Eröffnung des Music and Minorities Research Center an der mdw

Im Rahmen einer Kick-off Veranstaltung wurde an der mdw das Music and Minorities Research Center der Öffentlichkeit präsentiert. Gegründet wurde es von Ethnomusikologin Ursula Hemetek, die 2018 den Wittgensteinpreis erhielt. Im Rahmen der Veranstaltung sprachen die Rektorin der mdw, Ulrike Sych, der Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, Klement Tockner, sowie die Generalsekretärin der Initiative Minderheiten, Cornelia Kogoj. Ursula Hemetek und ihr Team gaben Einblicke in die Struktur des Forschungszentrums und stellten dessen Leitprinzipien und wesentliche Forschungsgebiete vor. Drei Mitglieder des internationalen wissenschaftlichen Beirates, Naila Ceribašić, Marko Kölbl und Svanibor Pettan, kamen bei der Veranstaltung ebenso zu Wort. Die musikalischen Beiträge gestalteten klezmer reloaded.

2018 wurde Ursula Hemetek als erste Wissenschaftlerin einer Kunstuniversität mit dem Wittgensteinpreis für ihre herausragenden Leistungen im Bereich Minderheitenforschung in der Ethnomusikologie ausgezeichnet. Mit dem Preisgeld hat sie nun ein Forschungszentrum an der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien gegründet. Ziel des MMRC – Music and Minorities Research Center ist es, so Ursula Hemetek, das Forschungsfeld an der mdw, wo die Ethnomusikologin seit 30 Jahren forscht und lehrt, nachhaltig zu verankern: „Das MMRC will die Theorien und Methoden seines Forschungsgebiets international weiterentwickeln und die Macht der Musik für die Schaffung einer gerechteren Gesellschaft nutzen.“

Rektorin Ulrike Sych: „Durch den Wittgensteinpreis und die Gründung des MMRC wird die Exzellenz der mdw erneut sichtbar und bestätigt. Inhaltlich nimmt die Ethnomusikologie an unserer Universität eine Vorreiterrolle ein, da mit ihr ein neues Fach in der Minderheitenforschung geschaffen wurde. Das MMRC vertieft diese wertvolle Arbeit in Form eines Forschungszentrums.“

Klement Tockner, Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, gratulierte Hemetek und der mdw gleichermaßen und hob die Bedeutung des Vertrauens in die Institutionen hervor: „Vertrauen ist die wichtigste Währung in der Wissenschaft.“

Ethnomusikologische Minderheitenforschung

Ethnomusikologie beschäftigt sich mit Musik im sozialen Zusammenhang, damit, was Musik für Menschen bedeutet. Es gibt kaum eine Gesellschaft auf der Welt, in der Musik keine Rolle spielt. Ursula Hemetek: „Musik ist wirkmächtig, sie kann der Identifikation ebenso wie der Repräsentation dienen, sie kann instrumentalisiert werden. Somit ist Musik ein wesentlicher gesellschaftspolitischer Faktor. Für marginalisierte Gruppen kann Musik zusätzliche vielfältige Bedeutungen in diesem Spannungsfeld haben.“

Gesellschaftspolitische Verantwortung

Minderheitenforschung, eine Forschung, die sich mit marginalisierten und oft diskriminierten Gruppen beschäftigt, trägt besondere Verantwortung, diese Personen auf angemessene Weise zu repräsentieren. Sie hat aber auch das Potential, ihnen jene Handlungsmacht zu verleihen, die ihnen von politischen Verantwortungsträger_innen meist vorenthalten wird. Daher ist es für Ursula Hemetek und ihr Forschungszentrum von zentraler Bedeutung, eng mit NGOs zusammenzuarbeiten und in ihrer Forschung dialogische Forschungsformate zu entwickeln und einzusetzen. Hauptkooperationspartnerin des MMRC ist die Initiative Minderheiten.

Wissenschaftliche Nachhaltigkeit

Das MMRC widmet sich der Erforschung musikalischer Praktiken im Kontext von Minderheiten, auf lokaler und auf globaler Ebene. Die Erstellung des Konzepts des MMRC geschah unter Beteiligung eines internationalen wissenschaftlichen Beirats, der elf Vertreter_innen des Fachs aus vier Kontinenten vereint. Nachhaltigkeit wird dadurch erzielt, dass Nachwuchsforscher_innen im Austausch mit erfahrenen Forscher_innen neue und innovative Ansätze entwickeln. Neben den Forschungsprojekten, die am Forschungszentrum durchgeführt werden, sind auch eine jährliche Vorlesung und ein Journal geplant.

Der Wittgensteinpreis für Ursula Hemetek

Ursula Hemetek erhielt den Wittgensteinpreis für ihre ethnomusikologischen Forschungen zu Minderheiten/marginalisierten Gruppen, wobei diese Forschungen von Anfang an (seit 1989) mit gesellschaftspolitischem Engagement verbunden waren. So hat sie sich anfangs intensiv mit der Musik der Burgenlandkroat_innen und der Roma beschäftigt, in den letzten Jahren rückten etwa Gruppen wie türkische Migrant_innen in Wien und geflüchtete Menschen aus Afghanistan und deren Musik in den Fokus ihres Interesses. Mit der Verleihung des Preises wurde erstmalig ein Fach ausgezeichnet, das in der Öffentlichkeit noch keinen größeren Bekanntheitsgrad hat – dies ist eine gebührende Anerkennung für die Ethnomusikologie und kann ihr zukünftig noch breitere Bekanntheit verschaffen.

Nähere Informationen unter mdw.ac.at/musicandminorities