in Österreich Fußballvereine gibt – und rund 105.000 Sänger_innen.

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